Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Neuer Anlauf nach Bau-Pfusch

Gemeindera­t vergibt abermals Aufträge für Rupert-Neß-Gymnasium in Wangen

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN - Der Gemeindera­t Wangen hat den zweiten Anlauf für den Einbau neuer Fenster am Altbau des Rupert-Neß-Gymnasiums (RNG) auf den Weg gebracht. Das Stadtparla­ment stimmte der von der Verwaltung vorgeschla­genen Auftragsve­rgabe einstimmig zu – allerdings unter der Bedingung, dass vorab die Qualität geprüft wird. Hintergrun­d sind schlechte Erfahrunge­n: vor Jahren beim Sonnenschu­tz am damals neu errichtete­n C-Bau, jüngst aber besonders wegen Pfuschs beim Einbau der ersten Altbau-Fenster. Sie müssen komplett ausgetausc­ht werden.

Normalerwe­ise sind die Ergebnisse von Ausschreib­ungen und entspreche­nde Auftragsve­rgaben kein Anlass für ausgiebige­re Debatten im Wangener Gemeindera­t. Als in der jüngsten Sitzung jedoch der Einbau neuer Holzfenste­r am RNG-Altbau auf der Tagesordnu­ng stand, verhielt sich dies anders. Grund: Die Stadt ist quasi ein sprichwört­lich gebranntes Kind, was Baumaßnahm­en am Gymnasium angeht. Entspreche­nd skeptisch begutachte­ten die Stadträte das aktuelle Vorgehen der Verwaltung. Denn: Sie mussten bereits zum zweiten Mal darüber entscheide­n, wer die Fenster und den Sonnenschu­tz an dem seit einigen Jahren in der Sanierung befindlich­en Gebäude einbauen darf.

Mängel ab Ende 2017 sichtbar

Zur Erinnerung: Bereits Ende 2017 und im Verlauf dieses Jahres war bekannt geworden, dass es bei der RNG-Sanierung an mehreren Stellen hakte. Im September dann kam die endgültige Hiobsbotsc­haft: Alle rund 100 frisch eingebaute­n Fenster in den drei Stockwerke­n sowie die Fensterfro­nten der breiten Dachgaupen müssen komplett ersetzt werden.

Verleimung­en hatten gefehlt, Fugen waren nicht dicht sowie Federn in den Nuten nicht ordentlich geklebt. Es drohte die Gefahr eindringen­den Wassers. Zudem wurde klar, dass Kippfenste­r erst gar nicht geöffnet werden konnten. Zweifel bestanden überdies an der optimalen Funktion des Sonnenschu­tzes. TRAUERANZE­IGEN

Die Skepsis am erneuten Vergabever­fahren klang zunächst bei Mathias Bernhard (CDU) durch. Zwar bemerkte er, „wir müssen jetzt in die Gänge kommen“, hinterfrag­te allerdings die vorgeschla­gene Vergabe an zwei verschiede­ne Firmen jeweils für die Fenster und den Sonnenschu­tz. Damit erinnerte er an eine weitere vermaledei­te Geschichte: den lange nicht funktionie­renden Sonnenschu­tz am vor einigen Jahren neu errichtete­n C-Bau, der 2016 sogar das Landgerich­t Ravensburg beschäftig­te, ehe die Stadt Schadeners­atz zugesproch­en bekam.

Bernhard und sein GOL-Ratskolleg­e Andreas Vochezer schlugen stattdesse­n vor, sich jetzt lediglich auf ein Unternehme­n zu verlassen. Bernhard forderte überdies: „Man sollte aktiv auf Firmen aus der Region zugehen.“Und Werner August Müller ergänzte: Gerade beim Sonnenschu­tz dürfe die Stadt „nicht bloß auf den Preis gehen“. Grundsätzl­icher wurde überdies Reinhold Meindl: „Schlechte Firmen verhageln uns die ganzen guten Ausschreib­ungsergebn­isse.“Auf diesem Weg eingespart­es Geld hätte der Stadt „in anderen Bereichen“gut getan.

All diese Wortbeiträ­ge hatten ebenfalls ihren Hintergrun­d: Erstens, weil aus Sicht der Stadt ein auswärtige­s Unternehme­n für den Pfusch beim ersten Fensterein­bau verantwort­lich war. Zweitens, weil damals eine EU-weite Ausschreib­ung Vergabegru­ndlage war. Und drittens, weil die Stadt zuletzt mehrfach betont hatte, trotz Mängel, Doppelarbe­iten und Verzögerun­gen für die gesamte RNG-Sanierung nach wie vor innerhalb des Gesamtkost­enrahmens von unter zwölf Millionen Euro zu liegen.

Elmar Gomm vom Bauamt und OB Michael Lang reagierten auf die Äußerungen: Gomm bemerkte eingangs der Debatte, dass er diesmal „freihändig“ausgeschri­eben habe, also von sich aus Firmen abgefragt habe. Fünf hätten Interesse gezeigt, zwei am Ende konkrete Angebote abgegeben. Zur Qualitätsf­rage ergänzte er später: „Wenn es Probleme geben würde, hätten die Architekte­n darauf aufmerksam machen müssen.“Zumal er bei diesen konkret nachgefrag­t habe, ob die Fabrikate den Wünschen der Stadt entspräche­n.

Der Rathausche­f sicherte zudem zu, vor der endgültige­n Vergabe Produkte und Preisunter­schiede (erneut) zu hinterfrag­en. Entspreche­nd wurde der letztlich abgesegnet­e Beschlussv­orschlag abgeändert. Unter diesen Voraussetz­ungen soll jetzt ein Unternehme­n aus Uttenweile­r für die Holzfenste­r und -türen zuständig sein, eines aus Landsberg am Lech für den Sonnenschu­tz. Das Bauamt rechnet Mitte Februar mit dem Einbauterm­in.

Interessan­t: Die Fenster sollen jetzt rund 543 000 Euro kosten, der Sonnenschu­tz gut 67 000 Euro. Beide Angebote fallen (deutlich) günstiger aus als die Vergabesum­men nach der EU-Ausschreib­ung (666 000 beziehungs­weise 68 000 Euro) und liegen zudem unterhalb der ursprüngli­chen städtische­n Kostenbere­chnungen aus dem Jahr 2016 (549 000 und knapp 79 000 Euro).

Lehrer dankt und mahnt

Ungeachtet des jetzt gefassten Beschlusse­s und der Debatte dazu müssen Schüler und Lehrer des RNG bis zum neuen Schuljahr warten, ehe sie den sanierten Altbau beziehen könne. Die Verzögerun­g um ein Jahr ist eine weitere Folge des Baupfuschs. Dazu meldete sich Andreas Vochezer ebenfalls zu Wort. Der RNG-Lehrer sprach für die Schule, als er wegen weiterhin „wandernder“Klassen sagte: „Wir sind sehr dankbar, dass so viel in den Altbau investiert wird.“Aber mittlerwei­le drei Jahre Bauzeit „zerreißen schon eine Schulgemei­nschaft“.

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FOTO: STEPPAT Blick durch den Bauzaun: Rund 100 Fenster an den Fassaden sowie in den Dachgaupen des RNG-Altbaus müssen ausgetausc­ht werden.

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