Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
FV gegen Kickers: Wenn Tradition auf Tradition trifft
Ravensburg empfängt am Samstag den Oberliga-Spitzenreiter Stuttgart
RAVENSBURG - Auch wenn beide Mannschaften auf eine lange Geschichte zurückblicken können, ist es am Samstag tatsächlich das erste Ligaspiel zwischen den beiden Traditionsvereinen FV Ravensburg (gegründet 1893) und Stuttgarter Kickers (gegründet 1899). Ab 14 Uhr treffen die auf Platz zwölf stehenden Ravensburger auf den ambitionierten Spitzenreiter.
Wobei, was heißt bei den Stuttgarter Kickers schon ambitioniert? Alles andere als der Wiederaufstieg in die Regionalliga wäre ein Desaster – wobei Spötter sagen werden, dass es nur das nächste in einer ganzen Reihe an Desastern wäre. Denn die jüngere Kickers-Vergangenheit ist vor allem eine Aneinanderreihung an Abstiegen und Enttäuschungen. Im Gegensatz dazu hat der FV Ravensburg seinen größten Vereinserfolg erst vor wenigen Jahren gefeiert. Sie gewannen 2016 den Fußball-Verbandspokal – und das auch noch im Gazi-Stadion in Stuttgart, der Heimat der Kickers auf der Waldau.
Wie ist die aktuelle Lage?
Die Stuttgarter Kickers spielen in der Oberliga Baden-Württemberg. Wer bedenkt, dass die „Blauen“einst in der 1. Liga spielten und 1987 sogar im DFB-Pokal-Finale (und 2000 noch mal im Halbfinale) standen, weiß, dass die Fünftklassigkeit mit dem Begriff schmerzhaft völlig unzureichend beschrieben ist. Immerhin stehen die Kickers auf Platz eins in der Tabelle. Und sie umgibt immer noch ein Nimbus, der allein mit der Vergangenheit zu erklären ist. „Es war für uns etwas Besonderes, hier zu spielen“, sagte etwa Trainer Roman Gehrmann, der mit dem SGV Freiberg am vergangenen Wochenende in Stuttgart zu Gast war. Die Ehrfurcht im Spiel war dann aber nicht ganz groß, denn Freiberg entführte dank des Vierfachtorschützen Marcel Sökler (Endstand 4:2) alle Punkte. „Wir müssen einfach akzeptieren, dass wir in dieser Liga niemals locker durchmarschieren“, kommentierte Kickers-Trainer Tobias Flitsch die Niederlage. „Jetzt muss man eine Reaktion zeigen“, sagte er mit Blick auf das nächste Spiel in Ravensburg. FV-Trainer Steffen Wohlfarth kann mit dem bisherigen Saisonverlauf seiner Mannschaft nicht zufrieden sein. Nur Platz zwölf ist nicht der Anspruch der Ravensburger. „Zu Hause wollen wir eine Macht werden“, meint Wohlfarth. Nur: Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, denn mit nur einem Sieg in sechs Heimspielen ist das mit der Macht noch nicht so weit. Für Wohlfarth selbst ist das Spiel gegen die Kickers „nichts Besonderes“. Außer eben, dass es gegen den aktuellen Tabellenführer geht.
Wie verlief
Um die Jahrtausendwende spielten die Kickers letztmals in der 2. Liga. Danach folgten lange Jahre in der Regionalliga Süd, bei der Einführung der 3. Liga waren die „Blauen“dabei – stiegen aber als Tabellenletzter sogleich ab. Nach dem erneuten Aufstieg folgten weitere Jahre in Liga drei, nach zwei weiteren Regionalliga-Jahren stand am Ende der vergangenen Saison der absolute Tiefpunkt: der Abstieg in die Oberliga. Die Liste aller Trainer der vergangenen zwei Jahrzehnte würde jeden Rahmen sprengen, zur neuen Saison übernahm Tobias Flitsch. Der FV ist nach einigen vergeblichen Anläufen 2013 in die Oberliga aufgestiegen, die beste Platzierung bisher war ein sechster Rang. FV-Trainer Wohlfarth hat in seiner Profizeit mehrfach gegen die Kickers gespielt. „Bei Fupa habe ich gesehen, dass ich auch einige Tore gegen sie erzielt habe. Aber da werden von mir keine mehr dazukommen.“
die jüngere Vergangenheit? Was waren die größten Erfolge?
Neben dem DFB-Pokalfinale 1987 (1:3 gegen den Hamburger SV) können die Kickers die deutsche Vizemeisterschaft 1908 (!) vorweisen, außerdem zwei Jahre im Fußball-Oberhaus (1988/89 und 1991/92). Der größte Erfolg der Ravensburger ist ohne Zweifel der Verbandspokalsieg 2016 – inklusive Einzug in den DFBPokal (0:2 gegen den FC Augsburg).
Wer waren die erfolgreichsten Spieler?
Die Liste der prominenten Namen, die für die Kickers aufliefen, ist lang. Unter anderem stehen Namen wie Jürgen Klinsmann, Guido Buchwald, Fredi Bobic, Karl Allgöwer, Edmund Conen, Kari Laukkanen und Robert Prosinecki darauf. Achim Pfuderer, seit vielen Jahren bekannt als Trainer des SV Oberzell, spielte während seiner Profizeit sechs Jahre lang für die Kickers. Die bekanntesten FV-Namen: Hermann Ohlicher, Ömer Toprak, Janik Haberer und Sebastian Kerk.