Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Hier ist jeder willkommen
Seit 2016 gibt es den Gebetsladen „Come in“in Biberach – Suche nach neuem Standort
BIBERACH - Katholiken, Protestanten, Muslime oder Atheisten – die Tür des Gebetsladens „Come in“in der Biberacher Hindenburgerstraße steht jedem Menschen offen. Pater Alfred Tönnis, der die Initiative im Jahr 2016 ins Leben gerufen hat, vertrat damals schon die Meinung, dass Religionen die Menschen nicht voneinander trennen sollten. Ganz im Gegenteil: Im besten Fall sollte ihr Glaube die Menschen zusammenführen.
Das „Come in“ist ein Begegnungsraum, in welchem Menschen mit unterschiedlichen Glaubensrichtungen zusammenkommen, Bücher und Schriften lesen, sich bei einer Tasse Tee gemütlich miteinander unterhalten oder gemeinsam beten können. Wer den Gebetsladen betritt, entdeckt Unmengen an Büchern und Schriften in verschiedenen Sprachen. „Das meiste dreht sich um Themen, die stark mit Religion verbunden sind“, sagt Alexandra Frenkel, die im „Come in“arbeitet. Besucher können in dem Gebetsladen religiöse und interkulturelle Schriften finden, in den Regalen stehen sowohl das Alte und Neue Testament als auch der Koran in deutscher und arabischer Sprache. Eigentlich ist die Auswahl an Lektüre jedoch gemischt und bunt: Die Besucher können auch in russischen Volksmärchen oder in Kochbüchern wie „Apfelkuchen und Baklava“schmökern.
Niemand wird abgewiesen
Egal, aus welchen Gründen die Besucher eintreten – abgewiesen wird niemand, obwohl das „Come in“eine Ergänzung zu den Kirchen und Moscheen vor Ort sein soll. Viele Menschen trauen sich trotzdem nicht, in den Laden einzutreten. „Ich glaube an keinen Gott, und trotzdem hat Pater Alfred mich eingestellt“, sagt Alexandra Frenkel. Ihrer Meinung nach zeigt das, wie unvoreingenommen und offen der Laden mit all seinen Mitarbeitern ist. Hauptziel des Gebetsladen ist ein friedliches Zusammenleben.
Ein Besuch kann zur Routine werden, jedoch ist niemand zu etwas verpflichtet. Wer gemeinsam beten möchte, kann dies tun. Die Menschen können eine Kerze anzünden, mit einem Imam, einem Priester oder anderen Gläubigen aus verschiedenen Religionen ins Gespräch kommen.
Vor allem Menschen aus arabischen Ländern kommen gerne in den Gebetsladen. Sie fürchten, ihre Religion zu verlieren und teilen oft ihre Ängste mit den Angestellten oder anderen Besuchern. Minijobberin Alexandra Frenkel und Elias Kohler, der sein freiwilliges soziales Jahr im „Come in“absolviert, helfen so gut wie sie nur können. „Ein Mann kam zu uns und brauchte Hilfe. Er hatte ein Vorstellungsgespräch in Frankfurt, da haben wir ihm geholfen, die Anreise zu planen“, erzählt Frenkel.
Das „Come in“hat sich als gute Anlaufstelle etabliert. „Das Interesse ist da, das Problem ist der Standort“, so Frenkel. Derzeit suchen die Mitarbeiter einen neuen Platz für den Gebetsladen. Denn Ende März 2019 läuft der Mietvertrag aus. „Aber wenn wir hier ausziehen, soll die Idee nicht sterben“, sagt Frenkel. Deshalb sind die Mitarbeiter derzeit auf der Suche nach einer neuen Bleibe, vorzugsweise in einem größeren Laden in der Innenstadt.
Und mit einem neuen Standort sollen weitere Änderungen einhergehen, beispielsweise wird überlegt, eine Volksküche anzuschaffen, in der warme Mahlzeiten für wenig Geld Alexandra Frenkel erstanden werden können. „Ein Freund von mir macht gerade die Ausbildung zum Koch“, so Kohler. „Er würde diese Idee unterstützen.“
Bis es allerdings so weit ist, sind noch viele Aktionen im Laden in der Hindenburgstraße geplant. In der Vorweihnachtszeit wollen Frenkel und Kohler gemeinsam mit den Besuchern singen, musizieren, Plätzchen backen und Christbaumschmuck basteln. Außerdem ist ein Büchertausch geplant, bei dem Bücher aus einer Buchhandlung aus Ochsenhausen für eine Weile im „Come in“verfügbar sein sollen. „Ob da oben jemand ist, weiß ich nicht“, sagt Alexandra Frenkel, wenn sie nach Gott gefragt wird. „Aber wir sind hier.“Und die Mitarbeiter des „Come in“wollen sich weiter ins Zeug legen, um den Gebetsladen in einen gemütlichen und schönen Ort zu verwandeln und anderen Menschen zu helfen.
„Ob da oben jemand ist, weiß ich nicht. Aber wir sind hier.“