Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
An der Ökumene vor Ort festhalten
Ökumenischer Ausschuss diskutiert über die „Ravensburger Erklärung“.
BAD WALDSEE - Der Widerruf der „Ravensburger Erklärung“seitens der katholischen Amtskirche hat Christen beider Konfessionen über die Region hinaus verärgert. Wie berichtet, soll es nach dem bischöflichen Verweis auf das Kirchenrecht nun doch keine offene Einladung mehr geben zu gemeinsamer Kommunion und Abendmahl. Auch die Waldseer Pfarrer Wolfgang Bertl und Thomas Bucher sehen darin einen Rückschritt im ökumenischen Bemühen. Ungeachtet dessen möchten die katholischen und evangelischen Christen in der Kurstadt ihre „Politik der kleinen ökumenischen Schritte“fortsetzen.
Das Reformationsjubiläum 2017 gab nicht nur den Christen in Ravensburg den notwendigen Impuls zugunsten von mehr Ökumene. Auch in Bad Waldsee waren die Veranstaltungen im „Lutherjahr“dazu angetan, dass sich beide Konfessionen stärker aufeinander zu bewegen und das Gemeinsame höher bewerten als das Trennende. Ob dies die katholischen Würdenträger auch so sehen, erscheint nach der jüngsten bischöflichen Anordnung aus Rottenburg fragwürdig. „Ich finde es äußerst traurig, dass das jetzt so gekommen ist. Aber ganz ehrlich: Überrascht hat mich das nicht, dafür bin ich zu lange dabei. Ich habe befürchtet, dass hier zurückgerudert wird mit Verweis auf das Kirchenrecht“, so der evangelische Pfarrer Wolfgang Bertl in seiner Reaktion auf den Widerruf, der enttäuschte Christen im Schussental zu einem Schweigemarsch animiert hat.
Auch sein katholischer Amtsbruder Thomas Bucher findet „diesen Vorgang traurig für die Ravensburger Christen, die sich dort sehr für die Ökumene stark gemacht haben“. Der Priester der Seelsorgeeinheit Bad Waldsee sieht seinen Bischof zwar „formal im Recht“, wenn er sich auf das Kirchenrecht berufe. „Aber zum einen darf der Umgangsstil mit den Akteuren vor Ort hinterfragt werden und zum anderen wäre es doch zu überlegen, ob in diesem Punkt eine pastorale Lösung vor Ort nicht die klügere wäre, wie sie im Rahmen des diözesanen Prozesses ,Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten gestalten’ ja ohnehin vorangetrieben wird“, betont der Seelsorger.
Kontinuierliche Zusammenarbeit
Und was bedeutet dieser umstrittene Widerruf in Sachen „Ökumene“für das weitere aufeinander Zugehen der Konfessionen in Bad Waldsee? „Für mich ist das ganz klar: Wir halten weiter fest an einer Politik der kleinen ökumenischen Schritte, ohne etwas übers Knie brechen zu wollen, was dann ohnehin nicht klappt – siehe Ravensburg“, unterstreicht Bertl. Der evangelische Pfarrer verweist in Sachen „Ökumene“viel mehr auf die „kontinuierliche Arbeit“des ökumenischen Ausschusses beider Kirchengemeinden, der weitere Veranstaltungen und Gesprächsforen für Christen beider Konfessionen und andere interessierte Bürger organisieren werde.
So wird es laut Bertl am Abend des zweiten Adventssonntages wieder einen ökumenischen Gottesdienst auf dem Rathausplatz geben, der schon 2017 für eine proppenvolle Stadthalle gesorgt hat. Am 17. Januar 2019 ist dann der frühere Bischof Wolfgang Huber, bis 2009 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, mit einem Vortrag zu Gast in der Kurstadt.
Auch Thomas Bucher möchte das gegenseitige aufeinander Zugehen ungeachtet des „Ravensburger Rückschlags“fortsetzen. „Hier in Bad Waldsee ist die Ökumene zwar noch nicht so weit fortgeschritten wie dort und auch nicht vergleichbar. Aber wir können gemeinsam überlegen, was das hier mit uns macht und wo unser Weg der Ökumene hinführen könnte“, blickt der katholische Pfarrer voraus. Als geeignetes Forum für eine solche Diskussion sieht er den ökumenischen Ausschuss an, der bereits am 7. November öffentlich tagt. Bucher: „Ich werde das Thema ,Widerruf Ravensburger Erklärung’ dort einbringen und hoffe auf eine spannende, ökumenische Diskussion.“
Die Sitzung des ökumenischen Ausschusses findet am Mittwoch, 7. November, statt und beginnt um 19.30 Uhr im katholischen Gemeindehaus (Eingang Klosterhof).