Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Polen plant mit Kohle und Atomkraft
Energieminister Tchórzewski will trotzdem die europäischen Ziele beim CO2-Ausstoß erfüllen
WARSCHAU - Wenige Tage vor Beginn der UN-Klimakonferenz, die die Senkung des weltweiten CO anvisiert, hat das Gastgeberland Polen seine Energiestrategie bis zum Jahr 2040 vorgestellt. Darin ist auch der Bau von Kernkraftwerken mit bis zu sechs Reaktorblöcken enthalten.
Stein- und Braunkohle im gleichen Umfang wie bisher für die Stromerzeugung zu nutzen, gleichzeitig den zusätzlichen Energiebedarf des Landes durch Wind- und Solarenergie und ab 2033 auch mit Atomstrom zu decken – das ist die Zauberformel, die Polens Energieminister Krzysztof Tchórzewski innerhalb eines Energiestrategieplans seines Landes entwickelt hat. Damit will sich Polen auch als guter Gastgeber des UN-Klimagipfels präsentieren, der am Montag in Katowice beginnt. „Wir werden den steigenden Energiebedarf unseres Landes sichern, gleichzeitig aber auch die europäischen Ziele beim CO2-Ausstoß erfüllen“, sagte Tchórzewski bei der Vorstellung seines Plans.
Polen gilt bisher als Klimasünder, weil dort noch 80 Prozent des Stroms aus Kohle erzeugt werden und die Modernisierung veralteter Kraftwerke nur langsam vorankommt. Pro Kopf der Bevölkerung ähnelt der gesamte Treibhausgasausstoß östlich der Oder allerdings dem in Deutschland.
Bei genauerer Betrachtung der polnischen Energiestrategie zeigt sich jedoch, dass darin keine absolute, sondern nur eine relative Senkung des CO2-Ausstoßes vorgesehen ist. Der Plan sieht sogar die Erschließung neuer Steinkohlestollen und Braunkohletagebaue vor, unter anderem in Turow in der Oberlausitz östlich von Zittau. Die national-konservative PiS-Regierung hält damit an ihrem politischen Versprechen fest, dass die Kohlenutzung eine Zukunft hat. Ein weiterer möglicher Braunkohletagebau östlich von Guben (Spree-Neiße), von dem seit Jahren die Rede ist, wird in dem Dokument aber nicht genannt.
Dafür tauchen die Pläne für den Bau von Atomkraftwerken wieder auf, die schon zu Beginn dieses Jahrzehnts von der Vorgängerregierung entwickelt worden sind, dann aber wegen der hohen Kosten und der ungeklärten Frage eines Endlagers für Atommüll verschoben wurden. Diese Pläne hatten seinerzeit erhebliche Proteste bei polnischen und deutschen Umweltaktivisten ausgelöst, zumal es in Polen bisher keine Atomkraftwerke gibt.
Als mögliche Standorte für das erste Kernkraftwerk, das ab 2033 ans Netz gehen soll, werden in dem Strategieplan Zarnowiec und Kopalino genannt – zwei kleine Orte nahe der pommerschen Ostseeküste nordwestlich von Danzig. In dem Plan heißt es auch, dass Windkraftanlagen künftig nur noch offshore gebaut werden soll. Kritiker im Nachbarland zweifeln die Finanzierbarkeit an.
Unterdessen stellte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel eine Strategie vor, mit deren Hilfe Europas Wirtschaft bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden soll.