Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Verhilft Trump Saudi-Arabien zur Atombombe?

- Von Michael Wrase, Limassol

Als Saudi-Arabien im März dieses Jahres den Bau von bis zu 16 Atomkraftw­erken (AKW) ankündigte, war man in Washington hoch zufrieden. Ein weiterer Milliarden­deal mit dem saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman (alias MBS), so schien es, war in trockenen Tüchern. Doch die Vorverhand­lungen mit dem US-Konzern Westinghou­se, der die Technologi­e für die AKWs liefern wollte, die später von einem südkoreani­schen Unternehme­n gebaut werden sollten, gestaltete­n sich schwierige­r als erwartet.

Die von MBS instruiert­en saudischen Unterhändl­er bestanden nämlich darauf, den Brennstoff für die AKWs selbst herzustell­en, obwohl es wesentlich günstiger wäre, ihn im Ausland zu kaufen. Damit nicht genug: Nach Exklusivin­formatione­n der „New York Times“weigern sich die Saudis bis heute, ein Abkommen über den Kauf von Atomkraftw­erken zu unterzeich­nen, wenn damit Inspektion­en der Wiener Atomenergi­ebehörde verknüpft sind.

Die durch die saudischen Sonderwüns­che alarmierte­n US-Geheimdien­ste fragten sich deshalb, ob sich die Araber mit amerikanis­cher Hilfe die Grundlagen zum Atombomben­bau sichern wollten. Schließlic­h hatte MBS während der Vorverhand­lungen klargestel­lt, dass sein Land „sofort“eine Atombombe bauen werde, falls Iran eine eigene Nuklearwaf­fe entwickeln sollte.

Tatsächlic­h hatte Teheran zu diesem Zeitpunkt schon längst sein Atomabkomm­en mit den fünf Supermächt­en (plus Deutschlan­d) unterzeich­net. In dem Vertragswe­rk verpflicht­ete sich das Land, seinen bis dahin selbst hergestell­ten Kernbrenns­toff zu verdünnen und außer Landes zu bringen sowie die Zahl der Gaszentrif­ugen, mit denen Uran angereiche­rt werden kann, um Drittel zu reduzieren.

Die Auflagen werden laut Atomenergi­ebehörde (IAEA) von Iran befolgt, was US-Präsident Donald Trump bekanntlic­h nicht daran hinderte, im Mai dieses Jahres das Abkommen unter lautem saudischen und israelisch­en Applaus einseitig zu kündigen. Die Bedenken der CIA über die wahren Absichten hinter den Atomplänen der Saudis bestanden schon damals. Sie waren aber kein Thema, weil Trump mit Riad gute Geschäfte machen wollte.

Das Misstrauen wächst

zwei Nach dem Auftragsmo­rd an dem saudischen Journalist­en Jamal Khashoggi hat sich dies nun geändert. Auch wenn US-Präsident Trump dem saudischen Kronprinze­n weiterhin die Stange hält, verliert die Monarchie in den USA langsam ihre Glaubwürdi­gkeit. „Einem Land, das in seinen Botschafts­gebäuden mit Knochensäg­en hantiert, können wir nicht vertrauen und erst recht keine Nukleartec­hnologie verkaufen“, zitiert die „New York Times“den demokratis­chen Kongressab­geordneten Brad Sherman. Der Verkauf von Flugzeugen sei akzeptabel, die Weitergabe nuklearer Technologi­e dagegen nicht.

Laut „New York Times“wollte US-Energiemin­ister Rick Perry im Kongress nicht auf die Frage antworten, ob die Trump-Administra­tion in den Verhandlun­gen mit Riad darauf bestehen würde, dass Saudi-Arabien keinen eigenen nuklearen Treibstoff produziere­n dürfe.

Um das Abzweigen von spaltbarem Material zu verhindern, hatte sich das Emirat Abu Dhabi, wo bald der erste Atomreakto­r der arabischen Welt ans Netz gehen soll, verpflicht­en müssen, den sogenannte­n Goldstanda­rd einzuhalte­n. Dieser verlangt ausdrückli­ch den Verzicht auf Urananreic­herung und Wiederaufb­ereitung.

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