Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Die große Freude am Klischee
Theaterverein Bergatreute feiert Premiere mit „Achtung, Deutsch!“
BERGATREUTE (sz) - Als sich Henrik Schlüter in den Skiurlaub verabschiedet, wird der Albtraum aller Reichsbürger Realität: In der Multikulti-WG schwingt jetzt Tarik AlHassan das Zepter. Ein Syrer, der auch noch die Kreuzzüge studiert. Der Theaterverein Bergatreute hat nach eigenen Angaben am Freitag, den 16. November, die Premiere seines neuen Stücks „Achtung, Deutsch!“gefeiert.
Es sei ein Theaterabend über Klischees und die Kunst gewesen, über sich selbst lachen zu können, heißt es in der Pressemitteilung. Da ist der Hauptmieter Henrik, der als einziger Deutscher natürlich alles im Griff hat, sich um Mietzahlungen und bürokratischen Hürden kümmert. Zumindest glaubt er das, denn schnell wird klar, dass jemand anderes hier die Fäden spinnt: Student Tarik, der aus Syrien stammt und kurz vor seiner Einbürgerung steht. Er organisiert den Haushalt und hält, als guter Moslem, noch jeder sündigen Versuchung stand.
Ganz anders seine Mitbewohner: Der grantelnde Ösi Rudi, für den alle Deutschen depperte Piefkes sind und der zudem ständig betrunken ist. Dann ist da noch die Französin Virgine, eine aufreizende „femme fatale“, die dank ihres bezaubernden Akzents und des Schlafzimmerblicks selten allein ins Bett geht. Nach einer durchzechten Nacht kommt es da auch schon mal zum nächtlichen Tete-à-Tete mit Enzo, dem italienischen Testosteron-Trottel aus dem Nebenzimmer. Dieser „Karneval der Kulturen“auf 30 Quadratmetern geht nicht konfliktlos über die Bühne. Political Correctness dürfe der Zuschauer laut Verein nicht erwarten. Diskriminiert werde jedoch ebenso wenig, denn jeder bekomme sein Fett weg.
Zusammen steht die ungleiche WG erst, als es zu einer existenziellen Bedrohung kommt. Mit dem kleinbürgerlichen Nachbarn Schröder, der bis zum letzten Atemzug für die Einhaltung der Hausordnung kämpft, und dem Wohnungsverwalter Reize, der eine „normale“deutsche Familie in der Wohnung wähnt, treten die natürlichen Antipoden einer jeden Studenten-WG auf den Plan. Jetzt droht nicht nur der Verlust der Wohnung, auch Tarik sieht sich schon als Reiseführer in Damaskus, anstatt mit einem deutschen Pass ausgestattet. Was folgt sind Irrungen und Wirrungen.
Die Studenten beschließen, sich dem Prüfer der Baugenossenschaft als typisch deutsche Familie zu präsentieren – so, wie es eben im Mietvertrag steht. Die Deutsch-Transformation macht aus dem friedvollen Tarik einen cholerischen FeinrippProleten, der seine Frau zum Bierholen abkommandiert. Französin Virgine begibt sich wiederum devot in die Rolle des biederen Hausmütterchens, während Ösi Rudi aufgrund seines verräterischen WienerSchmähs zum stummen, autistischen Sohn umfunktioniert wird.
Im finalen Akt schlage schließlich die große Stunde des KarlHeinz Hausch, seines Zeichens Altmeister des Bergatreuter Theatervereins, teilt der Theaterverein mit. Als Hausmeister Schröder droht er den Studenten, den Schwindel auffliegen zu lassen. Die greifen ihrerseits zu einer drastischen Gegenmaßnahme, die ihren Höhepunkt in einem verführerischen Spiel zwischen Gut und Böse auf dem Wohnzimmertisch der WG findet. Die Sexfalle schnappt zu, und unweigerlich fühle man sich an den Filmklassiker „Die Reifeprüfung“erinnert.
Weitere Termine:
Freitag, 30. November / 20 Uhr Samstag, 1. Dezember / 20 Uhr Sonntag, 2. Dezember / 18 Uhr Freitag, 7. Dezember / 20 Uhr Samstag, 8. Dezember / 20 Uhr