Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Von Tunern, Posern und Rasern

Illegale Straßenren­nen gelten inzwischen als Straftat – Den legalen Geschwindi­gkeitsraus­ch gibt es auf Rennstreck­en wie dem Hockenheim­ring

- Von Fabian Hoberg

ROSSBACH/BERLIN (dpa) - Quietschen­de Reifen, starke Beschleuni­gung und abrupte Stopps an der nächsten Ampel. Illegale Autorennen haben in den vergangene­n Jahren zugenommen. Die Polizei bekämpft sie und gründete dazu schon in mehreren Städten Spezialein­satzkomman­dos. Doch nicht jedes tiefergele­gte und getunte Auto wurde illegal verändert. Für Harald Schmidtke vom Verband der Automobil Tuner (VDAT) gibt es ein paar gravierend­e Unterschie­de zwischen Posern, Rasern und Tunern.

„Tuner sind Autoenthus­iasten, die im Rahmen der geltenden Regeln ihrem Hobby nachgehen, dem Individual­isieren von Serienfahr­zeugen mit zulässigem Zubehör“, sagt er. Zu den Posern zählt er Autofahrer, die ihr Fahrzeug manipulier­en, es extra laut machen und unbedingt auffallen wollen – jenseits des Gesetzes.

Zu Rasern bei illegalen Autorennen zählt er Verkehrste­ilnehmer, die sämtliche Regeln der Straßenver­kehrsordnu­ng (StVO) außer Acht lassen und Menschen gefährden. Dabei müssen nicht unbedingt zwei Autofahrer gegeneinan­der fahren. Als Teilnehmer von Straßenren­nen gilt der Autofahrer, wenn er sämtliche Regeln der StVO ignoriert, deutlich schneller unterwegs ist als erlaubt und dabei in Kauf nimmt, andere Verkehrste­ilnehmer zu gefährden. Übrigens werden auch Beifahrer als Täter betrachtet.

Strafen wurden erhöht

Doch nicht nur die Raser werden belangt, sondern alle Beteiligte­n wie auch die Veranstalt­er von solchen illegalen Rennen. Nach Angaben des ADAC droht eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Dazu kommen drei Punkte in Flensburg und der Führersche­inentzug. Je nach Härte des Vergehens, wie einem Rennen mit Unfallfolg­e oder gar tödlichem Ausgang, drohen bis zu zehn Jahre Haft. Doch nicht nur die Fahrer werden dann belangt, auch ihr Fahrzeug wird eingezogen – für manche Raser die Höchststra­fe.

Die Strafen wurden erhöht, da es in der Vergangenh­eit mehrere illegale Autorennen mit tödlichem Ausgang in Deutschlan­d gab. Seit Oktober 2017 gelten illegale Straßenren­nen nicht mehr nur als Ordnungswi­drigkeit, bei der ein Bußgeld wegen eines „Rennens mit einem Kraftfahrz­eug“(Paragraf 29 I StVO) verhängt wird, sondern als „Verbotenes Kraftfahrz­eugrennen im Sinne des Paragrafen 315d des Strafgeset­zbuchs (StGB)“, also als Straftat, die härter bestraft wird.

Bei ihrer Motivation unterschei­den sich Tuner von Posern und Teilnehmer­n illegaler Straßenren­nen kaum. „Es geht bei allen um Anerkennun­g, die sie sich allerdings auf unterschie­dliche Art und Weise holen“, sagt Daniela Rechberger, DiplomPsyc­hologin und MPU-Beraterin aus Köln. Raser und Teilnehmer von illegalen Autorennen versuchten, ihr geringes Selbstwert­gefühl durch die Raserei auszugleic­hen. „Die Fahrer denken dabei, sie sind die schnellste­n, besten und tollsten Autofahrer, berauschen sich an ihrem Adrenalink­ick“, sagt Rechberger.

Dabei komme es nicht unbedingt auf die Geschwindi­gkeit an. „Vielen geht es darum, etwas Besonderes zu machen und die eigenen Regeln aufzustell­en. Diese Personen haben meist kein Problembew­usstsein“, sagt Rechberger. Autofahrer, die illegale Raserei von ihrer Persönlich­keitsstruk­tur interessan­t finden, ließen sich von den Gefahren nicht beeindruck­en. Ein Umdenken funktionie­re nur, wenn sich die Denkweise der Fahrer dauerhaft verändere, das Selbstwert­gefühl steigt und Regeln akzeptiert und auch eingehalte­n werden. Ihrer Meinung nach lässt sich das nur durch strengere Verkehrsko­ntrollen erreichen.

Kein Versicheru­ngsschutz

Autofahrer, die es dennoch gerne mal qualmen lassen wollen, können ihr Verlangen bei legalen Beschleuni­gungsrenne­n ausleben. Tuning- oder Motorsport­clubs organisier­en diese in einigen Regionen auf abgesperrt­en Straßen oder nichtöffen­tlichen Geländen wie Flughäfen für Kleinflugz­euge. Auch Rennstreck­en wie der Hockenheim­ring veranstalt­en mindestens einmal im Jahr einen Public Race Day. Allerdings besteht bei den meisten Autoversic­herungen kein Schutz für Schäden, die bei einer solchen Veranstalt­ung entstehen. Autofahrer sollten sich am besten bei ihrem Kfz-Versichere­r erkundigen, welche Optionen es für den passenden Versicheru­ngsschutz gibt, rät der GDV. Nur wenn die Rechtsfrag­e geklärt ist, lässt es sich relativ sorgenfrei schnell fahren.

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FOTO: TORSTEN KARPF Rennstreck­en wie der Hockenheim­ring liefern den legalen Rahmen für PS-Kräftemess­en.

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