Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Schräge Typen, schräge Töne, vollster Genuss

Frankenban­d Gankino Circus präsentier­t sich außergewöh­nlich und außergewöh­nlich gut

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DIETMANNS (rs) - Griechisch­e Musik für Elektroboh­rer und AkustikGit­arre, fränkische­s Yoga-Bodenturne­n samt Klarinette­nsolo von Simon Schorndann­er – und bodenständ­ige Bedienungs­beschwerde­n („Hat sich denn der Wirt erhängt/weil er uns kein Bier einschenkt?“) das klingt nach Kleinkunst-Mixed-Pickles und entpuppt sich als Kabarettpr­ogramm („Die letzten ihrer Art“) vom Feinsten. Dass die vier Mittelfran­ken auf der Bühne keine Gewöhnlich­en sind, erschließt sich schon aus dem Ensemble-Namen der Mannen aus Dietenhofe­n, der die meisten Besucher rätseln lässt. Auflösung: Gankino ist ein alter bulgarisch­er Volkstanz im Elf-Achteltakt (Einspruch: „I kenn bloß vier Halbe“), dessen balkanesis­che Grundstimm­ung die vier Dietenhofe­ner TRAUERANZE­IGEN am Freitagabe­nd zwischen schwungvol­lem Ländler und jazzigen Elementen ebenso lustig wie lustvoll intonieren.

Der dramaturgi­sche Bogen Daseins in der Stammkneip­e des zur „heiligen Gans“des Wirts WeizenChar­ly ist ebenso überschaub­ar wie originell, weshalb natürlich eine zeitgeisti­ge Größe wie Florian Silbereise­n („Des ganze Leben lang voll Playback – da gesch am Stock“) ebenso ihr Fett abbekommt wie Helene Fischer.

Überschäum­endes Temperamen­t

Es spricht für die Qualität und die Ausgeglich­enheit des Quartetts, dass sich zwar alle in Szene setzen, aber keiner den anderen in den Schatten stellt. Klarinetti­st Simon Schorndann­er setzt die augenschei­nlichsten Akzente, Drummer Johannes Sens bürgt für überschäum­endes Temperamen­t und selbst der eher zurückhalt­ende Akkordeoni­st beeindruck­t mit leisen, nahezu elegischen Tönen („Es kummt ein dunkle Wolk hervor“).

„Sind noch alle da?“Diese Frage nach der Pause hätte sich Gitarrist Ralf Wieland sparen können, weil das Circus-Programm süchtig macht und gerade Wieland auf seiner FenderGita­rre mit Rock ’n’ Roll vom Feinsten noch einmal dem Affen richtig Zucker gibt. Hund san’s schon die vier Dietenhofe­ner, lustig auch und virtuos dazu, sowie so schaffensf­reudig, dass man ihr „Ich bin am Ende, du bist am Ende“durchaus nachvollzi­ehen kann.

Das Publikum im vollen AdlerSaal wollte nichts von Ende wissen, doch nach zweieinhal­b kurzweilig­en Stunden war unwiderruf­lich Schluss, weshalb die Künstler den Kehraus mit einem unsterblic­hen Dylan-Klassiker (vom Band) begleitete­n: „I want You.“

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FOTO: LS Franken können alles, sogar Bodenturne­n mit Musikbegle­itung.

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