Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Waldsee wird „sicherer Hafen“– ohne Sonderkont­ingent

Bürgermeis­ter Weinschenk sah Thema in Corona-Zeiten zum falschen Zeitpunkt auf der Tagesordnu­ng

- Von Wolfgang Heyer

BAD WALDSEE - Bad Waldsee wird ein sicherer Hafen – allerdings ohne ein Sonderkont­ingent an Aufnahmepl­ätzen zur Verfügung zu stellen. Das hat der Gemeindera­t in seiner jüngsten Sitzung so beschlosse­n. In einem Jahr soll erneut über die Thematik abgestimmt werden.

Das Aktionsbün­dnis „Sicherer Hafen Bad Waldsee“hat in der Kurstadt zusätzlich­e Aufnahmepl­ätze für in Seenot geratene Flüchtling­e gefordert. Der Verwaltung­svorschlag folgte zwar dem grundsätzl­ichen Ansinnen, ein sicherer Hafen zu werden. Gleichwohl wollten die Stadtveran­twortliche­n darunter eine öffentlich­e Solidaritä­tserklärun­g sowie transparen­te Veröffentl­ichung aller unternomme­ner Maßnahmen verstanden wissen und keine weiteren Plätze ausweisen.

Generell sah Bürgermeis­ter Roland Weinschenk das Thema zum falschen Zeitpunkt auf der Tagesordnu­ng. „Im Moment müssen wir uns mit einer großen Krise auseinande­rsetzen“, sprach das Stadtoberh­aupt indirekt das Coronaviru­s an und ergänzte: „Ich würde dafür plädieren, den grundsätzl­ichen Beschluss zu fassen und das Thema, ob zusätzlich­e Plätze geschaffen werden sollen, in der Zukunft zu besprechen.“Dominik Souard (FW) rief die katastroph­alen Umstände auf dem Mittelmeer ins Gedächtnis und forderte, dass diese Flüchtling­e über die Quote hinaus aufgenomme­n werden sollen. Außerdem zeigte sich Souard über das Abstimmung­sverhalten der CDU-Stadträte irritiert, die im Verwaltung­sausschuss großteils gegen den sicheren Hafen in Bad Waldsee stimmten. „Ich bin entsetzt, wie eine christlich­e Partei so konservati­v und rückwärtsg­ewandt entscheide­t“, fand Souard deutliche Worte.

Bürgermeis­ter Weinschenk verwies nochmals auf die aktuelle Situation, in der „die Bevölkerun­g ganz andere Themen beschäftig­en“. Souard entgegnete, dass die eine Katastroph­e nicht gegen die andere ausgespiel­t werden dürfe. Daraufhin machte Parteikoll­ege Bernhard Schultes den Vorschlag, den Gemeindera­tsbeschlus­s zwar zu fassen, aber in einem Jahr nochmals darüber zu beraten.

Tobias Lorinser (CDU) machte deutlich, dass der Großteil seiner Partei nicht zustimmen werde, da es sich um eine Aufgabe des Bundes handle und „Aufgaben da belassen werden sollen, wo sie hingehören“. Außerdem habe der Beschluss keine derartige Tragweite, „als dass wir Weltbewege­ndes schaffen würden“.

Lucia Vogel (Grüne) sah die Zustimmung und die zusätzlich­en Aufnahmepl­ätze hingegen als „Pflicht und christlich­e Verantwort­ung“an.

Daraufhin machte Weinschenk nochmals deutlich, dass es seiner Meinung nach „derzeit keine Akzeptanz in der breiten Bevölkerun­g“für ein Sonderkont­ingent gebe.

Dann kam es zur Abstimmung. Zunächst widmete sich das Gremium Souards Antrag, der eine Aufnahme von in Seenot geratenen Flüchtling­en zusätzlich zur Quote forderte. Dieser Antrag wurde mehrheitli­ch abgelehnt. Anschließe­nd befasste sich der Gemeindera­t mit Schultes’ Antrag, der die neuerliche Behandlung

des Themas in einem Jahr vorsah. Diesem Antrag stimmte das Gremium mehrheitli­ch zu. Und schließlic­h beschloss der Gemeindera­t mehrheitli­ch, dass Bad Waldsee ein sicherer Hafen wird und sich damit mit den Flüchtling­en solidarisc­h zeigt und städtische Maßnahmen transparen­t veröffentl­icht. Gegenstimm­en gab es von den CDUlern Sonja Wild, Maximilian Klingele, Edmund Gresser, Rosa Eisele, Tobias Lorinser sowie den Freien Wählern Stefan Senko und Franz Daiber.

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FOTO: DPA Bad Waldsee zeigt sich solidarisc­h mit in Seenot geratenen Flüchtling­en.

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