Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Breite Brust und Demut
So hat Borussia Dortmund den Erzrivalen FC Schalke 04 vor dem Revierderby abgehängt
DORTMUND (SID/dpa) - Bei der Farbauswahl lagen Lucien Favre und Michael Zorc daneben. Während der Trainer von Borussia Dortmund am Donnerstag in einem hellblauen Hemd zur Pressekonferenz vor dem Revierderby bei Schalke 04 am Samstag (15.30/Sky) erschien, trug der Sportdirektor einen dunkelblauen Pullover. „Wir legen Wert auf die Feststellung, dass es kein Königsblau ist“, sagte Zorc scherzhaft.
Die Stimmung beim BundesligaSpitzenreiter vor dem Duell beim Erzrivalen könnte nicht besser sein. Im Idealfall krönt sich der BVB dieses Wochenende bereits zum Herbstmeister. Es wäre der vierte Herbsttitel für den BVB nach 1994, 1995 und 2010, und bisher folgte darauf stets die Meisterschaft.
Doch so weit ist es noch nicht. Zunächst einmal sind sie in Dortmund heiß auf den ersten Sieg gegen Schalke seit drei Jahren. Und obwohl der BVB derzeit 19 Punkte vor Schalke rangiert, zeigen sich die Dortmunder voller Respekt vor dem ewigen Rivalen.
Gut so. Was es heißt, diese Partie nicht mit der nötigen Leidenschaft anzugehen, bekamen die Borussen im April zu spüren. „Kein Wille, keine Leidenschaft, kein Mut – keine Mannschaft! Niemand verkörpert Borussia Dortmund so wenig wie ihr!“, stand auf einem Spruchband, mit dem die Fans auf der Südtribüne ihren Unmut über den seelenlosen Auftritt der Mannschaft wenige Tage zuvor beim 0:2 in Gelsenkirchen zum Ausdruck brachten.
„Es gibt zwei Spiele in der Saison, die besonders wichtig sind“, sagte BVB-Kapitän Marco Reus nun. Das seit jeher prestigeträchtige Duell wird für den in den ersten 13 Bundesligaspielen ungeschlagenen Tabellenführer zum ultimativen Charaktertest. „Das Derby gewinnt die Mannschaft, die es mehr will“, weiß Reus’ Vorgänger Marcel Schmelzer. „Schalke könnte in der 2. Liga spielen, dann wäre es auch ein schweres Spiel“, meinte Mittelfeldspieler Thomas Delaney beim Fußball-Talk „19:09“der „Ruhr Nachrichten“und sprach von „einem der größten Spiele in Europa“.
Auch Schalke wollte Delaney
Der aus Bremen gekommene Delaney ist eines der Gesichter des Dortmunder Aufschwungs. Sportdirektor Zorc und Co. bewiesen im Sommer ein goldenes Händchen auf dem Transfermarkt. Nicht nur, weil sie in Paco Alcácer den schon jetzt treffsichersten Joker der Bundesligageschichte verpflichteten.
Am Samstag werden in Lukasz Piszczek, Kapitän Marco Reus und Torhüter Roman Bürki wohl nur drei Spieler in der Startelf stehen, die auch beim 0:2 im April begonnen haben. Der BVB hat aus einer mäßigen Saison – Vizemeister Schalke lag im Mai 2018 acht Zähler vor dem BVB – die richtigen Lehren gezogen. Noch besser in eine Saison sind die Westfalen zuletzt im Meisterjahr 2010/11 gestartet.
Thomas Delaney stand im Sommer übrigens auch auf der Wunschliste von Schalke 04. Doch der Vizemeister stieg aus dem Transferpoker aus – zu teuer. Und so wechselte der zweikampfstarke Mittelfeldspieler zum Erzrivalen – und bildet zusammen mit Axel Witsel, der ebenfalls 20 Millionen kostete, das Herzstück im BVB-Spiel. Nun fragt sich mancher auf Schalke, ob die 20 Millionen Euro Ablöse für den Dänen nicht gut angelegtes Geld gewesen wären.
Die eigenen Verpflichtungen haben bislang nicht eingeschlagen – vor allem im Mittelfeld, wo die abgewanderten Leon Goretzka und Max Meyer eine riesige Lücke hinterließen. Der als Königstransfer von Bayern München gekommene Sebastian Rudy, 16 Millionen Euro teuer, ist bislang ein Flop. Erst war er körperlich nicht fit, dann enttäuschte er bei seinen eher sporadischen Einsätzen mit schwacher Zweikampfführung und hoher Fehlerquote. Suat Serdar, für 10,5 Millionen verpflichtet, ist nicht mehr als ein Mitläufer. Und Omar Mascarell, zehn Millionen teuer, kommt nach einem Muskelfaserriss in der Vorbereitung überhaupt nicht in Fahrt.
Schalkes Sportvorstand Christian Heidel schwärmte vor dem Derby von der Dortmunder Personalpolitik. Der BVB, sagte er, habe es „einfach gut gemacht“.