Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Zukunft mit Zahnspange
Der Kanadier Alphonso Davies soll den FC Bayern im nächsten Jahrzehnt verstärken
MÜNCHEN (SID) - Der selbsternannte Fußball-König Zlatan Ibrahimovic hat Alphonso Davies seinen Ritterschlag bereits erteilt. „Ich sehe eine strahlende Zukunft“, sagte der große Schwede über den jungen Kanadier, der bei Bayern München Teil des großen Umbruchs werden soll.
Seit Dienstag ist Davies in München, am Mittwoch trainierte er erstmals mit Stars wie Arjen Robben oder Franck Ribéry, die er im nächsten Sommer beerben soll. Und wie „Ibra“halten sie auch beim FC Bayern große Stücke auf den 18-Jährigen. „Er hat sehr viel Entwicklungspotenzial und wird eine große Zukunft haben, wenn er gesund bleibt“, sagte Coach Niko Kovac, Sportdirektor Hasan Salihamidzic meinte: „Er ist ein großes Talent und hat super Stärken: Speed, Power und Technik. Wir versprechen uns viel von ihm.“
Zum Essen über Leichen steigen
Davies ist Salihamidzics erste Verpflichtung für die Bayern-Profis. Der Sportchef habe den zehn Millionen Euro schweren Transfer vom MLSClub Vancouver Whitecaps nach München „alleine durchgezogen“, sagte Präsident Uli Hoeneß: „Ich kenne den Spieler nicht.“
Das soll sich bald ändern. „Phonzy“, das Ausnahmetalent mit der Zahnspange, kommt mit der Empfehlung von acht Toren und zehn Vorlagen in 31 Spielen der abgelaufenen MLS-Saison. Er ist schnell, technisch beschlagen, trickreich, durchsetzungsstark und torgefährlich. Sein Entdecker Craig Dalrymple, Technischer Direktor der Whitecaps-Jugendakademie, vergleicht ihn „aufgrund der Power und der Geschwindigkeit“mit Frankreichs Wunderkind Kylian Mbappé.
Dabei kommt Davies aus dem Nichts. Seine Eltern flohen vor dem Bürgerkrieg in Liberia, Davies kam 2000 in einem Flüchtlingslager in Ghana zur Welt. Die Zeit dort war geprägt von Gewalt. „Wenn wir Essen besorgen wollten, mussten wir über Leichen steigen“, berichtete Mutter Victoria einmal. Die Rettung war die Übersiedlung nach Kanada, als Alphonso fünf war. Mit 16 gab er dort als jüngster Spieler der Geschichte sein Debüt in der kanadischen Nationalmannschaft.
In München darf der Linksfuß seine Klasse zunächst nur auf dem Trainingsplatz zeigen, Davies (Vertrag bis 2023) ist erst ab Januar spielberechtigt. Seine Kollegen, die ihn beim ersten Training mit Applaus begrüßten, kannte er bis Dienstag nur aus dem Fernsehen oder von der Spielekonsole, wie er lächelnd bekannte.
Auch Schlusslicht VfB Stuttgart war nach eigenen Angaben stark an Davies interessiert. „Wir waren zur gleichen Zeit wie Bayern in Vancouver und haben versucht, den Jungen zu verpflichten. Da hatten die Bayern am Ende aber ein paar Pfeile mehr im Köcher“, erzählte Manager Michael Reschke kürzlich. Also landete Davies in München. „Als Kind habe ich davon geträumt, Teil eines so großen Vereins zu sein“, sagt er, „jetzt bin ich es, das ist unglaublich.“Er wolle sich „jeden Tag im Training beweisen und hart arbeiten“für seine Chance.
Was sonst noch zu beachten ist, gab ihm der „König“höchstpersönlich mit auf den Weg nach Europa. „Er darf nicht zu viel Respekt vor den großen Spielern zeigen“, sagte Ibrahimovic, „es liegt an ihm, den Rest zu erledigen.“