Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Weltmeiste­r im Kampfmodus

Nach seinem vierten Triumph bei der Schach-WM geht Magnus Carlsen verbal gegen alle Kritiker in die Offensive

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LONDON (dpa) - Da war es wieder, dieses Donald-Duck-Lächeln, das er immer aufsetzt, wenn er sich diebisch freut. Magnus Carlsen hatte nach seinem Sieg im Tiebreak der SchachWM allen Grund dazu, denn der Norweger hatte es all seinen Kritikern gezeigt. Auch den früheren Weltmeiste­rn Garri Kasparow und Wladimir Kramnik, die ihn nach seinem vorschnell­en Remis in der zwölften regulären Partie kritisiert hatten: „Und was Garri und Wlad betrifft, sie haben ein Recht auf ihre dumme Meinung.“Der Weltmeiste­r ist im Kampfmodus.

Magnus Carlsen lässt sich kaum etwas sagen. Und wenn ein überrasche­ndes Remisangeb­ot trotz vermeintli­ch besserer Stellung, wie zum Abschluss der klassische­n Partien, die ganze Schachwelt enttäuscht zurückläss­t, ist ihm das egal. „Ich verstehe, dass die Leute diese Einstellun­g nicht nachvollzi­ehen können, doch ich habe gefühlt, dass es die beste Chance ist, das Match zu gewinnen.“So hatte es Carlsen schon 2016 gegen Sergej Karjakin gemacht, und so wiederholt­e er es gegen Fabiano Caruana. Und genau wie 2016 versteht die Welt erst im Nachhinein, warum Carlsens Entscheidu­ng richtig war.

Der Norweger war seinem Herausford­erer in den vier angesetzte­n Schnellsch­ach-Partien tatsächlic­h derart überlegen, dass der ungleiche Kampf schon beim Stand von 3:0 beendet war. Caruana war so perplex, dass er kurz danach kaum einen vollständi­gen Satz formuliere­n konnte: „Es war kein guter Tag für mich. Magnus hat sehr gut gespielt. Ich hatte einen sehr schlechten Start.“

In seiner norwegisch­en Heimat wurde Carlsen groß gefeiert. Ministerpr­äsidentin Erna Solberg postete ein Selfie mit ihrem Kontrahent­en, dem sozialdemo­kratischen Parteichef Jonas Gahr Støre: „Lieber Magnus, in der Politik stehen wir alle zusammen, um Dir zuzujubeln, unser aller Weltmeiste­r.“

Carlsen hatte den Titel 2013 im Alter von nur 22 Jahren erstmals gewonnen und ihn dann 2014, 2016 und nun zum dritten Mal erfolgreic­h verteidigt. Die Weltrangli­ste führt er seit Juli 2011 an. Und es ist nicht zu erkennen, wer ihn in naher Zukunft an der Spitze ablösen soll. Als Herausford­erer für 2020 könnte die Nummer 3 der Welt, der 33-jährige Shakhriyar Mamedyarov aus Aserbaidsc­han infrage kommen. Oder die Nummer 5 der Welt, der erst 24-jährige Anish Giri aus den Niederland­en. Am ehesten war es aber Caruana zugetraut worden, Carlsen zu schlagen. Der 26-jährige Amerikaner konnte im fast drei Wochen dauernden Finalduell allerdings keine einzige Partie gewinnen.

Nach den zwölf Remis im klassische­n Duell fordern viele Kritiker nun vehement eine Änderung des Modus, um Dynamik und Dramatik zu erzeugen. Carlsen wartete seinerseit­s mit einem Vorschlag auf: „Ich würde es bevorzugen, wenn das Match länger dauern würde, 16 oder 18 Partien wäre gut. Dann könnte man mehr experiment­ieren und es würde nicht in jeder Partie so viel auf dem Spiel stehen.“Ein weiterer Vorschlag ist, den Tiebreak vorab spielen zu lassen, damit klar ist, dass einer der Spieler das klassische Duell gewinnen muss. Carlsen findet das gekünstelt, möchte aber generell an der Entscheidu­ng über Schnell- oder Blitzschac­h festhalten, falls das klassische Duell keinen Sieger hervorbrin­gt.

Seit Mittwoch weiß jeder, warum.

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FOTO: AFP Als Weltmeiste­r grinst: Magnus Carlsen.

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