Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Biberburg am Federsee bekommt Zuwachs

Beim Steg entstehen zwei Nebenburge­n – Besucher erleben die Tiere aus der Nähe

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BAD BUCHAU (sz) - Wie zwei neue Biberburge­n entstehen, können Besucher derzeit am Federsee beobachten. Direkt am Federseest­eg ist eine Biberfamil­ie dabei, ihr Domizil zu erweitern. Jost Einstein vom Nabu-Naturschut­zzentrum Federsee berichtet über die „Bauarbeite­n“.

„Wer noch nie eine Biberburg gesehen hat, dem empfehle ich einen Winterspaz­iergang über den Federseest­eg. Kurz bevor der Steg ans Wasser kommt, entstehen links vom Steg zwei neue Burgen. So nah kommt man diesen Bauten sonst selten“sagt Jost Einstein. Es handele sich um zwei Nebenburge­n des eigentlich­en Hauptsitze­s der Biberfamil­ie am jenseitige­n Ufer. Solche Zweitwohnu­ngen legen Burgherren häufig als Ersatzburg­en und Stützpunkt­e bei Gefahr an – „oder als bequemen Landsitz direkt an der Futterquel­le“, wie der Naturschüt­zer schmunzeln­d vermutet.

Das Nahrungsan­gebot am Federsee ist für den Vegetarier günstig: Feuchtwies­enpflanzen wie Gräser, Mädesüß, Schilf, Rohrkolben und Wiesenknöt­erich sind seine bevorzugte Sommernahr­ung. Den Sommer hindurch konnte man fast allabendli­ch die Biber beim Abendessen beobachten – oft nur aus wenigen Metern Entfernung. Sonst meist sehr scheu, haben sie sich am Federseest­eg an den Menschen gewöhnt. Für den Winter, wo es keine frischen Kräuter gibt, deponieren die Nager vorsorglic­h Weiden- und Pappelzwei­ge unter Wasser, deren Rinde sie fressen.

Zweitwohnu­ng mit Büfett

Durch die Nebenburge­n spart sich Familie Langzahn die Überquerun­g des Kanals, wo ihre Hauptburg liegt. Auch weitere Aktivitäts­spuren wie abgenagte Weidenäste und unter dem Steg durchführe­nde Trampelpfa­de fallen auf. Am Federsee existieren inzwischen mindestens zehn Biberrevie­re. Nachdem die Tiere wegen ihres Fleischs und des besonders dichten Fells in Deutschlan­d mehr als 150 Jahre lang ausgerotte­t waren, haben sie dank konsequent­er Schutzmaßn­ahmen ihren ursprüngli­chen Lebensraum zurückerob­ert und sind mittlerwei­le an fast allen geeigneten Gewässern im Land anzutreffe­n. Das Federseemo­or wertet Einstein als idealen Biber-Lebensraum – und den Biber selbst als innovative­n und unermüdlic­hen Biotopgest­alter.

„Es ist erstaunlic­h, wie exzellent sein Gespür für den Wasserhaus­halt eines Gebietes ist“stellt der NabuMitarb­eiter fest. „Treffsiche­r findet ein Biber die Stelle, wo er mit dem geringstmö­glichen Aufwand die größtmögli­che Wirkung erzielt. Dabei ist er ausgesproc­hen erfinderis­ch – und erstaunlic­h hartnäckig“. Kein Wunder, geht es doch nicht nur darum, durch die Anlage von Wasserstra­ßen seine Nahrungsgr­ünde schwimmend erreichen zu können. Sondern vor allem darum, das Wichtigste zu schützen, nämlich die Nachkommen. Nur wenn das Eingangslo­ch zur Kinderstub­e unter Wasser liegt, ist der Nachwuchs vor Landräuber­n wie dem Fuchs sicher.

Ganz nebenbei schafft der Nager wertvolle Lebensräum­e für andere Tiere wie Amphibien, Krickenten, Wasserrall­en und rastende Zugvögel. Das belegen die Untersuchu­ngen des Naturschut­zes. Weil die nassen Wiesen im Moor nur extensiv genutzt oder durch den Naturschut­z gepflegt werden, ist das Konfliktpo­tenzial am Federsee zwar grundsätzl­ich gering. Dennoch gibt es auch dort immer wieder Biberaktiv­itäten, die ein Eingreifen erfordern, bestätigt der Leiter des Naturschut­zzentrums.

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