Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Die Untoten in deutschen Katakomben
„Operation: Overlord“– Horrorfilm mit Monsternazis
Wehrmachtsoldaten als Bösewichte sind eine klassische Zutat trashiger Unterhaltungsfilme. Der neue Kriegshorror „Operation: Overlord“aus der Filmschmiede J. J. Abrams („Star Trek“, „Super 8“) setzt nun auf doppelten Gruselfaktor und baut die historisch dokumentierten Menschenversuche von NS-Ärzten zu einer Horrorfiktion aus.
In der Nacht vor der Invasion der Alliierten 1944 in der Normandie sind zwei Dutzend unerfahrene USFallschirmjäger im Flugzeug unterwegs hinter feindliche Linien. Die meisten werden bereits in den ersten Minuten des Films im Kugelhagel zerfetzt, die vier Überlebenden schlagen sich in ein von den Deutschen besetztes Dorf durch. In Vorbereitung des D-Day sollen die USSoldaten dort einen Kirchturm sprengen. Doch neben einer deutschen Funkanlage stoßen sie in den Katakomben auch auf ein geheimes Labor, in dem ein NS-Arzt tote Dorfbewohner in rasende Untote mit übermenschlichen Kräften verwandelt.
Schon den mit Leichen gepflasterten Weg ins Einsatzgebiet setzt der australische Regisseur Julius Avery bedrückend in Szene: Wie in apokalyptischen Gemälden hängen tote Soldaten an ihren Fallschirmen im Wald. Entsprechend fühlt man mit den vier Verbleibenden, die sich allein unter Feinden und Kollaborateuren bewegen und als Verbündete lediglich auf die junge Französin Chloe (Mathilde Ollivier), die dem NaziKommandanten Wafner (Pilou Asbaek) nicht länger zu Willen sein möchte, hoffen.
Auf dem ernsten Gesicht des Sympathieträgers Boyce (Jovan Adepo), Schwarzer in einer überwiegend weißen Einheit, spielen sich derweil Dramen ab: Boyce kann und will nämlich gar nicht kämpfen. Das muss er erst noch lernen, als ihm die inhumane Bedrohung gegenübertritt. Gemessen an anderen Filmen des Nazihorror-Subgenres hat das durchaus Tiefgang, so auch der Wettbewerb der Grausamkeiten zwischen dem deutschen Wafner und dem ranghöchsten US-Soldaten Ford (Wyatt Russell). Dennoch bietet der Film nur wenige Einblicke in das Seelenleben der Figuren. So geht im letzten Drittel, wenn die Mission mit ordentlich Krach abgewickelt wird, die Aufmerksamkeit des Zuschauers schon mal vor dem Kinosaal spazieren.
Ob Monster in einem Film über Nazis für den Gruselfaktor überhaupt nötig sind, ist Geschmackssache. Wer atmosphärischen Horror und effektvolle Action mag, wird mit „Operation: Overlord“allerdings bestens bedient. (dpa)
Operation: Overlord. Regie: Julius Avery. Mit Jovan Adepo, Wyatt Russell, Pilou Asbaek. USA 2018. 110 Minuten. FSK ab 16 Jahren.