Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Im Stottergang zum Dieselgipfel
Vor dem Treffen mit Autobauern hinkt die Große Koalition ihrem Zeitplan hinterher
BERLIN - Im Kampf gegen Luftverschmutzung und Fahrverbote kommt die Bundesregierung langsamer voran als geplant. Beim Dieselgipfel am Donnerstag will Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit deutschen Autobauern um die Finanzierung von Hardware-Nachrüstungen reden. Die Regierung dringt auf Bewegung der Autoindustrie.
Wie ist der Stand der Dinge?
Die Bundesregierung hatte ein Maßnahmenpaket beschlossen, um Fahrverbote zu verhindern. Dieses sieht auch Hardware-Nachrüstungen vor. Allerdings weigern sich die Hersteller bisher, die vollen Kosten hierfür zu übernehmen, wie die Regierung es fordert. Zudem fehlen die gesetzlichen und produktionstechnischen Voraussetzungen, um eine Großzahl Dieselautos schnell mit Stickoxid-Katalysatoren auszustatten. Eigentlich sollte das betreffende Immissionsschutzgesetz, in dem auch die Aufweichung der Grenzwerte geregelt wird, am Mittwoch im Bundeskabinett verabschiedet werden, doch laut Regierung sind noch „Detailfragen“offen. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags bezweifelt ohnehin, ob das Gesetz Richter davon abhalten kann, Fahrverbote zu verhängen.
Was hat das Kabinett vereinbart?
Beschlossen hat das Kabinett am Mittwoch ein Gesetz, durch das Dieselfahrverbote einfacher durchgesetzt werden können. Künftig sollen Polizei und Ordnungsamt über das Kennzeichen im Zentralen Fahrzeugregister überprüfen, ob ein Diesel rechtmäßig in der Innenstadt fährt oder nicht. Relevant werden könnte das nach Hamburg, Stuttgart und Berlin vielleicht bald auch in Köln.
Welche Städte sind bereits betroffen?
In vielen Städten werden SchadstoffGrenzwerte nicht eingehalten. In Hamburg gibt es Streckensperrungen für ältere Diesel. Gerichte hatten Fahrverbote auch für Stuttgart, Berlin und Frankfurt angeordnet, die 2019 in Kraft treten könnten. Am Donnerstag könnte ein Gericht erneut Fakten schaffen bei Fahrverboten: Das Verwaltungsgericht Köln befasst sich mit Klagen der Deutschen Umwelthilfe. Dabei geht es um die Luftreinhaltepläne für Köln und Bonn.
Wie lauten die weiteren Pläne?
Über das Bundesimmissionsschutzgesetz will die Bundesregierung in Städten mit relativ geringen Überschreitungen der Grenzwerte für Stickoxide Dieselfahrverbote für „in der Regel“nicht verhältnismäßig erklären, da andere Maßnahmen genügten. Der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter, in Städten mit Höchstwerten von bis zu 50 Mikrogramm soll es keine Fahrverbote geben. Zudem sollte festgeschrieben werden, dass Dieselfahrzeuge der Abgasnormen Euro 4 und Euro 5 von Fahrverboten ausgenommen werden, wenn sie im Alltag nicht mehr als 270 Milligramm Stickstoffdioxid pro Kilometer ausstoßen, etwa wenn sie nachgerüstet wurden. Euro-6-Diesel sollen ebenfalls ausgenommen sein, unabhängig vom Stickoxid-Ausstoß. Ein Sprecher von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) betonte, die EU-Grenzwerte blieben gültig, Kommunen könnten weiter selbst über Fahrverbote entscheiden.