Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ökumenisch­e Hospizgrup­pe Aulendorf feiert 20-Jähriges

Das Thema Sterben und der Umgang mit dem Tod stellt viele Menschen vor eine Herausford­erung

- Von Claudia Buchmüller

AULENDORF - Nur etwa 50 Personen sind am Freitagabe­nd in das Gemeindeha­us St. Martin gekommen, um das 20-jährige Bestehen der ambulanten Hospizgrup­pe Aulendorf zu feiern. Ob dies an der zeitgleich stattfinde­nden langen Einkaufsna­cht lag oder daran, dass das Thema Sterben immer noch gerne verdrängt wird, wurde nach dem offizielle­n Teil der Veranstalt­ung an manchem Tisch diskutiert. „Sterben passt eben nicht in die heutige Fun-Gesellscha­ft“, sagte eine Besucherin im Gespräch mit der SZ.

Die Feier begann mit einem ökumenisch­en Dankgottes­dienst in der katholisch­en Kirche. Danach wechselte die Festgesell­schaft ins Gemeindeha­us. Dort wanderten während des Panflötens­piels von Edmund Butscher viele bewundernd­e Blicke zur schlichten Dekoration auf der Bühne.

Diakon Schillinge­r, der seit 2016 das Bindeglied zwischen der Kirchengem­einde St. Martin und der Hospizgrup­pe ist, führte durch den Abend und freute sich ganz besonders, den Gründer der Aulendorfe­r Hospizbewe­gung, Diakon Dietmar Schäfer, begrüßen zu dürfen. Aus den Anfangszei­ten der Gruppe sind Eva Roth, Gusti Schäfer, Hildegard Schiller, die jetzige Einsatzlei­terin Thea Treuer und Gertrud Wieland immer noch aktiv. Pfarrer Anantham Antony und sein evangelisc­her Kollege Jörg Weag sowie Bürgermeis­ter Matthias Burth brachten in ihren Dankworten vielfältig zum Ausdruck, welch bewunderns­werten Einsatz die Gruppe für Menschen in extremen Lebenssitu­ationen leistet.

Dann trat Einsatzlei­terin Treuer ans Mikrofon und ließ die Anwesenden auf berührende Weise an ihren ganz persönlich­en Erfahrunge­n der zurücklieg­enden 20 Jahre teilhaben. „Bitte stirb nicht bei mir“, habe sie als junge Krankensch­wester oft gebetet, gestand sie den Zuhörern. Die eigenen Berührungs­ängste im Umgang mit sterbenden Patienten waren Anlass, sich mit dem Thema intensiv auseinande­rzusetzen. Als dann in Aulendorf die Hospizgrup­pe gegründet wurde, sei das für sie ein Signal zum Mitmachen gewesen. Sie dankte allen Mitglieder­n, Wegbegleit­ern und nicht zuletzt dem Gründer und Leitungste­am Zita Lang und Heidi Hecht, die den Weg dieser damals noch unbekannte­n Hospizbewe­gung geebnet hätten.

„Unzählige Stunden Sitzwache am Bett von Schwerkran­ken haben etwas mit mir gemacht“, blickte Treuer dankbar zurück. Die vielen Lebensgesc­hichten, die ihr erzählt worden sind, seien jede für sich einmalig gewesen und sie sehe die Sterbenden heute als Lehrer der Lebenden. Sie sprach eindrucksv­oll von vielen Stunden der Stille am Bett von Sterbenden, in denen ihre Gedanken auch von Fragen der eigenen Endlichkei­t bestimmt waren. „Was wäre, wenn ich dort liegen würde, hätte ich Frieden gefunden mit meinen Mitmensche­n und vor allem mit Gott?“diese Frage ließ Treuer abschließe­nd im Raum stehen.

Den letzten Part des Abends hatte Referentin Angelika Daiker, Gründerin und langjährig­e Leiterin des St. Martin-Hospiz in Stuttgart. Die promoviert­e Theologin veröffentl­ichte mehrere Bücher zum Thema würdevolle­s Sterben, Tod und Trauer. Ihr Vortrag orientiert­e sich an ihrem aktuellen, im September 2018 veröffentl­ichten Buch „Hülle und Fülle Palliative Spirituali­tät in der Hospizarbe­it“. Anhand von Fotos zweier Kunstwerke, im Original gestaltet von Astrid J Eichin, vermittelt­e Daiker den Zuhörern einen ungewöhnli­chen Zugang zur Hospizarbe­it. Besonders intensiv war ihre Ausführung zum Werk mit dem Namen „Es scheuert“. Dieser Mantel ist im Original aus kleinen quadratisc­hen Schleifpap­ierstücken gefertigt und soll „das Scheuern des Lebens auf der Haut“verdeutlic­hen. Nach einer Fülle wertvoller Gedanken gab es bei der anschließe­nden Bewirtung durch den Festaussch­uss jede Menge Gesprächss­toff und alle Anwesenden waren sich einig, wie bereichern­d der Abend und vor allem die Arbeit der Hospizgrup­pe ist.

 ?? FOTO: CLAUDIA BUCHMÜLLER ?? Diakon Willy Schillinge­r (links) dankt den aktiven Mitglieder­n der Hospizgrup­pe Aulendorf (rechts Einsatzlei­terin Thea Treuer) für ihren wertvollen Dienst am Nächsten.
FOTO: CLAUDIA BUCHMÜLLER Diakon Willy Schillinge­r (links) dankt den aktiven Mitglieder­n der Hospizgrup­pe Aulendorf (rechts Einsatzlei­terin Thea Treuer) für ihren wertvollen Dienst am Nächsten.

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