Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Verlegerin und Unternehmerin mit Courage und Charme
Hildegard Diederich ist im Alter von 88 Jahren in Biberach verstorben
BIBERACH (sz) - Sie war Verlegerin mit Leib und Seele und mit einem großen Herzen für ihre oberschwäbische Heimat, ganz besonders für die Städte Biberach und Ravensburg. Im Alter von 88 Jahren ist Hildegard Diederich diese Woche in Biberach verstorben. Sie gehörte zu den Personengesellschaftern der Schwäbischer Verlag GmbH & Co. KG, der die „Schwäbische Zeitung“herausgibt, und sie war Hauptgesellschafterin der Biberacher Verlagsdruckerei.
Oberschwaben war Hildegard Diederichs geliebte Heimat. Sie wurde am 10. Januar 1932 in Ravensburg geboren. Ihr Weg führte sie über Gymnasium und Sekretärinnenausbildung zunächst an die Sprach- und Dolmetscherschule München, die sie mit dem Examen als fremdsprachliche Wirtschaftskorrespondentin abschloss. Ihre Zusammenarbeit mit Dolmetschergrößen wie Dr. Paul Schmidt und Günther Haensch, der Einsatz bei der dpa und das Übersetzerexamen bei der Montanunion in Luxemburg waren genauso Stationen ihres Lebenswegs wie die Arbeit mit dem Bildungsforscher Helmut Becker und dem Publizisten Helmut Lindemann.
Zurück in der Heimat heiratete sie 1954 den späteren Wirtschaftsprüfer Herbert Merz. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor. Im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit lernte sie den Verleger Max Diederich kennen. Er war nach dem Zweiten Weltkrieg einer der Mitbegründer des Schwäbischen Verlags. 1968 heiratete sie ihn in dessen Heimatstadt Biberach. 1971 wurde die gemeinsame Tochter Julia geboren. Der frühe Tod von Max Diederich 1975 zwang sie, die Führung der Biberacher Verlagsdruckerei GmbH & Co. KG zu übernehmen und die Gesellschafterrechte des Verlegers wahrzunehmen: beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch, bei Liehners Hofbuchdruckerei in Sigmaringen und bei der „Remszeitung“in Schwäbisch Gmünd.
Hildegard Diederich führte während ihres verlegerischen und unternehmerischen Wirkens gemeinsam mit Geschäftsführer Jürgen Helène die Geschicke der Biberacher Verlagsdruckerei. Als Verlegerin und seit 1992 als Aufsichtsratsvorsitzende stand sie an der Spitze der Biberacher Verlagsdruckerei und damit auch des Lokalverlags Biberach der „Schwäbischen Zeitung“. In diese Zeit fielen die Gründung des Lokalrundfunks Radio 7 und das Erscheinen des „Biberacher Veranstaltungskalenders“, aus dem das heutige Veranstaltungsmagazin „kibizz“hervorging, sowie die beiden Magazine „BC – Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach“und „Im Oberland“für den Kreis Ravensburg. Im Jahr 2000 zog sie sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem Aufsichtsrat der Biberacher Verlagsdruckerei zurück. Die „BV“, wie sie kurz genannt wird, war für sie immer eine Art erweiterte Familie.
Ein besonderes Anliegen war Hildegard Diederich im Oktober 2012 der Umzug von Redaktion und Geschäftsstelle der „Schwäbischen Zeitung“Biberach ins Herz der Altstadt, in das sanierte und erweiterte Gebäude am Marktplatz 35. Immer wieder schaute sie dort auch in den Jahren danach bei „ihrer Schwäbischen“vorbei und interessierte sich nicht nur für die Arbeit von Redaktion und Geschäftsstelle, sondern auch für das Wohlergehen der Mitarbeiter, das ihr besonders wichtig war. Der Kern ihrer verlegerischen Arbeit bei der Zeitung war immer, den Bestand freier Medien zu gewährleisten und die Substanz der freiheitlich-demokratischen Ordnung zu bewahren.
Aber nicht nur das Verlagswesen lag Hildegard Diederich am Herzen. So übernahm sie nach dem Tod ihres Schwagers August Diederich 1978 die aus dem Familienbesitz Diederich stammende Fahnenfabrik und Kunststickerei Carl Neff in Biberach. Zusammen mit dem heutigen Inhaber Hermann Manall sorgte sie damals für den Fortbestand einer der ältesten Fahnenfabriken Deutschlands.
Mit Oberschwaben und speziell mit den Städten Biberach und Ravensburg verband Hildegard Diederich besonders viel. Diese Liebe zum Oberland hat sie in all den Jahren in vielfältiger Weise zum Ausdruck gebracht, als Verlegerin vor allem durch zahlreiche Buchveröffentlichungen im heimatkundlichen und literarischen Bereich.
Sie war Gründungsmitglied der Museumsgesellschaft Ravensburg und in Biberach gehörte sie mehrere Jahre dem erweiterten Vorstand der Gesellschaft für Heimatpflege an. Die Mitgliedschaft in mehreren Biberacher Vereinen war für sie eine Selbstverständlichkeit, besonders die Unterstützung der Lebenshilfe Biberach. Neben ihrer Vorliebe für Kunst, Musik und Literatur fand sie nach wie vor Zeit für ihre große Familie. Die „Schwäbische Zeitung“und die Biberacher Verlagsdruckerei sind Hildegard Diederich zu großem Dank verpflichtet und werden ihr ein ehrendes Andenken bewahren.