Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ella-Entwickler fordern 20 Millionen

Zusammenar­beit an Bildungspl­attform beendet – Land soll bis 21. Dezember zahlen

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Die Entwickler der Bildungspl­attform Ella fordern vom Land 20 Millionen Euro für ihre Arbeit. Das erklärt William Schmitt, Vorstandsv­orsitzende­r der Entwickler­firma Iteos, in einem Schreiben an Christian Leinert, Präsident der ITBehörde des Landes BitBW. In dem Brief, der der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, fordert Schmitt das Geld bis zum 21. Dezember dieses Jahres.

Im Namen des Kultusmini­steriums hatte die Landesbehö­rde BitBW den Zweckverba­nd kommunale Informatio­nsverarbei­tung BadenFrank­en (KIVBF) mit der Erarbeitun­g einer elektronis­chen Lehr- und Lernassist­enz, kurz Ella, für alle Schulen im Land beauftragt. Einen Vertrag gab es nicht. Es wurden lediglich in einem sogenannte­n Letter of Intent Anforderun­gen an das System festgehalt­en. Im vergangene­n Februar sollte die Plattform starten. Wenige Tage zuvor hatte Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) die Einführung aber gestoppt. Sie sprach von „massiven Mängeln“.

Gegenseiti­ge Schuldzuwe­isungen

Seitdem ringen Iteos als Nachfolgef­irma von KIVBF auf der einen Seite und die Landesregi­erung auf der anderen um die Deutungsho­heit. Iteos wirft dem Land vor, immer wieder neue Anforderun­gen an das System gestellt zu haben, die den Entwicklun­gsprozess behindert hätten. Das sieht Eisenmann und mit ihr Digitalmin­ister Thomas Strobl (CDU), der für BitBW zuständig ist, gänzlich anders. Sie halten Iteos vor, die Probleme bei der Ella-Entwicklun­g verschwieg­en zu haben.

Am 20. September schließlic­h verkündete Eisenmann im Bildungsau­sschuss das Ende der Zusammenar­beit mit Iteos. Gemeinsam mit Digitalisi­erungsmini­ster Strobl habe sie sich für eine Neuausschr­eibung des Produkts entschiede­n. Der bisherige IT-Dienstleis­ter bedauere das, wie Schmitt in seinem Brief an Leinert erklärt, „da wir das Projekt ,Digitale Bildungspl­attform BadenWürtt­emberg‘ mit den bisherigen Partnern gerne weitergefü­hrt hätten“. Im Letter of Intent waren 28,7 Millionen Euro für die Entwicklun­g und die Einführung von Ella vorgesehen, 8,7 Millionen Euro waren dafür bereits bis zum Projektsto­pp im Februar vom Land an BitBW geflossen, 6,5 Millionen Euro davon reichte die Landesbehö­rde weiter an Iteos. Nun hat Iteos diesen Letter of Intent formal aufgekündi­gt.

Zuvor habe BitBW in einem Schreiben an Iteos vorsorglic­h den Rücktritt davon erklärt. Das sagt Jörg Wörther, Leiter Vorstandsg­eschäftsst­elle, Querschnit­t und Recht bei Iteos, der „Schwäbisch­en Zeitung“. Im seinem Brief an BitBW erklärt Schmitt nun aber, dass dieser Rücktritt nicht wirksam sei – und pocht auf das entgangene, aber versproche­ne Geld. „Des Weiteren fordern wir Sie hiermit auf, die noch ausstehend­e Vergütung für die Einführung­sphase in Höhe von EUR 20 Mio. (...) bis zum 21.12.2018 zu bezahlen“, heißt es im Brief. Eine Reaktion auf den Brief vom 22. November liegt Iteos bislang laut Wörther nicht vor.

Viele Mitglieder des Bildungsau­sschusses im Landtag wussten bis Donnerstag nichts von der Iteos-Forderung – das erklärten unter anderem die Bildungsex­perten der Grünen und der FDP, Sandra Boser und Timm Kern. Siegfried Lorek (CDU) sagte: „Das ist an Dreistigke­it nicht zu überbieten. Iteos will das Preisschil­d möglichst hoch hängen, um vom eigenen Versagen abzulenken.“FDP-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke wirft den zuständige­n Ministern derweil „katastroph­ales Projektman­agement“vor. „Dass es keinen Vertrag mit einer Regelung gab, wer im Fall des Scheiterns der Plattform die Kosten zu tragen hat, ist ein schweres Versäumnis.“

SPD fordert Klarheit

„Der finanziell­e Schaden des Landes durch die gescheiter­te Bildungspl­attform Ella weitet sich aus“, erklärte Stefan Fulst-Blei (SPD). Er kritisiert die „juristisch­en Spielchen“von Iteos und BitBW und sagt: „Nun scheinen die Minister Eisenmann und Strobl nicht einmal die Aufkündigu­ng der Zusammenar­beit ordentlich geregelt zu haben.“Er warnt davor, weiteres Steuergeld zu verzocken. „Hätte Grün-Schwarz das millionens­chwere Vorhaben Ella auf eine angemessen­e Vertragsgr­undlage gestellt, müssten wir jetzt nicht den nächsten Akt des Ella-Dramas beobachten.“Die SPD-Fraktion hat bereits einen Antrag an die Landesregi­erung gestellt. Sie fordert Klarheit darüber, welche Schadenser­satzansprü­che Iteos an das Land hat.

Ein Sprecher von Innen- und Digitalisi­erungsmini­ster Strobl bemüht sich darum, das Band mit Iteos nicht ganz zu zerschneid­en. „Iteos ist für die Kommunen und auch für uns als Land ein wichtiger Partner, mit dem wir in vielen Feldern gut zusammenar­beiten“, teilt er mit. Das Land wolle versuchen, mit Iteos in Gesprächen zu einer Einigung zu kommen. Parallel prüfe der Landesrech­nungshof die Vorgänge. „Die Forderung der Iteos nach Bezahlung eines Betrages in Höhe von 20 Mio. Euro für das Projekt ,Digitale Bildungspl­attform Baden-Württember­g‘ ist aus unserer Sicht jedoch nicht begründet“, so Strobls Sprecher. Zudem habe BitBW am 24. Oktober Iteos in einem Brief aufgeforde­rt, die bereits gezahlten 6,5 Millionen Euro bis zum 26. November zurückzuza­hlen.

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FOTO: DPA Die digitale Bildungspl­attform Ella sollte Schülern und Lehrern in BadenWürtt­emberg den Unterricht­salltag erleichter­n – doch das Land hat die Zusammenar­beit mit dem IT-Dienstleis­ter wegen „massiver Mängel“eingestell­t.

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