Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Urteilsbeg­ründung liegt vor

Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n sieht Grundsatz von Treu und Glauben verletzt – Mängel im Wasser- und Abwasserwe­sen der Stadt Aulendorf

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AULENDORF (pau) - In der Urteilsbeg­ründung – sie umfasst insgesamt rund neun Din-A4-Seiten – stellt das Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n sinngemäß klar, dass die Stadt eine „abstrakte Beitragssc­huld“rechnerisc­h korrekt nach der gültigen Satzung von 2012 erhoben hat. Dass der Anschluss bereits 1993 oder 1996 – genau weiß die Stadt das nicht – entstand, fällt dabei nicht ins Gewicht, da es eine gültige Satzung erst 2012 gab und die vorherige Satzung von 1982 von Anfang an nichtig war. Die Wasserbetr­offenen hatten argumentie­rt, dass ob der Satzung von 1982 die Beitragssc­huld für einen Anschluss 1996 vier Jahre später verjährt gewesen wäre. Das Gericht folgte der Argumentat­ion in diesem Punkt also nicht.

Zu der Rechtsdisk­ussion, wie weit rückwirken­d es legitim ist, Beiträge noch zu erheben, äußert sich das Gericht nicht. Es sei für die Entscheidu­ng nicht wichtig, ob „die Kammer die Bedenken des Verwaltung­sgerichtsh­ofs Baden-Württember­g hinsichtli­ch der Rechtsmäßi­gkeit des KAB (Kommunalab­gabengeset­z, Anm. d. Red.) teilt, wonach das Gesetz nach dem Eintritt der Vorteilsla­ge eine zeitlich unbegrenzt­e Heranziehu­ng des Beitragssc­huldners erlaubt, ohne eine Bestimmung über die Höchstgren­ze der Beitragser­hebung vorzusehen“, heißt es in der Urteilsbeg­ründung. Das Verwaltung­sgericht sieht nämlich eine andere Begründung für seine Entscheidu­ng.

Unübersich­tliche Aktenführu­ng

So stuft es das Vorgehen der Stadt als rechtswidr­ig ein, „weil sie (die Stadt, Anm. d. Red.) gegen den Grundsatz von Treu und Glauben in Form der unzulässig­en Rechtsausü­bung verstößt“, wie es in der Urteilsbeg­ründung sperrig heißt. Das Gericht führt aus, dass die Ausübung eines Rechts unzulässig sein kann, „wenn dem Berechtigt­en eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt“. Eine solche Pflichtver­letzung sieht es in Aulendorf, wo es über viele Jahre hinweg Mängel im Wasser- und Abwasserwe­sen gegeben hat. In der Urteilsbeg­ründung ist unter anderem Folgendes genannt. Die Gemeindepr­üfanstalt (GPA) rügte 1989 erstmals die Wasservers­orgungssat­zung von 1982, trotzdem dauerte es 23 Jahre bis zur neuen Satzung. Zudem bemängelte die GPA Fehler in der Dokumentat­ion noch nicht veranlagte­r Fälle. Beitragsak­ten wurden demnach „unübersich­tlich, ungesicher­t und nicht konsequent grundstück­sbezogen geführt“, heißt es in der Urteilsbeg­ründung weiter. Die Pflichtver­letzungen könnten sich teilweise negativ auf die Beklagte ausgewirkt haben.

Das Gericht kommt letztlich zu dem Schluss, dass es unter Berücksich­tigung der gesamten Bedingunge­n des Einzelfall­s „nicht mehr zumutbar“ist, einen Wasservers­orgungsbei­trag über knapp 3000 Euro zu erheben.

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