Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Dank Dreßen-Schub
Luitz feiert in Beaver Creek Riesenslalom-Comeback
BEAVER CREEK (dpa) - An einen der wichtigsten Momente in seiner Reha erinnert sich Stefan Luitz ganz genau. Der niederschmetternde Kreuzbandriss war gerade einen Monat her, statt sich auf Olympia vorzubereiten, konnte der Skirennfahrer nicht richtig laufen. Den Weltcup gab es für Luitz nur im Fernsehen – und dann passierte es: Thomas Dreßen gewann im Januar in Kitzbühel. „Ich kriege immer noch Gänsehaut, wenn ich an dieses Rennen denke“, sagt der 26-jährige Allgäuer. „Solche Emotionen bekommt man nur im Sport. Thomas hat mir diesen Anreiz gegeben, diese Extramotivation, wieder dahin zu kommen, wo ich einmal war.“
Stefan Luitz meint damit die Weltspitze, vor seiner Verletzung im Dezember 2017 war der Mann vom SC Bolsterlang in beiden Riesenslaloms der Saison auf das Podium gerast. Am Sonntagabend (17.45 und 20.45 Uhr; Eurosport/ZDF-Livestream) gibt er nun in Beaver Creek sein Riesentorlauf-Comeback. „Der Hang liegt ihm ganz gut, da ist er im Vorjahr Dritter geworden“, erinnerte Bundestrainer Mathias Berthold. Sofort vom Angriff auf die Top drei auszugehen, das wäre aber vermessen. „Die Top 15 schafft er aus meiner Sicht allemal“, prognostizierte Alpin-Chef Wolfgang Maier. „Vielleicht kann er sich sogar unter den besten fünf bewegen.“
Weil der Weltcup-Auftakt in Sölden Ende Oktober dem schlechten Wetter zum Opfer fiel, ist das Rennen im US-Bundesstaat Colorado die erste Standortbestimmung für Luitz in seiner Paradedisziplin. Und gleich steht er im Fokus des deutschen Teams, weil Felix Neureuther nach seinem Daumenbruch nicht antreten kann. Wie jetzt bestätigt wurde, muss der Partenkirchener sein Comeback noch einmal verschieben.
Warten, sich gedulden, den anderen zuschauen – das mussten Luitz und Neureuther in der vorigen Saison. Ein paar lange Wochen bildeten die zwei Techniker sogar eine RehaWohngemeinschaft und motivierten sich gegenseitig bei Aquagymnastik und Langlauf für die Rückkehr. Luitz’ Formaufbau im Sommer klappte tadellos. Nach einem Urlaub in Thailand mit Freundin Sarah quälte sich der Athlet im Kraftraum, Ende Juli trainierte er dann auf dem Gletscher erstmals mit dem Team. Die Verletzung habe Luitz „sehr gut weggesteckt, ist in der Reha immer im Plan gelegen“, berichtete DSV-Funktionär Maier. „Er fährt so gut wie vor der Verletzung“, sagte Coach Berthold, schränkte aber ein: „Um der Alte zu werden, braucht man Rennerfahrung. Und das dauert meist ein bisschen.“
Ein harmloser Schwung, kein Sturz
Schon vor Sölden soll Luitz in bestechender Trainingsform gewesen sein. Nun geht es für ihn darum, Vertrauen in das linke Knie zu haben. Luitz hatte sich das Kreuzband im Dezember 2017 in Alta Badia bei einem vermeintlich harmlosen Schwung ohne Sturz gerissen. „Es war, muss ich ehrlich zugeben, nicht ganz leicht. Wenn ich eine g’scheide Brez’n oder einen Sturz gehabt hätte, dann hätte man sagen können, das kann mal passieren“, so der Allgäuer. „Daran aber habe ich wirklich mental arbeiten müssen und werde da auch weiter dran bleiben.“
Stefan Luitz galt jahrelang als Nervenbündel, weil er viele Chancen auf Top-Platzierungen mit vermeidbaren Fehlern vergab. Das änderte sich in der vergangenen Saison, ehe ihn das Verletzungspech so massiv ereilte. Ganz der Alte muss Stefan Luitz also nicht mehr werden. Sondern eher einer wie Thomas Dreßen. Der aus dem Winter 2017/18.