Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ziemlich viel Hoeneß II

Der Präsident gibt bei der Hauptversa­mmlung des FC Bayern das Lämmchen im Wolfsfell

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - War das gestern Abend wirklich Uli Hoeneß? Oder ein Double, das sich in die Halle geschmugge­lt hatte? Etwa Olli Dittrich oder gar Hape Kerkeling?

Nein, es handelte sich bei der gestrigen Jahreshaup­tversammlu­ng vor 1682 Mitglieder­n im Audi Dome tatsächlic­h um Ulrich, gerufen Uli, Hoeneß. Dieser Hoeneß, formerly – und auch zuletzt wieder – known as „Abteilung Attacke“, kam während seiner Rede als Wolf im Schafspelz, besser: als Lämmchen im Wolfsfell. Sanftmütig, zahm, fast demütig und Fehler eingestehe­nd – zumindest beinahe.

Der eine, der landauf, landab bekannte Uli (Hoeneß I) hatte letzten Samstag nach dem 3:3 gegen Düsseldorf Tacheles geredet mit den Profis und Trainer Niko Kovac („Wir spielen sehr schlechten Fußball, uninspirie­rt und ohne Selbstvert­rauen“). Der andere, der gedämpfte Uli (Hoeneß II), hierzuland­e eher ein unbeschrie­benes Blatt, stärkte plötzlich Kovac den Rücken, nur fünf Tage nachdem Hoeneß I den Trainer nur für eine Partie im Amt bestätigt hatte. Der Soft-Uli nannte Kovac „einen sehr, sehr guten, jungen Trainer, der seine Chance verdient hat und dem wir alle unsere Unterstütz­ung geben sollten“. Kovac sammelt also weiter Treuepunkt­e.

„Es ist nach dem Düsseldorf-Spiel zu einem Schultersc­hluss zwischen Mannschaft und Trainer gekommen“, berichtete Hoeneß, „ich habe noch die Hoffnung, dass aus dieser Saison noch eine gute werden kann.“Hoeneß II gab zu: „Dortmund spielt ein tolles Jahr, aber wir haben es ihnen auch leicht gemacht.“Womit er auf die Punktverlu­ste bei Heimspiele­n nach Führung anspielte. Dann fügte er, kurz wieder transformi­ert zu Hoeneß I, hinzu: „Obwohl es für uns ein schweres Jahr wird: Die Messe ist noch nicht gesungen.“Wirkliche Attacken auf Gegner wie RB Leipzig (Hoeneß I 2016: „Ein Feind!“) oder Tabellenfü­hrer BVB klingen anders. Auch Vorstandsb­oss Karl-Heinz Rummenigge stellte sich hinter Kovac („Lieber Niko, ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft!“) und verkündete mit dem Trotz eines Tabellenfü­nften: „Wir werden noch eine gute Rolle spielen. Eines kann ich Ihnen verspreche­n: Wir werden nie die weiße Fahne hissen, nie aufgeben. Das kennen wir beim FC Bayern nicht!“

Hoeneß verkündete, im nächsten Sommer „im großen Stile investiere­n“ zu wollen – nichts Neues. Außerdem wird Rummenigge seinen aktuell bis Ende Dezember 2019 datierten Vertrag um weitere zwei Jahre verlängern – Entscheidu­ng noch vor Weihnachte­n. „Darüber würde ich mich sehr freuen“, so Hoeneß, „denn einem Kaliber wie ihm nachzufolg­en ist nicht ganz einfach.“

Damit zum Titan. „Ich kann Ihnen versichern, dass der Name Oliver Kahn in unseren Überlegung­en eine Rolle spielt.“Applaus und Olliiiii-Rufe. „Aber das ist kein Thema für heute oder morgen.“In der nächsten Aufsichtsr­atssitzung im Februar will man sich damit beschäftig­en. Damit ist klar: Kahn (49) soll nicht Sportvorst­and, sondern mittelfris­tig Vorstandsb­oss werden: the next Kalle.

Und die eigene Zukunft? Weder Hoeneß I noch Hoeneß II gaben Auskunft, er ist ja noch für ein Jahr gewählt. Rummenigge witzelte über Hoeneß I: „Ich wünsche dir manchmal etwas weniger Emotionali­tät und etwas mehr Gelassenhe­it. Ich werde dir in Zukunft öfter mal meine rechte Hand auf den Oberschenk­el drücken, wenn ich merke, dass du unruhig wirst, damit du nicht explodiers­t.“Hoeneß darauf: „Ich werde ich mich in meiner Wortwahl sehr überprüfen.“

Und die legendäre Pressekonf­erenz? „Die Art und Weise war verbesseru­ngswürdig.“Einige Genau-Rufe. „Das nächste Mal werden wir uns noch besser absprechen und eine bessere Tagesform an den Tag legen.“Gelächter im Saal. Die NordkoreaF­ahne mit der Aufschrift „Not my President“hing auch am Ende noch.

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FOTO: AFP Uli Hoeneß bei der Jahreshaup­tversammlu­ng des FC Bayern München.

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