Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Waldsee wird „sicherer Hafen“– ohne Sonderkontingent
Bürgermeister Weinschenk sah Thema in Corona-Zeiten zum falschen Zeitpunkt auf der Tagesordnung
BAD WALDSEE - Bad Waldsee wird ein sicherer Hafen – allerdings ohne ein Sonderkontingent an Aufnahmeplätzen zur Verfügung zu stellen. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung so beschlossen. In einem Jahr soll erneut über die Thematik abgestimmt werden.
Das Aktionsbündnis „Sicherer Hafen Bad Waldsee“hat in der Kurstadt zusätzliche Aufnahmeplätze für in Seenot geratene Flüchtlinge gefordert. Der Verwaltungsvorschlag folgte zwar dem grundsätzlichen Ansinnen, ein sicherer Hafen zu werden. Gleichwohl wollten die Stadtverantwortlichen darunter eine öffentliche Solidaritätserklärung sowie transparente Veröffentlichung aller unternommener Maßnahmen verstanden wissen und keine weiteren Plätze ausweisen.
Generell sah Bürgermeister Roland Weinschenk das Thema zum falschen Zeitpunkt auf der Tagesordnung. „Im Moment müssen wir uns mit einer großen Krise auseinandersetzen“, sprach das Stadtoberhaupt indirekt das Coronavirus an und ergänzte: „Ich würde dafür plädieren, den grundsätzlichen Beschluss zu fassen und das Thema, ob zusätzliche Plätze geschaffen werden sollen, in der Zukunft zu besprechen.“Dominik Souard (FW) rief die katastrophalen Umstände auf dem Mittelmeer ins Gedächtnis und forderte, dass diese Flüchtlinge über die Quote hinaus aufgenommen werden sollen. Außerdem zeigte sich Souard über das Abstimmungsverhalten der CDU-Stadträte irritiert, die im Verwaltungsausschuss großteils gegen den sicheren Hafen in Bad Waldsee stimmten. „Ich bin entsetzt, wie eine christliche Partei so konservativ und rückwärtsgewandt entscheidet“, fand Souard deutliche Worte.
Bürgermeister Weinschenk verwies nochmals auf die aktuelle Situation, in der „die Bevölkerung ganz andere Themen beschäftigen“. Souard entgegnete, dass die eine Katastrophe nicht gegen die andere ausgespielt werden dürfe. Daraufhin machte Parteikollege Bernhard Schultes den Vorschlag, den Gemeinderatsbeschluss zwar zu fassen, aber in einem Jahr nochmals darüber zu beraten.
Tobias Lorinser (CDU) machte deutlich, dass der Großteil seiner Partei nicht zustimmen werde, da es sich um eine Aufgabe des Bundes handle und „Aufgaben da belassen werden sollen, wo sie hingehören“. Außerdem habe der Beschluss keine derartige Tragweite, „als dass wir Weltbewegendes schaffen würden“.
Lucia Vogel (Grüne) sah die Zustimmung und die zusätzlichen Aufnahmeplätze hingegen als „Pflicht und christliche Verantwortung“an.
Daraufhin machte Weinschenk nochmals deutlich, dass es seiner Meinung nach „derzeit keine Akzeptanz in der breiten Bevölkerung“für ein Sonderkontingent gebe.
Dann kam es zur Abstimmung. Zunächst widmete sich das Gremium Souards Antrag, der eine Aufnahme von in Seenot geratenen Flüchtlingen zusätzlich zur Quote forderte. Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Anschließend befasste sich der Gemeinderat mit Schultes’ Antrag, der die neuerliche Behandlung
des Themas in einem Jahr vorsah. Diesem Antrag stimmte das Gremium mehrheitlich zu. Und schließlich beschloss der Gemeinderat mehrheitlich, dass Bad Waldsee ein sicherer Hafen wird und sich damit mit den Flüchtlingen solidarisch zeigt und städtische Maßnahmen transparent veröffentlicht. Gegenstimmen gab es von den CDUlern Sonja Wild, Maximilian Klingele, Edmund Gresser, Rosa Eisele, Tobias Lorinser sowie den Freien Wählern Stefan Senko und Franz Daiber.