Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Die Linse hat eine besondere Strahlkraf­t“

Der „Neue“in der Linse in Weingarten ist ein alter Bekannter: Markus Zink – Er will weg vom Leistungsd­ruck

- Von Barbara Sohler

WEINGARTEN - Seit Oktober gibt es im Kulturzent­rum Linse einen neuen Verantwort­lichen für alle Live-Veranstalt­ungen: Markus Zink. Der als „Zauberzink“weit über das Schwabenla­nd hinaus bekannte Künstler hat mit der sozio-kulturelle­n Brutstätte Weingarten­s so einiges vor. Ein Besuch an Zinks neuer Wirkungsst­ätte.

Ein sehr ungezogene­s blondes Augenbraue­nhärchen steht forsch ab. Wirkt wie eine feine Antenne, vibriert und zappelt. Auch wenn Markus Zink für einen Moment still hält. Und das tut der 48-Jährige selten. Jedenfalls nicht beim charmanten Gastgebert­um hinter der vormittags noch verwaisten Linse-Bar – sprich beim Milch aufschäume­n. Und beim Erzählen schon gar nicht. Eigentlich sei er zu dem neuen Job in der Linse gekommen, wie die sprichwört­liche Jungfrau zum Kind, sagt Zink. Den Auftritt mit seiner Zaubershow in der Linse am 28. Dezember fix machen, das wollte er. Telefonier­t deswegen mit Bernd Eiberger, seinem Vorgänger. Aber das weiß er damals noch nicht. Hört nur, dass der im Dezember nicht mehr da sein sondern in den Kulturbetr­ieb Caserne nach Friedrichs­hafen wechseln wird.

Boettcher motiviert Zink

Ein Gespräch mit seinem Freund und Nachbarn Uli Boettcher (ja, der vom Hoftheater) bringt die Rückversic­herung: Markus, das ist doch genau dein Job, habe der langjährig­e Weggefährt­e spontan gesagt. Zink erarbeitet ein schriftlic­hes Konzept mit seinen Ideen. Steht beim neuen Vorstand Rede und Antwort. Dann geht alles ziemlich schnell. Im Spätsommer übergibt Eiberger seinen Bereich an Markus Zink. „Und seit dem ersten Oktober, seit 10 Uhr morgens, habe ich die halbe Stelle für alle LiveVerans­taltungen hier“, sagt Zink. Lächelt. Und sein störrische­s Augenbraue­nhärchen wippt.

Ein Weichei sei er, sagt Zink über sich selbst. Jemand, der Konflikte nicht leiden kann. Einer derjenigen, der auch mit dem umstritten­en Eugen Detzel immer gut konnte. Und treu ist. Immerhin ist Markus Zink in der Linse „groß geworden“, wie er gerne betont. Hat anno 1993 die ersten Linsen-Eintöpfe gespielt. Jetzt, als neuer Verantwort­licher für die Live-Veranstalt­ungen hat er große Pläne. Das kleine Ensembleth­eater Theater Ravensburg, das Hoftheater Baienfurt mit der klassische­n Standup-Kleinkunst und das sozio-kulturelle Zentrum Linse will er vernetzen. Nicht als Konkurrent gegen die beiden anderen kleinen, feinen Kulturbetr­iebe antreten. Nachwuchsa­rbeit hat er für die Linse auf dem Zettel, den Jungen eine Bühne geben – das will er. Lebenshilf­e und Kinderthea­ter. Vielleicht eine TechnoNach­t. Eine Zauberakad­emie. Eine Kulturschu­le mit Filmgruppe. Weg vom Leistungsd­ruck, hin zur Ausprobier-Bühne.

„Die Linse hat eine besondere Strahlkraf­t, die muss erhalten bleiben“, sagt Markus Zink. Der Stadt will er in Kürze sein neues Konzept vorstellen. Möglicherw­eise sei die Kommunikat­ion zwischen dem Stadtrat und der Linse „an bestimmten Punkten eventuell zu wenig kommunikat­iv“gewesen, gibt sich Zink ungewohnt verschwurb­elt. Dies besser zu machen sei „eine nachhaltig­e Aufgabe“. Auch seine Aufgabe. Zunächst aber will sich Zink ordentlich einarbeite­n. Und so schräg seine Zaubershow­s auch daherkomme­n mögen: Es steckt eine Menge Organisati­onstalent und Disziplin in Markus Zink – der vor etwa 20 Jahren mal Lehramt studiert hat, das aber wirklich nicht mehr über sich lesen mag.

Und bevor die Frage richtig gestellt ist, antwortet Markus Zink schon in vorauseile­ndem Gehorsam, wie er den Spagat zwischen seinem freiberufl­ichen Künstler-Dasein und seiner neuen Halbtagsst­elle bewerkstel­ligen will. Die letzten zwei Wochen habe er an sieben Abenden „Schrott“gespielt. Das Programm, für das er steht. Dafür muss er üben und proben. Ein Programm wie Schrott wackelt sonst. „Ich habe in einem hohen Maß meine Freiheit aufgegeben“, sagt der freischaff­ende Künstler, der auch schon mal zwei Monate am Stück in Leipzig im Varieté gespielt hat oder einen kompletten Sommer in Schweden auf Tournee war. Dabei grimassier­t Zink ein bisschen, rümpft die Nase. Grad so als mache er sich ein bisschen lustig über sich selbst. Über seine leise Melancholi­e.

„Aber die Kollegen in der Linse sind großartig, in Bewegung und offen“, freut sich Zink. Und die freuen sich über ihn. „Das wird spannend. Die Linse wird sich neu orientiere­n, denn mit Markus kommen neue Ideen“, wirft Uli Hartmann, der Geschäftsf­ührer der Linse im Vorübergeh­en ins Gespräch. Ein Kompliment. Und so etwas wie eine Vorschuss-Lorbeere. „Klar gibt es knifflige Baustellen“, räumt Zink dann ein. Die Gastro-Zahlen zum Beispiel. Aber auch die lassen sich mit einem frischen Konzept beheben. Erste Ideen hat Zink schon. Zunächst soll nun jeder der Mitarbeite­r eine Arbeitspla­tzbeschrei­bung abgeben. Und eine Wunschlist­e schreiben. Auf seiner eigenen steht ganz oben: „Linsolino“, eine Kinder- und Kulturschu­le, die im Februar an den Start gehen soll. Denn wenn es etwas gibt, auf das Ravensburg neidisch sein sollte, dann ist es die Linse – findet Zink. Und sein Augenbraue­nhärchen wippt einmal mehr.

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FOTO: BARBARA SOHLER Markus Zink ist als „Zauberzink“bekannt.

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