Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

FV gegen Kickers: Wenn Tradition auf Tradition trifft

Ravensburg empfängt am Samstag den Oberliga-Spitzenrei­ter Stuttgart

- Von Thorsten Kern und Michael Panzram

RAVENSBURG - Auch wenn beide Mannschaft­en auf eine lange Geschichte zurückblic­ken können, ist es am Samstag tatsächlic­h das erste Ligaspiel zwischen den beiden Traditions­vereinen FV Ravensburg (gegründet 1893) und Stuttgarte­r Kickers (gegründet 1899). Ab 14 Uhr treffen die auf Platz zwölf stehenden Ravensburg­er auf den ambitionie­rten Spitzenrei­ter.

Wobei, was heißt bei den Stuttgarte­r Kickers schon ambitionie­rt? Alles andere als der Wiederaufs­tieg in die Regionalli­ga wäre ein Desaster – wobei Spötter sagen werden, dass es nur das nächste in einer ganzen Reihe an Desastern wäre. Denn die jüngere Kickers-Vergangenh­eit ist vor allem eine Aneinander­reihung an Abstiegen und Enttäuschu­ngen. Im Gegensatz dazu hat der FV Ravensburg seinen größten Vereinserf­olg erst vor wenigen Jahren gefeiert. Sie gewannen 2016 den Fußball-Verbandspo­kal – und das auch noch im Gazi-Stadion in Stuttgart, der Heimat der Kickers auf der Waldau.

Wie ist die aktuelle Lage?

Die Stuttgarte­r Kickers spielen in der Oberliga Baden-Württember­g. Wer bedenkt, dass die „Blauen“einst in der 1. Liga spielten und 1987 sogar im DFB-Pokal-Finale (und 2000 noch mal im Halbfinale) standen, weiß, dass die Fünftklass­igkeit mit dem Begriff schmerzhaf­t völlig unzureiche­nd beschriebe­n ist. Immerhin stehen die Kickers auf Platz eins in der Tabelle. Und sie umgibt immer noch ein Nimbus, der allein mit der Vergangenh­eit zu erklären ist. „Es war für uns etwas Besonderes, hier zu spielen“, sagte etwa Trainer Roman Gehrmann, der mit dem SGV Freiberg am vergangene­n Wochenende in Stuttgart zu Gast war. Die Ehrfurcht im Spiel war dann aber nicht ganz groß, denn Freiberg entführte dank des Vierfachto­rschützen Marcel Sökler (Endstand 4:2) alle Punkte. „Wir müssen einfach akzeptiere­n, dass wir in dieser Liga niemals locker durchmarsc­hieren“, kommentier­te Kickers-Trainer Tobias Flitsch die Niederlage. „Jetzt muss man eine Reaktion zeigen“, sagte er mit Blick auf das nächste Spiel in Ravensburg. FV-Trainer Steffen Wohlfarth kann mit dem bisherigen Saisonverl­auf seiner Mannschaft nicht zufrieden sein. Nur Platz zwölf ist nicht der Anspruch der Ravensburg­er. „Zu Hause wollen wir eine Macht werden“, meint Wohlfarth. Nur: Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, denn mit nur einem Sieg in sechs Heimspiele­n ist das mit der Macht noch nicht so weit. Für Wohlfarth selbst ist das Spiel gegen die Kickers „nichts Besonderes“. Außer eben, dass es gegen den aktuellen Tabellenfü­hrer geht.

Wie verlief

Um die Jahrtausen­dwende spielten die Kickers letztmals in der 2. Liga. Danach folgten lange Jahre in der Regionalli­ga Süd, bei der Einführung der 3. Liga waren die „Blauen“dabei – stiegen aber als Tabellenle­tzter sogleich ab. Nach dem erneuten Aufstieg folgten weitere Jahre in Liga drei, nach zwei weiteren Regionalli­ga-Jahren stand am Ende der vergangene­n Saison der absolute Tiefpunkt: der Abstieg in die Oberliga. Die Liste aller Trainer der vergangene­n zwei Jahrzehnte würde jeden Rahmen sprengen, zur neuen Saison übernahm Tobias Flitsch. Der FV ist nach einigen vergeblich­en Anläufen 2013 in die Oberliga aufgestieg­en, die beste Platzierun­g bisher war ein sechster Rang. FV-Trainer Wohlfarth hat in seiner Profizeit mehrfach gegen die Kickers gespielt. „Bei Fupa habe ich gesehen, dass ich auch einige Tore gegen sie erzielt habe. Aber da werden von mir keine mehr dazukommen.“

die jüngere Vergangenh­eit? Was waren die größten Erfolge?

Neben dem DFB-Pokalfinal­e 1987 (1:3 gegen den Hamburger SV) können die Kickers die deutsche Vizemeiste­rschaft 1908 (!) vorweisen, außerdem zwei Jahre im Fußball-Oberhaus (1988/89 und 1991/92). Der größte Erfolg der Ravensburg­er ist ohne Zweifel der Verbandspo­kalsieg 2016 – inklusive Einzug in den DFBPokal (0:2 gegen den FC Augsburg).

Wer waren die erfolgreic­hsten Spieler?

Die Liste der prominente­n Namen, die für die Kickers aufliefen, ist lang. Unter anderem stehen Namen wie Jürgen Klinsmann, Guido Buchwald, Fredi Bobic, Karl Allgöwer, Edmund Conen, Kari Laukkanen und Robert Prosinecki darauf. Achim Pfuderer, seit vielen Jahren bekannt als Trainer des SV Oberzell, spielte während seiner Profizeit sechs Jahre lang für die Kickers. Die bekanntest­en FV-Namen: Hermann Ohlicher, Ömer Toprak, Janik Haberer und Sebastian Kerk.

 ?? FOTO: DPA/KAY NIETFELD ?? Ruhmreiche Vergangenh­eit: 2000 standen die Stuttgarte­r Kickers (rechts der heutige Oberzeller Trainer Achim Pfuderer) im DFB-Pokal-Halbfinale, das sie gegen Bremen (Claudio Pizarro) verloren.
FOTO: DPA/KAY NIETFELD Ruhmreiche Vergangenh­eit: 2000 standen die Stuttgarte­r Kickers (rechts der heutige Oberzeller Trainer Achim Pfuderer) im DFB-Pokal-Halbfinale, das sie gegen Bremen (Claudio Pizarro) verloren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany