Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Die Erderwärmung lässt Trump kalt
Am Thanksgiving-Feiertag herrschten vergangene Woche eisige Temperaturen in den USA. Donald Trump kommentierte den Kälteeinbruch auf seine Weise: „Was ist eigentlich mit der globalen Erderwärmung passiert?“, höhnte der US-Präsident auf Twitter. Jetzt bekam er die Antwort aus dem eigenen Haus: Die Klimakatastrophe ist längst im Gange, und sie wird in den USA dramatische wirtschaftliche Schäden verursachen.
Wenn nichts geschehe, werde der Klimawandel das amerikanische Bruttoinlandsprodukt zum Ende dieses Jahrhunderts um zehn Prozent schmälern, heißt es im Nationalen Klimabericht. Und weiter: „Die jährlichen Verluste in einigen Wirtschaftssektoren werden nach dieser Projektion Hunderte Milliarden Dollar erreichen – mehr als die derzeitige Wirtschaftsleistung vieler USBundesstaaten", warnen die Autoren des Werks, an dem 300 Wissenschaftler mitgearbeitet haben. Die Studie wurde vom US-Kongress in Auftrag gegeben, wird aber vom Weißen Haus herausgegeben. Trump legte die Veröffentlichung kaum zufällig auf den Black Friday, an dem sich die Amerikaner mehr fürs Shopping als für die Nachrichtenlage interessieren.
Tatsächlich liest sich das, was die Experten zusammengetragen haben, wie ein Drehbuch des Horrors. Allein der Südwesten der USA würde nach dem gravierendsten Szenario 2090 rund eine halbe Milliarde Arbeitsstunden jährlich verlieren. Die Mais- oder Sojabohnenernte vieler Farmer im Mittleren Westen würde um ein Viertel schrumpfen. Die hübsche Stadt Charleston in South Carolina würde 2045 jährlich 180 Überflutungen erleben, verglichen mit elf in 2014. Mehr Waldbrände in Kalifornien, mehr Krankheiten, die von Mücken übertragen werden, drohende Trinkwasserknappheit in Hawaii, häufige Stromausfälle – die Liste der prognostizierten Folgen des Klimawandels nimmt kein Ende.
Für jeden Bereich einzeln haben die Autoren die Folgekosten fortdauernder Untätigkeit errechnet: Hitzebedingte Todesfälle würden die USA nach der Projektion 2090 jährlich 141 Milliarden Dollar kosten, die Schäden an der Infrastruktur 32 Milliarden Dollar. Allein an den Küsten sei ein Immobilienvermögen von einer Billion Dollar bedroht.
Dass Trump sich durch die Alarmmeldungen beeindrucken lässt, ist jedoch unwahrscheinlich. Der Präsident hat das internationale Pariser Klimaabkommen aufgekündigt und schraubt die Regulierung zurück. Dabei leiden die Amerikaner schon heute unter den Folgen des Klimawandels. Extreme Wetterlagen seien „häufiger, stärker, verbreiteter oder länger andauernd“, so der Report, der auf mehr als 1000 früheren Studien beruht.
Eine Sprecherin des Weißen Hauses erklärte dagegen, der Bericht sei noch unter der Obama-Regierung in Auftrag gegeben worden und beruhe auf „extremsten Szenarien“, die die Möglichkeiten von Technologie und Innovation vernachlässigten. Die nächste Ausgabe in vier Jahren werde „eine vollständigere Information über die Bandbreite möglicher Szenarios und Resultate enthalten“, kündigte sie an. Im Klartext: Die Regierung sieht keinen Grund zum Handeln.
Trump selbst verzichtete auf eine Kommentierung auf Twitter.