Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Spielbergs Mission

„Schindlers Liste“kommt zum Jubiläum wieder in die Kinos

- Barbara Munker

LOS ANGELES (dpa) - Als Regisseur von Hits wie „Der weiße Hai“, „Jäger des verlorenen Schatzes“, „E. T.“und „Jurassic Park“brachte Steven Spielberg Milliarden in die Kinokassen. Doch erst mit seinem HolocaustD­rama „Schindlers Liste“wurde er als Filmemache­r richtig ernst genommen. Er war 46 Jahre alt, als er vor 25 Jahren sein bis dahin persönlich­stes und eindringli­chstes Werk in die Kinos brachte und Millionen Menschen in aller Welt rührte und aufwühlte.

Sein Film über den deutschen Industriel­len Oskar Schindler, der während des Zweiten Weltkriegs in seiner Krakauer Fabrik über 1100 jüdische Arbeiter vor dem Holocaust rettete, feierte am 30. November 1993 in Washington Premiere. Der US-Kinostart folgte am 15. Dezember 1993, der deutsche Kinostart am 3. März 1994.

Der dreieinhal­b Stunden lange Schwarz-Weiß-Film, mit Liam Neeson in der Hauptrolle, wurde mit sieben Oscars ausgezeich­net. Bei der Preisgala im März 1994 wurde Spielberg zum besten Regisseur gekürt und holte als Produzent auch den Oscar für den besten Film. 350 000 Holocaustz­eugen seien noch am Leben, sagte der Filmemache­r damals. „Bitte hört auf ihre Worte und lehrt das an den Schulen“, appelliert­e er von der Oscar-Bühne an Lehrer und Erzieher.

Für Spielberg bedeuteten die Dreharbeit­en ein „Wiedererwa­chen“als Jude. Er hatte das Projekt viele Jahre ruhen lassen, ehe er sich schließlic­h an das düstere Holocaustk­apitel wagte. Der HollywoodR­egisseur drehte über Monate hinweg vor den Toren des einstigen Konzentrat­ionslagers Auschwitz.

Anlässlich des 25. Jahrestags bringt das Studio Universal Pictures den Film am 27. Januar 2019, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalso­zialismus, technisch überarbeit­et auch in die deutschen Kinos. „Die wahren Geschichte­n über das Ausmaß und die Tragödie des Holocausts dürfen nie vergessen werden, und die Lehren des Films über die entscheide­nde Bedeutung der Bekämpfung des Hasses hallen auch heute noch nach“, sagte Spielberg in einer Mitteilung.

Noch im Jahr seines Oscar-Triumphs hatte Spielberg die Shoah Foundation gegründet, mit dem Ziel, die Judenverni­chtung durch das Naziregime mit Zeitzeugen-Interviews zu dokumentie­ren. Die Stiftung hat mehr als 50 000 Betroffene zu Wort kommen lassen, die Videoaufna­hmen wurden digitalisi­ert und katalogisi­ert. Das riesige Archiv wird weltweit von Schulen und anderen Einrichtun­gen genutzt.

Es sei einzigarti­g, dass als Folge eines Films eine Stiftung die weltweit größte Sammlung von Augenzeuge­nberichten geschaffen habe, sagte der Leiter der Shoah-Stiftung an der University of Southern California in Los Angeles, Stephen Smith, der Deutschen Presse-Agentur. „Wir sind ein Forschungs­institut geworden, und unsere Inhalte werden von 140 Universitä­ten und anderen Einrichtun­gen in 80 Ländern genutzt.“

Mit der neuerliche­n Kinoverbre­itung von „Schindlers Liste“werde hoffentlic­h eine jüngere Generation angesproch­en, die den Film vor 25 Jahren nicht gesehen habe, sagt Smith. „Die Botschaft des Films ist unglaublic­h aktuell. In schwierige­n Zeiten wie diesen, wenn wir Hass und Ausgrenzun­g erleben, sind Werte und Empathie, wie Oskar Schindler sie zeigte, umso wichtiger.“ „Schindlers Liste“war ihm eine Herzensang­elegenheit: Regisseur Steven Spielberg.

Melden sich denn noch Holocaust-Überlebend­e ?

Auch heute bekommen wir noch Anfragen. Gerade schrieb mir eine Frau, dass ihre 93 Jahre alte Mutter vor ihrem Tod unbedingt noch ihre Geschichte aufzeichne­n möchte. Natürlich gehen wir auf solche Bitten ein. Zusätzlich haben wir ein neues interaktiv­es Programm mit dem Namen „Dimensions in Testimony“mit bisher 20 Zeitzeugen, denen wir jeweils 1000 Fragen zu ihrem Leben gestellt haben. Diese Videoaufze­ichnungen werden in Schulen oder Museen interaktiv eingesetzt, so als ob die Zuhörer den Betroffene­n selber Fragen stellen können. Gerade arbeiten wir an dem ersten deutschspr­achigen Interview für den Schulunter­richt in Deutschlan­d in diesem neuartigen virtuellen Format.

Gibt es auch andere Verfolgung­sopfer, die befragt werden?

Im vorigen Jahr haben wir Rohingya-Flüchtling­e kurz nach deren Flucht aus Myanmar gesprochen. Das war eine sehr bewegende und niederschm­etternde Erfahrung, mit diesen Menschen über das Erlebte zu reden. Doch es ist wichtig, den Opfern eine Stimme zu geben, während Verfolgung und Gewalt stattfinde­n. Mit ihren Zeugenberi­chten können wir versuchen, Derartiges zu verhindern. Wir haben auch ein Programm für heutige Opfer von Antisemiti­smus in aller Welt. Nach Anschlägen auf jüdische Einrichtun­gen in jüngster Zeit, wie in Brüssel, Toulouse, Kopenhagen und zuletzt in Pittsburgh, reden wir mit Betroffene­n. In einigen Fällen treffen wir dabei auf HolocaustÜ­berlebende, die wir schon vor 25 Jahren befragt haben, und die jetzt im hohen Alter erneut Antisemiti­smus erleben.

Stephen Smith wurde 1967 als Sohn eines Methodiste­n-Pastors in England geboren. Nach dem Theologies­tudium arbeitete er an vielen jüdischen Einrichtun­gen mit. Seit 2009 leitet er die Shoah-Stiftung.

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FOTO: SONY UNIVERSAL PICTURES/DPA Der Spielfilm „Schindlers Liste“mit Liam Neeson (links) als Oskar Schindler und Ben Kingsley als dessen jüdischer Buchhalter Itzhak Stern kehrt am 27. Januar 2019, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalso­zialismus, technisch überarbeit­et in die deutschen Kinos zurück.
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FOTO: DPA Oskar Schindler rettete rund 1200 Zwangsarbe­iter vor dem Tod in Konzentrat­ionslagern.
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FOTO: DPA

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