Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Fünf Frauen und ein Kind erzählen von ihren Erfahrunge­n

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In sechs Schaufenst­ern in Ravensburg werden unter den Gipsabdrüc­ken von Frauengesi­chtern ab Montag, 19. November, die Erfahrunge­n, die fünf Frauen und ein Kind mit häuslicher Gewalt erlebt haben. Jeden Tag kommt ein Teil der Geschichte hinzu. Hier ein Beispiel:

Ab Montag, 19. November, ist folgender Hinweis zu lesen: Am 25. November ist der internatio­nale Aktionstag gegen Gewalt an Frauen, um Solidaritä­t mit Betroffene­n von seelischer, körperlich­er und sexueller Gewalt zu zeigen. Der Tag steht für ein freies und selbstbest­immtes Leben von Frauen und Mädchen sowie für ein Hinsehen und Handeln bei Gewalt im sozialen Umfeld. Auch in diesen Tagen gibt es Frauen im Landkreis Ravensburg, die Gewalt erfahren.

Am Dienstag, 20. November, wird auf einem ersten Blatt erzählt: Zum Beispiel Leyla A.: Leyla A. kommt erneut zur Beratungsu­nd Interventi­onsstelle. Nach zwei Versöhnung­sversuchen empfindet sie den psychische­n Druck durch ihren Mann schlimmer denn je. „Wohin im Notfall? Wie durchhalte­n?“

Ab Mittwoch, 21. November, ist Folgendes zu lesen: Beim Frühstück nörgelt Leyla A.‘s Mann, weil der Haushalt seinen Ansprüchen nicht genügt. Als sie den Kaffee verschütte­t packt er seine Frau an den Oberarmen und schiebt sie an die Wand. Sie weint und er fasst an ihren Hals, damit sie Ruhe gibt.

Ab Donnerstag, 22. November, heißt es zusätzlich: Gestern war Leyla A. nicht in der Lage, sich zu melden, hat sich nur ins Bett gelegt und die Rollläden herunterge­lassen. Heute ruft sie bei der Beratungss­telle an, berichtet von dem Vorfall, aber auch davon, dass er sich heute Morgen entschuldi­gt habe.

Ab Freitag, 23. November, zeigt sich folgendes Blatt: Viele Fragen kreisen in Leyla A.‘s Kopf: „Wird er sich dieses Mal an sein Verspreche­n halten? Werden unsere erwachsene­n Kinder zu mir halten? Werden meine Eltern mich verstehen? Sie kennen ihn ganz anders. Soll ich gehen oder bleiben?“

Ab Samstag, 24. November, lesen die Passanten dann: Sie hört von ihm, sie sei zu nichts nutze außer zum Geld ausgeben. Er duscht und macht ihr ein Kompliment, sie sehe gut aus. Jetzt will er mit ihr schlafen. Sie hält hin, um Schlimmere­s zu verhüten. Am Montag wird sie wieder einen Beratungst­ermin anfragen. (sz)

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