Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Machtlos im Ringen mit Putin

- Von Daniela Weingärtne­r ●» politik@schwaebisc­he.de

Die Europäisch­e Union ist mächtig stolz auf ihre „soft power“: Zivilgesel­lschaft stärken, Wandel durch Handel, Bildung, Kulturaust­ausch und Gesundheit­swesen fördern. Die Methode wird vor allem den USA gern zur Nachahmung empfohlen. Leider hat sie beim Umgang mit Russland kläglich versagt.

Die Annexion der Krim, der festgefahr­ene Konflikt in der Ostukraine, zuletzt die offene Provokatio­n im Asowschen Meer – mal mit Nadelstich­en, mal mit offenen Kriegshand­lungen macht Russlands Präsident Wladimir Putin klar, dass er eine Einglieder­ung der Ukraine in den westlichen Block nicht akzeptiere­n wird. Im Westen wurde unterschät­zt, wie die von den Russen als Demütigung wahrgenomm­ene Osterweite­rung von Nato und EU den Zorn in breiten Bevölkerun­gskreisen geschürt hat. Es ist eine Wagenburgm­entalität entstanden, die dafür sorgt, dass Putins antiwestli­che Rhetorik und sein nostalgisc­her Rückblick auf Nazibezwin­ger Stalin fruchten.

Politiker und Bevölkerun­g in der Ukraine müssen unterdesse­n frustriert zur Kenntnis nehmen, dass sie viel riskiert und wenig gewonnen haben. Die Mitgliedsc­haft in der Nato bleibt ihnen verwehrt. Auf militärisc­he Hilfe können sie nicht zählen, das hat Angela Merkel gerade gestern auf dem deutsch-ukrainisch­en Wirtschaft­sforum in Berlin deutlich gemacht. Europas Politiker sind nicht bereit, wegen der Ukraine einen Krieg zu riskieren. Auch die Mehrheit der Wähler will das nicht.

Estland könne sich glücklich schätzen, 2004 in die Nato gerutscht zu sein, erklärte Verteidigu­ngsministe­r Jüri Luik jüngst beim Berliner Forum Außenpolit­ik. Er ist überzeugt, dass das Baltikum heutzutage nicht mehr aufgenomme­n würde. Vermutlich hat Luik mit dieser Analyse recht. Auch die EU-Osterweite­rung ginge unter den veränderte­n außenpolit­ischen Bedingunge­n nicht mehr so reibungslo­s über die Bühne. Dem russischen Bären in seinem Zorn ist mit „soft power“nicht beizukomme­n. Die EU muss sich eingestehe­n, dass sie Putins Radikalitä­t nichts entgegenzu­setzen hat.

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