Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Ökumenische Hospizgruppe Aulendorf feiert 20-Jähriges
Das Thema Sterben und der Umgang mit dem Tod stellt viele Menschen vor eine Herausforderung
AULENDORF - Nur etwa 50 Personen sind am Freitagabend in das Gemeindehaus St. Martin gekommen, um das 20-jährige Bestehen der ambulanten Hospizgruppe Aulendorf zu feiern. Ob dies an der zeitgleich stattfindenden langen Einkaufsnacht lag oder daran, dass das Thema Sterben immer noch gerne verdrängt wird, wurde nach dem offiziellen Teil der Veranstaltung an manchem Tisch diskutiert. „Sterben passt eben nicht in die heutige Fun-Gesellschaft“, sagte eine Besucherin im Gespräch mit der SZ.
Die Feier begann mit einem ökumenischen Dankgottesdienst in der katholischen Kirche. Danach wechselte die Festgesellschaft ins Gemeindehaus. Dort wanderten während des Panflötenspiels von Edmund Butscher viele bewundernde Blicke zur schlichten Dekoration auf der Bühne.
Diakon Schillinger, der seit 2016 das Bindeglied zwischen der Kirchengemeinde St. Martin und der Hospizgruppe ist, führte durch den Abend und freute sich ganz besonders, den Gründer der Aulendorfer Hospizbewegung, Diakon Dietmar Schäfer, begrüßen zu dürfen. Aus den Anfangszeiten der Gruppe sind Eva Roth, Gusti Schäfer, Hildegard Schiller, die jetzige Einsatzleiterin Thea Treuer und Gertrud Wieland immer noch aktiv. Pfarrer Anantham Antony und sein evangelischer Kollege Jörg Weag sowie Bürgermeister Matthias Burth brachten in ihren Dankworten vielfältig zum Ausdruck, welch bewundernswerten Einsatz die Gruppe für Menschen in extremen Lebenssituationen leistet.
Dann trat Einsatzleiterin Treuer ans Mikrofon und ließ die Anwesenden auf berührende Weise an ihren ganz persönlichen Erfahrungen der zurückliegenden 20 Jahre teilhaben. „Bitte stirb nicht bei mir“, habe sie als junge Krankenschwester oft gebetet, gestand sie den Zuhörern. Die eigenen Berührungsängste im Umgang mit sterbenden Patienten waren Anlass, sich mit dem Thema intensiv auseinanderzusetzen. Als dann in Aulendorf die Hospizgruppe gegründet wurde, sei das für sie ein Signal zum Mitmachen gewesen. Sie dankte allen Mitgliedern, Wegbegleitern und nicht zuletzt dem Gründer und Leitungsteam Zita Lang und Heidi Hecht, die den Weg dieser damals noch unbekannten Hospizbewegung geebnet hätten.
„Unzählige Stunden Sitzwache am Bett von Schwerkranken haben etwas mit mir gemacht“, blickte Treuer dankbar zurück. Die vielen Lebensgeschichten, die ihr erzählt worden sind, seien jede für sich einmalig gewesen und sie sehe die Sterbenden heute als Lehrer der Lebenden. Sie sprach eindrucksvoll von vielen Stunden der Stille am Bett von Sterbenden, in denen ihre Gedanken auch von Fragen der eigenen Endlichkeit bestimmt waren. „Was wäre, wenn ich dort liegen würde, hätte ich Frieden gefunden mit meinen Mitmenschen und vor allem mit Gott?“diese Frage ließ Treuer abschließend im Raum stehen.
Den letzten Part des Abends hatte Referentin Angelika Daiker, Gründerin und langjährige Leiterin des St. Martin-Hospiz in Stuttgart. Die promovierte Theologin veröffentlichte mehrere Bücher zum Thema würdevolles Sterben, Tod und Trauer. Ihr Vortrag orientierte sich an ihrem aktuellen, im September 2018 veröffentlichten Buch „Hülle und Fülle Palliative Spiritualität in der Hospizarbeit“. Anhand von Fotos zweier Kunstwerke, im Original gestaltet von Astrid J Eichin, vermittelte Daiker den Zuhörern einen ungewöhnlichen Zugang zur Hospizarbeit. Besonders intensiv war ihre Ausführung zum Werk mit dem Namen „Es scheuert“. Dieser Mantel ist im Original aus kleinen quadratischen Schleifpapierstücken gefertigt und soll „das Scheuern des Lebens auf der Haut“verdeutlichen. Nach einer Fülle wertvoller Gedanken gab es bei der anschließenden Bewirtung durch den Festausschuss jede Menge Gesprächsstoff und alle Anwesenden waren sich einig, wie bereichernd der Abend und vor allem die Arbeit der Hospizgruppe ist.