Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Zu teure Schweineborsten bedrohen den Beruf des Bürstenmachers
Armin Karle geht mit Kreativität gegen existenzbedrohende Probleme vor – Heute ist er bei Radio7 zu hören – Neu: „Glashut“
BAD WALDSEE - Der Bad Waldseer Bürstenmacher Armin Karle hat seine Kreativität erneut unter Beweis gestellt und sein vom Aussterben bedrohtes Handwerk neu erfunden. Er geht unter die „Hutmacher“und fertigt schicke Abdeckungen für Gläser, Flaschen und Dosen, um Wespen und Fliegen fernzuhalten. Das ist umso wichtiger, weil Schweineborsten allerorts rar sind und die Bürstenmanufaktur vor Probleme stellt. Da müssen neue Geschäftsfelder her.
„Mit den Schweineborsten wird es zu Ende gehen“, sagt Karle etwas zerknirscht. Bei Lieferanten gebe es bestimmte Borstenlängen gar nicht mehr im Angebot oder nur noch zu extrem teuren Preisen. „Daran sind die Handys schuld“, erklärt Karle und ergänzt: „bei der Produktion werden die Platinen mit Schweineborsten entgratet.“Nach einer Alternative zu den Schweineborsten gefragt, schüttelt der Bürstenmacher nur den Kopf. „Es gibt keine“, so der 57-Jährige, der zukünftig einige langjährige Produkte nicht mehr herstellen kann. Exemplarisch nennt er die harte Haarbürste, Handwaschbürste oder Massagebürste.
Doch das ist nicht das einzige Problem, das den Bürstenmacher sorgt. Auch die Billig-Konkurrenz, die mit Plastik arbeitet, bereitet ihm Kopfzerbrechen. Oftmals weisen billige, industrielle Besen einen Anteil von 90 Prozent Plastik auf. „Aber für einen gescheiten Besen braucht es auch gescheites Material“, betont Karle und weiß, dass seine RosshaarBesen 30 Jahre lang fegen und nicht nach einem halben Jahr schon verbogene Borsten aufweisen.
Doch Karle lässt sich von alldem nicht unterkriegen. Schließlich ist er für seine Kreativität bekannt. Bereits zweimal hat er es ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft – mit dem weltgrößten Straßenbesen und einer gigantischen Badebürste. Er ist eben ein „Einfallspinsel“, wie er sich augenzwinkernd selbst bezeichnet. Vor einem Jahr hatte er den nächsten erfolgversprechenden Einfall: Abdeckungen für Gläser und Flaschen. „Wir grillen gerne und als wir draußen saßen und die Wespen wieder plagten, kam die Idee mit dem Deckel auf“, erinnert sich der Bad Waldseer an den ersten Impuls zurück. Schnell machte sich der Tüftler ans Werk und drechselte zunächst einen Deckel und wenig später schon den ersten „Glashut“. Ausgestattet mit einer Farbkordel, Rosshaar- oder Ziegenhaar und einem integrierten Flaschenöffner zieht der „Hut“, den Karle mit seiner Lasertechnik außerdem noch individuell beschriften kann, die Blicke auf sich.
Holzhüte für Gläser sehr gefragt
Die Nachfrage nach den Holzhüten für Bier-, Pils- und Weingläser, aber auch für Dosen ist groß. In den vergangenen zwölf Monaten fertigte Karle bereits 1000 Stück. Zuletzt erreichte ihn eine Anfrage aus München mit der Bitte um „Maßkrug-Hüte“. Bestellt, getan. „Natürlich tragen die weiß-blaue Kordeln“, meint Karle und lacht. Ein Lächeln beschert ihm außerdem die neue „HerrenHandtasche“seiner Bürstenmanufaktur. Die aus Holz gefertigte Tragekiste bietet Platz für das Nötigste.
Ganz aktuell hat Karle eine HolzPostkarte mit weihnachtlichen Grüßen und Motiven aus Bad Waldsee gefertigt. Er ist also immer für eine Überraschung gut. Da verwundert es nicht, dass auch Radio7 Interesse an dem erfindungsreichen Bürstenmacher zeigt. Am Montag besuchte Elke Ruthenkolk ihn in seinem Geschäft in der Wurzacher Straße. Und so wird in der Radio7-Sendung am Dienstag um 14 und um 18 Uhr Armin Karle zu hören sein und allerlei Wissenswertes rund um das Bürstenmacher-Dasein berichten.