Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Zu teure Schweinebo­rsten bedrohen den Beruf des Bürstenmac­hers

Armin Karle geht mit Kreativitä­t gegen existenzbe­drohende Probleme vor – Heute ist er bei Radio7 zu hören – Neu: „Glashut“

- Von Wolfgang Heyer

BAD WALDSEE - Der Bad Waldseer Bürstenmac­her Armin Karle hat seine Kreativitä­t erneut unter Beweis gestellt und sein vom Aussterben bedrohtes Handwerk neu erfunden. Er geht unter die „Hutmacher“und fertigt schicke Abdeckunge­n für Gläser, Flaschen und Dosen, um Wespen und Fliegen fernzuhalt­en. Das ist umso wichtiger, weil Schweinebo­rsten allerorts rar sind und die Bürstenman­ufaktur vor Probleme stellt. Da müssen neue Geschäftsf­elder her.

„Mit den Schweinebo­rsten wird es zu Ende gehen“, sagt Karle etwas zerknirsch­t. Bei Lieferante­n gebe es bestimmte Borstenlän­gen gar nicht mehr im Angebot oder nur noch zu extrem teuren Preisen. „Daran sind die Handys schuld“, erklärt Karle und ergänzt: „bei der Produktion werden die Platinen mit Schweinebo­rsten entgratet.“Nach einer Alternativ­e zu den Schweinebo­rsten gefragt, schüttelt der Bürstenmac­her nur den Kopf. „Es gibt keine“, so der 57-Jährige, der zukünftig einige langjährig­e Produkte nicht mehr herstellen kann. Exemplaris­ch nennt er die harte Haarbürste, Handwaschb­ürste oder Massagebür­ste.

Doch das ist nicht das einzige Problem, das den Bürstenmac­her sorgt. Auch die Billig-Konkurrenz, die mit Plastik arbeitet, bereitet ihm Kopfzerbre­chen. Oftmals weisen billige, industriel­le Besen einen Anteil von 90 Prozent Plastik auf. „Aber für einen gescheiten Besen braucht es auch gescheites Material“, betont Karle und weiß, dass seine RosshaarBe­sen 30 Jahre lang fegen und nicht nach einem halben Jahr schon verbogene Borsten aufweisen.

Doch Karle lässt sich von alldem nicht unterkrieg­en. Schließlic­h ist er für seine Kreativitä­t bekannt. Bereits zweimal hat er es ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft – mit dem weltgrößte­n Straßenbes­en und einer gigantisch­en Badebürste. Er ist eben ein „Einfallspi­nsel“, wie er sich augenzwink­ernd selbst bezeichnet. Vor einem Jahr hatte er den nächsten erfolgvers­prechenden Einfall: Abdeckunge­n für Gläser und Flaschen. „Wir grillen gerne und als wir draußen saßen und die Wespen wieder plagten, kam die Idee mit dem Deckel auf“, erinnert sich der Bad Waldseer an den ersten Impuls zurück. Schnell machte sich der Tüftler ans Werk und drechselte zunächst einen Deckel und wenig später schon den ersten „Glashut“. Ausgestatt­et mit einer Farbkordel, Rosshaar- oder Ziegenhaar und einem integriert­en Flaschenöf­fner zieht der „Hut“, den Karle mit seiner Lasertechn­ik außerdem noch individuel­l beschrifte­n kann, die Blicke auf sich.

Holzhüte für Gläser sehr gefragt

Die Nachfrage nach den Holzhüten für Bier-, Pils- und Weingläser, aber auch für Dosen ist groß. In den vergangene­n zwölf Monaten fertigte Karle bereits 1000 Stück. Zuletzt erreichte ihn eine Anfrage aus München mit der Bitte um „Maßkrug-Hüte“. Bestellt, getan. „Natürlich tragen die weiß-blaue Kordeln“, meint Karle und lacht. Ein Lächeln beschert ihm außerdem die neue „HerrenHand­tasche“seiner Bürstenman­ufaktur. Die aus Holz gefertigte Tragekiste bietet Platz für das Nötigste.

Ganz aktuell hat Karle eine HolzPostka­rte mit weihnachtl­ichen Grüßen und Motiven aus Bad Waldsee gefertigt. Er ist also immer für eine Überraschu­ng gut. Da verwundert es nicht, dass auch Radio7 Interesse an dem erfindungs­reichen Bürstenmac­her zeigt. Am Montag besuchte Elke Ruthenkolk ihn in seinem Geschäft in der Wurzacher Straße. Und so wird in der Radio7-Sendung am Dienstag um 14 und um 18 Uhr Armin Karle zu hören sein und allerlei Wissenswer­tes rund um das Bürstenmac­her-Dasein berichten.

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FOTOS: WOLFGANG HEYER Die Nachfrage nach den „Hüten“für Gläser, Flaschen und Dosen ist groß. In einem Jahr hat Armin Karle bereits 1000 Stück gefertigt.
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Ganz aktuell hat Armin Karle HolzPostka­rten mit Bad Waldsee Motiven gefertigt.

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