Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Schnelles Internet kommt nur langsam
NetcomBW verschiebt Inbetriebnahme für Tannweiler immer wieder – Es gibt Probleme beim Netzanschluss
AULENDORF - Fritz Blechimann
sitzt in Tannweiler vor seinem Computer, startet seinen Internetbrowser und wartet, dass die Seite lädt. Er wartet lange. Sehr lange. Denn die Internetverbindung in Tannweiler ist langsam. So langsam, dass Einigkeit darüber herrscht, dass der kleine Ort zwischen Aulendorf und Bad Waldsee zu den unterversorgten Gebieten gehört. Daran sollte eigentlich seit April eine neue Glasfaserleitung etwas ändern. Sie ist zwar mittlerweile bis nach Tannweiler verlegt. In Blechimanns Computerzimmer ist trotzdem noch kein schnelles Internet angekommen. Denn die neue Glasfaserleitung ist gar nicht in Betrieb.
„Die Baumaßnahmen zur Breitbanderschließung in Ihrer Gemeinde sind noch nicht abgeschlossen. Die Inbetriebnahme ist bis zum 01.03.2019 geplant.“Diese Auskunft erhält, wer dieser Tage die Verfügbarkeit schnellen Internets für Tannweiler auf der Homepage der NetcomBW prüft, dem Internetanbieter, der das Netz des Zweckverbands betreiben und Tannweilern schnelles Internet zur Verfügung stellen möchte. Das klingt anders als noch im Februar. Damals hatten der Zweckverband Breitbandversorgung im Kreis Ravensburg, die Stadt Aulendorf und NetcomBW zu einer Infoveranstaltung eingeladen und den Anschluss ab April dieses Jahres in den Raum gestellt. Das klingt auch anders als Ende Juli. Da hatte die NetcomBW die Inbetriebnahme bereits verschoben, plante aber mit Ende September. Dass die Baumaßnahme noch nicht abgeschlossen sein soll, verwundert zudem; ist die Glasfaserleitung doch seit Mai unter der Erde.
Anschluss macht Probleme
„Da ist auf allen Seiten etwas schiefgelaufen“, sagt Oliver Spieß, Bürgermeister von Fronreute und Vorsitzender des Zweckverbands. Das große Problem sei der Anschluss der lokalen Glasfaserleitung an die überregionale Datenautobahn. Offenbar wollen deren Träger den Zweckverband nicht so einfach an dieses sogenannte Backbone-Netz anschließen lassen – auch wenn Spieß den Namen der Trägerfirma mit Verweis auf laufende Vertragsverhandlungen nicht nennen will und lieber von „großen Carriern“spricht, ist davon auszugehen, dass es sich um die Telia Company handelt, die 2002 mit der Firma Sonera fusionierte und daher auch unter dem Namen Teliasonera bekannt ist, mit der verhandelt wird. Auch die NetcomBW bestätigt schriftlich – einen angefragten Interviewpartner vermittelte das Unternehmen erst gar nicht –, dass sie zusammen mit dem Zweckverband auf das Backbone-Netz einer internationalen Trägerfirma angewiesen ist, und nennt „damit verbundene schwierige Vertragsverhandlungen“als Grund, weshalb Tannweiler noch immer kein schnelles Internet buchen kann.
„Das Interesse von Carriern, uns einen Anschluss schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen, ist nicht immer so groß, wie wir hoffen“, sagt Spieß, er wolle aber niemandem einen Vorwurf machen. „Es gibt in der Sache nicht den einen Schuldigen.“Was er nicht sagt, räumt Roland Fuchs, Geschäftsführer des Zweckverbands und Bürgermeister von Königseggwald, später ein: Im Zuge der Verlegung der Glasfaserleitung sei unberechtigterweise ein Schacht der Teliasonera angebohrt worden, was zusätzlich für Ärger sorgte.
In 95 Prozent der Fälle klappt’s
Dass es mit dem Anschluss an das Backbone-Netz nicht so einfach klappen würde, fiel indes spät auf; erst als der Zweckverband mit seinem Tannweiler Glasfaser im späten Frühjahr dort angelangte und bei der Teliasonera anklopfte. Bis dahin waren Zweckverband und NetcomBW offenbar davon ausgegangen, dass der Anschluss an die TeliasoneraLeitung problemlos machbar sei. Dass der Zweckverband an ein Anschlussnetz heran baut, ohne dass ein entsprechender Vertrag bereits in trockenen Tüchern ist, ist laut Spieß gängige Praxis. In 95 Prozent aller Fälle habe das bislang auch funktioniert, und zudem sei es auch gar nicht anders möglich; aus Wettbewerbsgründen seien notwendige Informationen im Netz-Markt erst zu bekommen, wenn es an die tatsächliche Umsetzung gehe. Würde die Trägerfirma ihre Fristen ausreizen, komme es – wie im Fall Tannweilers – zu Verzögerungen.
Betroffene äußern Unmut
Verzögerungen, die in Unmut und Ärger bei Betroffenen münden, die langsam Geduld und Hoffnung verlieren, dass ihr unterversorgter Ort doch noch irgendwann Zugang zu schnellem Internet bekommt. Sowohl gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“, im Ortschaftsrat in Tannhausen als auch in der Einwohnerfragestunde einer Gemeinderatssitzung äußerten in jüngster Zeit wieder Tannweiler ihr Unverständnis über die Verzögerung und den immer wieder verschobenen Starttermin der NetcomBW.
Neuer Starttermin: März 2019
Aulendorfs Bürgermeister Matthias Burth kennt den Ärger. „Sie haben ja auch bei uns nachgefragt, wie es weitergeht.“Er kann den Unmut nachvollziehen. Der Ort sei „sehr, sehr schlecht versorgt“gewesen und die Geschichte der Suche nach Lösungen lang (SZ berichtete mehrfach). Mit dem Glasfaserausbau seien Erwartungen geweckt und mit der Verzögerung enttäuscht worden. Und auch der Zweckverbandsvorsitzende Oliver Spieß räumt ein: „Es ist nicht optimal gelaufen.“Er bittet im Namen des Zweckverbands um Verzeihung. „Mir tut das auch leid, dass unser aller Versprechen so nicht eingehalten wurde.“Eines allerdings ist Spieß wichtig: „Das Problem an und für sich wäre trotzdem aufgetaucht. Aber wir hätten keine falschen Startzeiten an die Bevölkerung herausgegeben.“Entsprechend vorsichtig ist der Verbandsvorsitzende mittlerweile auch mit Prognosen geworden, wann schnelles Internet nun tatsächlich in Tannweiler Computerzimmern ankommt. „Schnellstmöglich“, sagt er, und, dass es keine Frage mehr von „ob“sei, sondern lediglich von „wann“, sicher aber im nächsten Jahr. Die NetcomBW plant laut eigener Homepage nun, die Leitung zum März kommenden Jahres in Betrieb zu nehmen. Sie geht offenbar davon aus – diese Signale kommen zumindest beim Zweckverband an –, dass die Verhandlungen mit der Trägerfirma sich auf der Zielgeraden befinden.
Für Fritz Blechimann kam ein längeres Warten auf den Start der NetcomBW irgendwann nicht mehr infrage. „Ich habe einen neuen Vertrag mit der Telekom gemacht“, sagt er. Der sei auch etwas günstiger als das Angebot der NetcomBW. Nur wirklich schneller, das ist sein Internet eben nicht geworden.