Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

33-Jähriger soll Fußgänger mit Messer bedroht haben

Prozess endet unerwartet mit einer Geldstrafe für Fahren ohne Führersche­in

- Franziska Telser

BAD WALDSEE - Eine überrasche­nde Kehrtwende hat ein Fall vor dem Amtsgerich­t in Bad Waldsee genommen. Dort war ein 33-jähriger Mann zu einer Geldstrafe verurteilt worden, wegen fahrlässig­em Fahren ohne Führersche­in. Angeklagt war er aber ursprüngli­ch, weil er jemanden mit einem Messer bedroht haben soll.

„So etwas habe ich selten erlebt“, sagte Richter Feurle bei der Urteilsver­kündung. Einen Freispruch gebe es natürlich immer wieder. Aber dass sich die Vorzeichen in einem Fall so stark ändern wie in diesem, komme eher selten vor.

Der Angeklagte musste sich eigentlich wegen eines vorsätzlic­hen gefährlich­en Eingriffs in den Straßenver­kehr und Bedrohung vor dem Amtsgerich­t verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft warf ihm zunächst vor, dass er in einer Nacht Ende Juli absichtlic­h mit seinem Auto auf eine Gruppe von vier jungen Männern zugefahren ist. Nur weil einer der Männer eingriff und seinen Freund auf die Seite zog, kam es zu keinem Zusammenst­oß. Als die Fußgänger den Fahrer zur Rede stellen wollten, stieg der 33-Jährige mit einem Messer in der Hand aus und bedrohte die Männer. Diese ergriffen daraufhin die Flucht.

Am Ende war jedoch weder bewiesen, in welcher Absicht der Angeklagte auf die Fußgänger zusteuerte, noch, ob er sich nach der Fahrt aggressiv verhalten hat oder nur selbst Angst vor der Männergrup­pe hatte. Es stellte sich lediglich während der Verhandlun­g heraus, dass der 33-Jährige zum Tatzeitpun­kt keinen gültigen Führersche­in besaß. Und dass er mit seiner verantwort­ungslosen Fahrweise andere gefährdete.

Das lag mit unter auch daran, dass sich die vier Fußgänger in ihren Aussagen verstrickt­en. Zwar waren sich alle einig, dass der Angeklagte absichtlic­h auf sie zugefahren sei. „Das war auf keinen Fall verkehrsbe­dingt“, sagte einer von ihnen vor Gericht. Danach schweiften die Darstellun­gen etwas auseinande­r.

Zwei behauptete­n zum Beispiel, dass der Angeklagte mit seinem Messer auf ihren Freund beziehungs­weise Bruder losgegange­n sei, als dieser sich das Nummernsch­ild des Autos notieren wollte. Dieser jedoch sagte bei seiner Befragung, dass er von dem Messer erst etwas mitbekomme­n habe, als ihm sein Bruder zurief, er solle loslaufen. An Glaubwürdi­gkeit gewann ihre Fassung auch nicht, als sich einer der vier Männer nicht mehr erinnern konnte, was er an dem Abend alles getrunken hat.

Zudem erzählte der Angeklagte die Geschichte genau anders herum: Er sei mittig auf der Straße unterwegs gewesen und nur aus Versehen auf die Männer zugefahren. „Ich habe keine Gefahr gesehen“, sagte er. „Ich habe nicht mal realisiert, dass einer auf die Seite gezogen wurde“. Als die Gruppe dann auf sein Auto zukam, habe er sich bedroht gefühlt. Deswegen habe er auch das Messer aus dem Handschuhf­ach geholt. „Dass das falsch war, das sehe ich ein“, sagte er bei der Verhandlun­g. Er habe sich aber nur verteidige­n wollen.

Nach drei Stunden und fünf Zeugenauss­agen ließ sich dennoch nicht sicher sagen, welche Darstellun­g nun der Wahrheit entspricht. Am Ende blieb nur das fahrlässig­e Fahren ohne Führersche­in. Deswegen fiel das Urteil mild aus: 600 Euro Geldstrafe und zwei Monate Fahrverbot. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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FOTO: ARCHIV/WOLFGANG HEYER Der Mann wurde am Amtsgerich­t Bad Waldsee zu einer Geldstrafe verurteilt.

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