Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„So etwas vergisst man nicht“
Manche Unfälle auf der B 30 bewegen Feuerwehrleute bis heute
BAD WALDSEE/LAUPHEIM - Ein halbes Jahrhundert ist Karl Hans Jörg bei der Freiwilligen Feuerwehr Laupheim aktiv gewesen. Er hat viel Leid gesehen und manche Tragödie, und es gibt Bilder, die unauslöschlich in seinem Gedächtnis haften. Wie jene vom Abend des 3. Januar 2007: Zwei Buben und ein Mädchen, drei, fünf und sieben Jahre alt, liegen auf der mit Wrackteilen übersäten Bundesstraße 30 zwischen Baltringen und LaupheimSüd.
Sie saßen auf der Rückbank eines Autos, das ein von hinten kommender Wagen mit großer Wucht gerammt hat. Ein erschütternder Anblick,
selbst gestandene Einsatzkräfte weinen. „Wenn Kinder sterben, das ist für jeden Feuerwehrmann besonders schlimm“, sagt Jörg. „So etwas vergisst man nicht.“
Auf der B 30 bei Laupheim hat das Schicksal häufig zugeschlagen. Mit Schaudern erinnern sich altgediente Feuerwehrleute an die frühen 80er-Jahre, als dieses Teilstück mit seinem weit gezogenen Bogen um die Stadt noch nicht vierspurig ausgebaut war. Allein im Jahr 1982 ereigneten sich auf dem nur wenige Kilometer langen Abschnitt 33 Unfälle, acht Menschen fanden dabei den Tod. Die Streckenführung verleitete viele Verkehrsteilnehmer zu allzu forschem Tempo und riskanten Überholmanövern, und die Autos boten den Insassen deutlich weniger Schutz als heute.
Ein Unfall im Mai 1982, von dem sie bei der Laupheimer Feuerwehr bis heute sprechen, forderte sechs Menschenleben. Nach Angaben der Polizei war ein Motorradfahrer vermutlich wegen überhöhter Geschwindigkeit mit seiner Maschine auf die Gegenfahrbahn geraten und mit einem entgegenkommenden Auto kollidiert.
In dem Auto, das augenblicklich in Flammen stand, verbrannten zwei Ehepaare aus dem Kreis Biberach. Auch der Biker und seine Sozia starben.
Die Unfallbilanz für 1984 liest sich nicht weniger grauenvoll: Im August waren binnen weniger Tage fünf Todesopfer zu beklagen.
Karl Hans Jörg war damals bei fast allen Einsätzen auf der B 30 dabei, auch in seiner Funktion als Kreispressewart der Feuerwehr. Notfallseelsorger und psychologische Betreuung gab es damals noch nicht, erzählt er – „wir haben das hinterher im Kameradenkreis besprochen und das war’s dann“. Er sei oft froh gewesen, ein „dickes Fell“zu haben, sagt der 73-Jährige. Auf weniger robuste Kameraden habe man natürlich geachtet und sie, wenn möglich, zum Absperren und für Aufräumarbeiten eingesetzt.
„Wir haben uns nach schlimmen
Erlebnissen gegenseitig aufgerichtet“, sagt Hans Heiter, 76, langjähriger Gerätewart der Laupheimer Wehr. Die Kameradschaft untereinander sei ein wichtiger Rückhalt gewesen.
Manche Erinnerungen holen ihn aber auch heute noch ein. Er hat einen Motorradfahrer vor Augen, der 50 Meter durch die Luft geschleudert wurde und mit aufgeplatztem Bauch auf dem Asphalt lag. „Man schiebt das auf die Seite, aber es bleibt hängen.“
Seit dem vierspurigen Ausbau des Teilstücks bei Laupheim in den 90er-Jahren fährt es sich sicherer auf der B 30. Seit Mitte Januar 2007 gilt auch zwischen Achstetten und dem Jordanei bei Biberach durchgängig Tempo 120.
Ein Jahr später zog die Polizei Bilanz: „Positiver hätte es nicht kommen können“, sagte der damalige Biberacher Polizeichef Hubertus Högerle. Dass sich die Unfallzahlen derart nach unten bewegen würden, habe man nicht für möglich gehalten.
Schicksalhafte Momente gibt es indessen nach wie vor. Bei einer Massenkarambolage in der Neujahrsnacht 2013, nur wenige Kilometer nördlich von Laupheim in Fahrtrichtung Ulm, starben drei Menschen, 16 wurden verletzt. Weingartens Oberbürgermeister Markus Ewald erlitt bei einem Autounfall im Dezember 2018 auf Höhe Achstetten lebensbedrohliche Verletzungen und sitzt heute im Rollstuhl.
Im Mai 2014 waren seine Eltern tödlich verunglückt – auf der B 30, zwischen Baindt und Enzisreute.
„Wir haben uns nach schlimmen Erlebnissen gegenseitig aufgerichtet“,
Hans Heiter, langjähriger Gerätewart der Laupheimer Wehr