Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
33-Jähriger soll Fußgänger mit Messer bedroht haben
Prozess endet unerwartet mit einer Geldstrafe für Fahren ohne Führerschein
BAD WALDSEE - Eine überraschende Kehrtwende hat ein Fall vor dem Amtsgericht in Bad Waldsee genommen. Dort war ein 33-jähriger Mann zu einer Geldstrafe verurteilt worden, wegen fahrlässigem Fahren ohne Führerschein. Angeklagt war er aber ursprünglich, weil er jemanden mit einem Messer bedroht haben soll.
„So etwas habe ich selten erlebt“, sagte Richter Feurle bei der Urteilsverkündung. Einen Freispruch gebe es natürlich immer wieder. Aber dass sich die Vorzeichen in einem Fall so stark ändern wie in diesem, komme eher selten vor.
Der Angeklagte musste sich eigentlich wegen eines vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Bedrohung vor dem Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf ihm zunächst vor, dass er in einer Nacht Ende Juli absichtlich mit seinem Auto auf eine Gruppe von vier jungen Männern zugefahren ist. Nur weil einer der Männer eingriff und seinen Freund auf die Seite zog, kam es zu keinem Zusammenstoß. Als die Fußgänger den Fahrer zur Rede stellen wollten, stieg der 33-Jährige mit einem Messer in der Hand aus und bedrohte die Männer. Diese ergriffen daraufhin die Flucht.
Am Ende war jedoch weder bewiesen, in welcher Absicht der Angeklagte auf die Fußgänger zusteuerte, noch, ob er sich nach der Fahrt aggressiv verhalten hat oder nur selbst Angst vor der Männergruppe hatte. Es stellte sich lediglich während der Verhandlung heraus, dass der 33-Jährige zum Tatzeitpunkt keinen gültigen Führerschein besaß. Und dass er mit seiner verantwortungslosen Fahrweise andere gefährdete.
Das lag mit unter auch daran, dass sich die vier Fußgänger in ihren Aussagen verstrickten. Zwar waren sich alle einig, dass der Angeklagte absichtlich auf sie zugefahren sei. „Das war auf keinen Fall verkehrsbedingt“, sagte einer von ihnen vor Gericht. Danach schweiften die Darstellungen etwas auseinander.
Zwei behaupteten zum Beispiel, dass der Angeklagte mit seinem Messer auf ihren Freund beziehungsweise Bruder losgegangen sei, als dieser sich das Nummernschild des Autos notieren wollte. Dieser jedoch sagte bei seiner Befragung, dass er von dem Messer erst etwas mitbekommen habe, als ihm sein Bruder zurief, er solle loslaufen. An Glaubwürdigkeit gewann ihre Fassung auch nicht, als sich einer der vier Männer nicht mehr erinnern konnte, was er an dem Abend alles getrunken hat.
Zudem erzählte der Angeklagte die Geschichte genau anders herum: Er sei mittig auf der Straße unterwegs gewesen und nur aus Versehen auf die Männer zugefahren. „Ich habe keine Gefahr gesehen“, sagte er. „Ich habe nicht mal realisiert, dass einer auf die Seite gezogen wurde“. Als die Gruppe dann auf sein Auto zukam, habe er sich bedroht gefühlt. Deswegen habe er auch das Messer aus dem Handschuhfach geholt. „Dass das falsch war, das sehe ich ein“, sagte er bei der Verhandlung. Er habe sich aber nur verteidigen wollen.
Nach drei Stunden und fünf Zeugenaussagen ließ sich dennoch nicht sicher sagen, welche Darstellung nun der Wahrheit entspricht. Am Ende blieb nur das fahrlässige Fahren ohne Führerschein. Deswegen fiel das Urteil mild aus: 600 Euro Geldstrafe und zwei Monate Fahrverbot. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.