Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Der Seewald steht zur Debatte
Stadt Friedrichshafen muss Gewerbeflächen gewinnen – Häfler Unternehmen wollen erweitern
FRIEDRICHSHAFEN - Der Stadt gehen die Grundstücke aus. Für eine Erweiterung der Liebherr Aerospace GmbH und der ATT GmbH soll ein Stück des Seewaldes gerodet werden. Der Rat beschließt darüber am Montag, nichtöffentlich hatte der Technische Ausschuss des Gemeinderates bereits grünes Licht gegeben.
Dass die Liebherr Aerospace GmbH und die zusammen mit RollsRoyce Power Systems gegründete Joint-Venture Aerospace Transmission Technologies GmbH (ATT) erweitern wollen, ist kein Geheimnis. Die Stadt hatte dafür am Flughafen in unmittelbarer Nähe des bisherigen Standortes 22 125 Quadratmeter vorgehalten und reserviert. Problem: Dazwischen liegt die Bahnlinie und die Flughafenstraße. Und dieser Umstand führt jetzt dazu, dass der Seewald herhalten muss.
Zumindest hat der Technische Ausschuss des Gemeinderates in nicht öffentlicher Sitzung in der vergangenen Woche bei Bedenken aus einigen Fraktionen und gegen den Widerstand der Grünen bereits seine Zustimmung für das Vorhaben signalisiert. Vorschlag der Stadtverwaltung: Von der Fläche des Seewaldes zwischen Bahnlinie und Bundesstraße nach Ravensburg sollen 8,6 Hektar – rund neun bis zehn Fußballfelder – für die Erweiterung der beiden Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, damit würde dann auch die Tennisanlage des Eisenbahnersportvereins über das neue Gebiet erschlossen, zu der momentan nur ein Waldweg führt. Hintergrund ist vor allem die Sorge um nicht vorhandene Gewerbeflächen. Gemäß einer Aufstellung, die die Verwaltung in den Unterlagen für die Gemeinderatssitzung beigefügt hat, liegen Anfragen für über 90 000 Quadratmeter Gewerbefläche vor, es stehen aber nur noch rund 36 000 Quadratmeter – und das nicht immer in gewünschter oder erforderlicher Lage – zur Verfügung. Der Seewald-Streifen zwischen Bahn und Bundesstraße war schon im Gewerbeflächenentwicklungskonzept 2011 aufgetaucht. Die Fläche, die damals bis zum Kreisverkehr und der Zufahrt zum Flughafen reichte, wurde als „Konfliktfläche“bezeichnet, der Landschaftsplaner meinte, es sei „bedenklich“, hier zu roden.
Nun sei die Fläche deutlich kleiner – auch wenn Kritiker der Meinung sind, dass das nur ein Anfang sein wird. Die Besitzverhältnisse seien „günstig“und eine „Entwicklung“der Fläche sei einfach zu realisieren, schreibt die Verwaltung. An anderer Stelle soll dafür aufgeforstet werden. Im Übrigen stünden bei der Erweiterung der beiden Unternehmen in Richtung Seewald die 22 125 Quadratmeter am Flughafen für andere Gewerbeanfragen zur Verfügung. Für die Stadtverwaltung ist das eine Maßnahme zur Arbeitsplatz- und Standortsicherung der beiden Unternehmen.
In der Sitzung am Montag wird der Gemeinderat darüber entscheiden, ob ein Bebauungsplan aufgestellt wird. Dem folgen dann die Einwände der Öffentlichkeit, aller beteiligten Behörden und die Untersuchung, ob es überhaupt vertretbar ist, den Wald für die Ansiedlung von Gewerbe zu nutzen.
Die Sitzung des Gemeinderates beginnt am kommenden Montag, 19. November, um 16 Uhr, im Sitzungssaal des Rathauses.