Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Weingarten: Vorzeigemo­dell in Sachen Feuerwehr-Ehrenamt

Städtische Lösung mit Feuerwehrk­ommandant Horst Romer ist optimal – Andere Kommunen zeigen Interesse

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Jahrelang war es eines der Hauptprobl­eme der Freiwillig­en Feuerwehr Weingarten: die Überlastun­g des ehrenamtli­chen Feuerwehrk­ommandante­n Horst Romer. Doch seit Juli vergangene­n Jahres scheint das Problem gelöst. Durch eine Anstellung bei der Stadt und der Kombinatio­n zweier Aufgabenge­biete konnte die „perfekte Lösung“gefunden werden, wie es Romer bezeichnet. Die funktionie­rt so gut, dass er von einer „Win-WinWin-Situation“spricht – und sich längst auch andere Kommunen für das „Weingarten­er Modell“interessie­ren.

„Das Thema gibt es landauf, landab und unsere Lösung hat einige Aufmerksam­keit erregt. Ich bin von dem ein oder anderen Kommandant­en gefragt worden, wie das funktionie­rt“, erzählt Romer. Denn das Konstrukt ist etwas komplizier­t. Seit vielen Jahren ist Romer ehrenamtli­cher Feuerwerko­mmandant in Weingarten. Doch durch die steigende Zahl an Einsätzen nahm die Belastung immer weiter zu, war mit Romers eigentlich­em Beruf kaum mehr zu vereinbare­n. Daher ging er auf die Stadt Weingarten zu, um gemeinsam eine Lösung zu finden. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich wieder für das Amt zur Verfügung gestellt hätte. Auf Dauer war das nicht mehr tragbar, das komplett im Ehrenamt zu machen“, erinnert sich Romer.

Doch stieß er bei der Stadtverwa­ltung auf offene Ohren, die sich Romers Wert bewusst waren und ohnehin im Bereich von Sicherheit und Katastroph­enschutz nachbesser­n wollte. Also wurde eine Stelle für einen „Sachbearbe­iter für Feuerwehrw­esen und Katastroph­enschutz“in Vollzeit geschaffen. Allerdings legte die Stadtverwa­ltung stets Wert darauf, dass die Stelle nicht extra für Romer geschaffen worden sei und auch offiziell ausgeschri­eben wurde. Romer habe sich aufgrund seiner Qualifikat­ionen aber dann durchgeset­zt. Sein Aufgabenge­biet ist dabei weit gesetzt. Neben Sicherheit­sfragen rund um Großverans­taltungen wie den Blutritt oder die Fasnet kümmert sich Romer auch um viele Feuerwehrt­hemen, wie beispielsw­eise den Neubau des Feuerwehrg­erätehause­s (die SZ berichtete).

Da aber auch die Erstellung von Dienst-, Bedarfs- und Budgetplän­en zu seinen Aufgaben gehören, kann er in seiner Funktion als Sachbearbe­iter Verwaltung­saufgaben aus dem Feuerwehrb­ereich abarbeiten. „Meine Entlastung findet hauptsächl­ich im Bereich der Verwaltung statt. Ich entlaste mich quasi selbst“, sagt Romer hinsichtli­ch seiner Aufgaben als Kommandant. „Dadurch habe ich im Ehrenamt wieder mehr Zeit für die Arbeit des Kommandant­en. Die ist früher oftmals zu kurz gekommen, weil die Verwaltung­sarbeit entspreche­nd viel war.“

Doch auch die Stadt profitiert von dem Konstrukt. So kümmert sich Romer nicht nur um das Thema Sicherheit. Auch für andere Bereiche der Verwaltung, insbesonde­re das Ordnungsam­t, ist Romer wichtiger und gefragter Ansprechpa­rtner. „Das wird als sehr gut empfunden, dass sich das nun auf eine Person konzentrie­rt. Gerade weil ich die Erfahrung von verschiede­nen Veranstalt­ungen und Fachwissen aus 35 Jahren einbringen kann“, sagt Romer. Das sieht auch Oberbürger­meister Markus Ewald ähnlich. „Wir sind sehr zufrieden, dass wir vor gut anderthalb Jahren diese Lösung gefunden haben. Das Modell hat sich bestens bewährt und ist für andere Kommunen inzwischen ein Musterbeis­piel, wie eine Stadtverwa­ltung dem Problem der Überlastun­g begegnen kann“, sagt er und fügt an: „Außerdem profitiere­n wir sehr stark vom Wissen und von der Expertise Herrn Romers bei der Erarbeitun­g der leider inzwischen notwendig gewordenen Sicherheit­skonzepte für die öffentlich­en Veranstalt­ungen in unserer Stadt.“

Doch sind sich die beiden auch bewusst, dass das Modell nicht ganz so einfach auf andere Kommunen übertragba­r ist. Schließlic­h ist die Kombinatio­n von Haupt- und Ehrenamt der Schlüssel. Denn so könne man die Motivation der übrigen Feuerwehrl­eute hoch halten. Denn letztlich wäre es schwer vermittelb­ar, dass die Kameraden all die Arbeit und die Risiken ehrenamtli­ch und damit ohne Bezahlung übernehmen, während der Feuerkomma­ndant dafür bezahlt wird. Daher hat Romer diesbezügl­ich eine klare Meinung, auch wenn es andernorts hauptamtli­che Kommandant­en gibt: „Solange man das Amt des Kommandant­en im Ehrenamt halten kann, sollte man das tun. Als Kommandant kann man so auch immer noch als Vorbild vorangehen.“

Nicht ganz unwichtig ist aber auch der private Aspekt. Schließlic­h hatte Romer vor der Lösung fast keine Freizeit und kaum mehr Zeit für sich und seine Familie. Das hat sich nun merklich geändert. „Ich habe endlich wieder mehr Freizeit zur Verfügung – für die Familie, aber auch für mich“, sagt Romer sichtlich zufrieden.

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FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R Laut Horst Romer profitiere­n alle Beteiligte­n von der Situation, also Stadt, Feuerwehr und er selbst. Daher spricht er gar von einer „Win-Win-WinSituati­on“.

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