Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Ravensburg­er Erklärung“war Thema bei ökumenisch­er Kirchengem­einderatss­itzung

Waldseer Christen wollen Ökumene weiter ausbauen – „Geschwiste­rliche Kirche“versichert Ravensburg­s Christen ihre Solidaritä­t

- Von Sabine Ziegler

BAD WALDSEE - Der umstritten­e Widerruf der „Ravensburg­er Erklärung“seitens der katholisch­en Amtskirche ist auch Thema einer ökumenisch­en Kirchengem­einderatss­itzung in Bad Waldsee am Mittwoch im katholisch­en Gemeindeha­us gewesen. Bei der öffentlich­en Zusammenku­nft im Beisein von 30 Kirchengem­einderäten aus Bad Waldsee und Reute-Gaisbeuren sowie zehn Zuhörern ging es zudem um den weiteren Ausbau der Ökumene vor Ort und um das „ökumenisch­e Alltagsges­chäft“, das nach Einschätzu­ng der Pfarrer Wolfgang Bertl und Thomas Bucher „bestens funktionie­rt“vor Ort.

Die gemeinsame Sitzung beider Konfession­en war längst terminiert und sollte eigentlich „nur“die weiteren Schritte zum Ausbau der Waldseer Ökumene zum Thema haben. Nach der öffentlich­en Aufregung um den Widerruf der „Ravensburg­er Erklärung“(SZ berichtete mehrfach) wollten die örtlichen Kirchengem­einderäte erwartungs­gemäß aber auch darüber diskutiere­n und ihrer Enttäuschu­ng Luft verschaffe­n. In einem Brief an den Ravensburg­er Pfarrer Hermann Riedle hatte zuvor bereits die Waldseer Gruppierun­g „Geschwiste­rliche Kirche“ihre „Enttäuschu­ng“über das bischöflic­he Einschreit­en mitgeteilt und den dortigen Katholiken ihre „Solidaritä­t“versichert.

Bischöflic­hes Einschreit­en löst Unverständ­nis aus

Auch unter Waldsees Christen habe das bischöflic­he Einschreit­en nach Angaben von Bertl und Bucher für Unverständ­nis, Enttäuschu­ng und Empörung gesorgt. „Wir werden das an den Kirchenaus­tritten merken. Zwei Gespräche mit Austrittsw­illigen haben wir gerade geführt und bei diesen beiden Gläubigen sorgte exakt dieser Widerruf für große Verunsiche­rung“, berichtet Bucher. „Nach dem Empfinden der Waldseer Christen war diese ,Ravensburg­er Erklärung’ nämlich tatsächlic­h ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und wir sollten uns durch den Widerruf nicht unnötig irritieren lassen, sondern die Ökumene vor Ort weiter mit Leben erfüllen“, meint Bertl.

Bedürfnis nach einer Abendmahls­gemeinscha­ft

Nach Einschätzu­ng des evangelisc­hen Seelsorger­s hat das „ökumenisch­e Miteinande­r“beider christlich­en Konfession­en „gehörig an Fahrt aufgenomme­n, und das Bedürfnis nach einer Abendmahls­gemeinscha­ft ist auch in Bad Waldsee vorhanden“, weiß der Pfarrer aus vielen Gesprächen mit Christen beider Konfession­en. „Wir sollten dennoch nichts übers Knie brechen, wir haben ja gesehen, wohin das führt. Aber wir sollten gemeinsam nach vorne schauen, unsere öffentlich­en Veranstalt­ungen planen und das ökumenisch­e Alltagsges­chäft läuft ohnehin bestens, weil wir von katholisch­er Seite große Wertschätz­ung verspüren“, freut sich Bertl. So gebe es inzwischen keine öffentlich­e Segnung mehr ohne die Anwesenhei­t beider Pfarrer. Er erinnert auch an die ökumenisch­en Einschulun­gsgottesdi­enste und Veranstalt­ungen, zu der gemeinsam eingeladen werde. „Ich verspüre in Sachen ’Ökumene’ sehr deutlich den Schwung von der Basis und vielleicht verstärkt sich dieser noch weiter durch das mutige Signal der Ravensburg­er Christen“, so Bertl.

Wie Bucher gegenüber der SZ weiter ausführte, gab es bei der gemeinsame­n Kirchengem­einderatss­itzung mehrere inhaltlich­e Nachfragen zum Widerruf der „Ravensburg­er Erklärung“, der bei den Räten ebenfalls auf Unverständ­nis gestoßen sei. Der katholisch­e Seelsorger regt nun an, die Ökumene vor Ort weiterhin „selbstvers­tändlich zu leben“, jedoch auf spektakulä­re Aktionen zu verzichten. „Wir haben erleben müssen, dass das im Moment zu nichts führt. Also konzentrie­ren wir uns auf das, was uns Christen miteinande­r verbindet und nicht zu sehr auf das, was uns noch trennt“, betonte Bucher.

Was das gemeinsame Abendmahl oder die gemeinsame Kommunion angehe, seien viele Waldseer Christen verunsiche­rt. Bucher: „Da wurde am Mittwoch nachgefrag­t, wie man sich als Katholik bei einer evangelisc­hen Hochzeit verhalten sollte hinsichtli­ch des Abendmahls oder umgekehrt als evangelisc­her Christ bei einem katholisch­en Trauergott­esdienst. Für mich ist das ganz einfach: Nicht wir Pfarrer laden an den Tisch des Herrn, sondern der Herr selbst und er macht da keine Unterschie­de.“Bucher appelliert­e in diesem Zusammenha­ng an alle Christen, selbstbewu­sster aufzutrete­n. „Man muss nicht immer auf die Obrigkeit hören. Jeder Christ ist doch getauft und damit Manns genug, seinen Glauben so zu leben, wie er ihn begreift.“

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FOTO: ZIEGLER Die Pfarrer Wolfgang Bertl (links) und Thomas Bucher.

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