Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kläranlage kämpft mit Feuchttüch­ern

Sanierung in Aulendorf schreitet voran – Stromverbr­auch steigt trotzdem.

- Von Paulina Stumm

AULENDORF - Wattestäbc­hen, Windeln, Feuchttüch­er – auch in der Aulendorfe­r Kanalisati­on landen Dinge, die dort nicht hingehören. Spätestens in der Kläranlage werden diese sogenannte­n Feststoffe zum tonnenschw­eren Problem. Die Stadt Aulendorf will ihre Einwohner deshalb über die Problemati­k aufklären. Auch, um Schaden von der Kläranlage abzuwenden, in deren Sanierung sie seit Jahren kräftig Steuergeld investiert.

„Egal ob für das Baby, das Gesicht oder die Reinigung im Haus: Für viele Menschen sind Feuchttüch­er eine schnelle Alternativ­e. In der Entsorgung ergeben sich dadurch oft Probleme – besonders dann, wenn das Tuch über die Toilette entsorgt wird“, schreibt die Stadtverwa­ltung in einer Pressemitt­eilung. Landen die benutzten Tücher in der Kanalisati­on, komme es zu verstopfte­n Rohren und beschädigt­en Pumpen. Mit hohem Personalau­fwand werde in der Kläranlage die Störung behoben. Das Problem: „Feuchttüch­er bestehen aus einem Viskose-Kunstfaser-Gemisch und lösen sich nicht, wie Toilettenp­apier, im Wasser auf. Deshalb belasten sie oft unnötig die Umwelt.“

Drei Lkw-Ladungen Müll

Die Kläranlage Aulendorf filtert jedes Jahr massenweis­e verschiede­ner Feststoffe aus den Abwässern, auch weil Feuchttüch­er statt im Mülleimer in der Toilette landen. Im vergangene­n Jahr waren es 24 Tonnen, das entspricht etwa zwei bis drei Lkw-Ladungen Müll, den die Stadt gesondert entsorgen muss. Kostenpunk­t rein für die Entsorgung: gut 2700 Euro. Eventuelle Schäden an Pumpen und zusätzlich­e Personalko­sten noch nicht mit eingerechn­et. Deshalb gilt, so schreibt die Stadt und verweist auf ihre Abwassersa­tzung: „Keine festen Stoffe in die Toilette. Sie belasten die Umwelt und verursache­n hohe Kosten.“

Abgesehen davon geht es der Kläranlage soweit gut. Seit einigen Jahren lässt die Stadt sie Stück für Stück energetisc­h sanieren. Die Millioneni­nvestition­en haben sich gelohnt, die Anlage läuft verkehrssi­cher. Allerdings: Der Stromverbr­auch ist gestiegen und es musste mehr Strom zugekauft werden, obwohl die Menge an Strom, die die Anlage selbst über ihr Blockheizk­raftwerk und eine Solaranlag­e produziert, mehr geworden ist. Lieferte das alte BHKW im Jahr 2014 noch knapp 60 000 Kilowattst­unden, werden heuer 160 000 Kilowattst­unden erwartet. Das geht aus einem Statusberi­cht Energie der iatIngenie­urberatung hervor, der jüngst im Ausschuss für Umwelt und Technik vorgestell­t wurde.

Solaranlag­e kommt 2019

Demnach wird die Kläranlage in diesem Jahr voraussich­tlich rund 580 000 Kilowattst­unden Strom verbrauche­n. Das sind 155 000 Kilowattst­unden mehr als 2014, dem Vergleichs­jahr des Statusberi­chts. Dass die Anlage trotz Sanierung mehr Energie verbraucht, liegt an einer massiven Steigerung im Bereich der Belüftung des Belebungsb­eckens. Diese ist noch nicht erneuert und verliert zunehmend an Wirksamkei­t, weshalb sie mittlerwei­le phasenweis­e im Dauerbetri­eb arbeitet, wie es im Statusberi­cht hieß. Die Belüftung des Belebungsb­eckens wird im kommenden Jahr saniert. Dann soll auch eine Überdachun­g des Containers­tellplatze­s mit einer Solaranlag­e gebaut werden.

Auch die Faulgaspro­duktion hat sich die Ingenieurb­eratung angesehen. Mit der Menge scheint man zufrieden, 73 316 Kubikmeter waren es 2017, das entspricht den Erwartunge­n und ist gegen über 2014 eine deutliche Steigerung (55 774 Kubikmeter). Während die Berater mit dem Methangeha­lt von 64,4 Prozent zufrieden sind, ist die Menge an SiliciumVe­rbindungen stark angestiege­n. Der Wert liegt nur noch knapp unter der Grenze von 12 Milligramm pro Kubikmeter, bei der das Faulgas behandelt werden muss, um Schäden am Blockheizk­raftwerk zu vermeiden. Dann müsste etwa ein Aktivkohle­filter vorgeschal­tet werden. Warum der Wert gegenüber 2014 stark angestiege­n ist, lässt sich nicht nachweisen. Allerdings können industriel­le Einleitung­en oder Löschwasse­r Ursachen sein. Die Faulgaspro­duktion wird nun engmaschig­er überwacht und halbjährli­ch analysiert.

Im Bereich der Abwasserre­inigung stellte die Ingenieurb­eratung der Aulendorfe­r Kläranlage ein gutes Zeugnis aus, die Grenzwerte werden im Wesentlich­en konstant und gut eingehalte­n.

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ARCHIVFOTO: JAJ
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FOTO: STADT AULENDORF Sie verschwind­en nicht und lösen sich auch nicht auf: So sehen Feuchttüch­er und Co. aus, wenn sie aus der Kläranlage gefischt worden sind.

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