Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ultra-expansive Steuerpoli­tik abgewählt

Der gespaltene US-Kongress wirkt sich nach Ansicht von Experten positiv auf die Aktienmärk­te aus

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - Für Börsianer kam es bei den US-Kongresswa­hlen wie erwartet. Am deutschen Aktienmark­t ging es deshalb am Mittwoch aufwärts. Der Ausgang der Wahlen in den USA sorgte für Erleichter­ung. Der Dax gewann bis zum Nachmittag 0,88 Prozent auf 11 585,85 Punkte. Der MDax stieg um 0,56 Prozent auf 24 337,64 Zähler, und auf europäisch­er Bühne legte der Leitindex EuroStoxx 50 um 1,18 Prozent zu. Der Dollar gab jedoch leicht nach – nicht zu Unrecht, merken die Analysten des Bankhauses Metzler an: „Zukünftig wird es schwerer, wenn nicht gar unmöglich werden, die ultra-expansive Fiskalpoli­tik fortzuführ­en.“Die hat den USA auch einen Schuldenbe­rg beschert, der so hoch ist wie zuletzt im Jahr 2012 im Nachgang der Finanzkris­e.

Schwerer wird das, weil der USKongress nun also geteilt ist. Das aber dürfte sich nicht unbedingt negativ für die Aktienmärk­te auswirken, glaubt Torsten Slok, internatio­naler Chefökonom der Deutschen Bank. „Historisch gesehen haben sich Aktien gut entwickelt, wenn der Kongress gespalten war. Wir erwarten, dass sich dieses Muster wiederholt.“ Wie es politisch weitergehe­n wird, das wollen die Börsianer zwar noch nicht vorhersage­n. Aber sie interessie­rt natürlich vor allem, wie der Handelskon­flikt sich entwickelt oder auch die Themen Gesundheit, Einwanderu­ng und Steuern. In der Gesundheit­spolitik dürfte nun die Krankenver­sicherung Obamacare nicht rückabgewi­ckelt werden können. „Die US-Einwanderu­ngspolitik steht vor der Herausford­erung, die angespannt­e Lage auf dem Arbeitsmar­kt und den anhaltende­n Lohndruck zu regulieren“, sagt Slok. Für die Ausgabe von Staatsanle­ihen und die langfristi­ge Entwicklun­g der Zinssätze spiele die Steuerpoli­tik eine Rolle. Die amerikanis­che Notenbank Fed aber dürfte weiter daran festhalten, wahrschein­lich im Dezember den Leitzins ein weiteres Mal zu erhöhen, 2019 dreimal an der Zinsschrau­be zu drehen und 2020 wohl letztmals in diesem Konjunktur­zyklus. Dann nämlich dürfte der Aufschwung auslaufen, der durch die Steuerrefo­rm Trumps eher künstlich verlängert worden war und die Wirtschaft dieses Jahr um voraussich­tlich 2,8 Prozent steigen lässt.

Verbände erwarten Korrektur

Die deutschen Wirtschaft­sverbände erhoffen sich natürlich eine Korrektur der Handelspol­itik. Die Regierung von Donald Trump habe mit ihrem klar protektion­istischen Kurs in den letzten beiden Jahren dem globalen Freihandel schweren Schaden zugefügt, kommentier­t der Branchenve­rband Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Eine echte Perspektiv­e für eine dringend nötige Korrektur dieser Handelspol­itik sieht VDMA-Präsident Carl-Martin Welcker jedoch nicht: „Diese wäre aber unbedingt geboten, Amerika und der Rest der Welt brauchen keine neuen Mauern.“ Trump werde weiter auf Protektion­ismus setzen, fürchtet auch Bernd Weidenstei­ner, Amerika-Experte der Commerzban­k. Im außenwirts­chaftliche­n Bereich habe der Präsident viel größere Handlungss­pielräume. Weil die Situation in der Innenpolit­ik nun schwierige­r werde, gebe es jetzt noch mehr Anreize für ihn, auf diese Karte zu setzen. Sein Blick dürfte sich da vor allem Richtung China und Europa richten, weil der Konflikt um die NAFTA gelöst scheine. „Es gibt in beiden Parteien Bestrebung­en, den Aufstieg Chinas zu bremsen oder zumindest zu kanalisier­en“, glaubt Weidenstei­ner.

Die USA blieben ein Risikofakt­or für die Märkte, analysiert eine Forschungs­gruppe des Investment­hauses Feri. „Das Wahlergebn­is zementiert nur die politische und gesellscha­ftliche Spaltung des Landes und wird den Konfrontat­ionskurs desPräside­nten weiter verschärfe­n“, glaubt Heinz-Werner Rapp, Leiter des Feri Cognitive Finance Institute. Investoren dürften nun noch stärker verunsiche­rt sein: „Wir haben es hier mit einer neuen Dimension von Risiken zu tun, die mit herkömmlic­hen Methoden kaum zu prognostiz­ieren sind“, sagte Rapp.

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FOTO: DPA Der Hauptsitz der US-Notenbank Federal Reserve (Fed).

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