Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Schwangers­chaft sollte man „bald“mitteilen

- Von Julia Felicitas Allmann

BERLIN (dpa) - Zu der Frage, wann Arbeitnehm­erinnen ihrem Arbeitgebe­r mitteilen müssen, dass sie schwanger sind, gibt es keine eindeutige Regel. In Paragraf 15 des Mutterschu­tzgesetzes heißt es zwar, dass eine schwangere Frau ihrem Arbeitgebe­r ihre Schwangers­chaft und den voraussich­tlichen Tag der Entbindung mitteilen soll, sobald sie weiß, dass sie schwanger ist.

Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht, erklärt aber, dass das lediglich eine „Soll-Regel“ist. Eine Pflicht lasse sich daraus nicht ableiten. „In der Regel gibt es aber keinen Grund, es nicht mitzuteile­n“, so Meyer. Denn sobald eine Frau schwanger ist, besteht nach Paragraf 17 des Mutterschu­tzgesetzes ein Kündigungs­verbot und eine Kündigung vonseiten des Arbeitgebe­rs ist unzulässig.

Eine Mitteilung­spflicht könne sich aber lediglich in einigen Fällen aus den Nebenpflic­hten des Arbeitsver­trags ergeben, erklärt Meyer weiter. „Das kann etwa für Wissenscha­ftlerinnen gelten, die ein bestimmtes Projekt verantwort­en – für das die zeitintens­ive Einarbeitu­ng einer Ersatzkraf­t alsbald erfolgen muss.“

Ebenso müssen Frauen ihrem Arbeitgebe­r dann „sehr schnell“von einer Schwangers­chaft berichten, wenn sie in Branchen tätig sind, in denen es für Schwangere ein Beschäftig­ungsverbot gibt. „Wer also etwa regulär in einer Virenschut­zstation beschäftig­t ist, muss dort während der Schwangers­chaft pausieren.“

Auch wenn man sich noch so sehr gewünscht hat, der neue Chef des eigenen Teams zu werden: Wer innerhalb des Unternehme­ns zur Führungskr­aft befördert wird, sollte genau darauf achten, wie dieser Schritt vollzogen und verkündet wird.

Schlimmste­nfalls können sonst selbst enge Beziehunge­n zerbrechen. „Es ist zunächst extrem wichtig, wie der Übergang kommunizie­rt wird“, sagt Sabine Strobel, Coach für Führungskr­äfte und Teamentwic­klung aus Garmisch-Partenkirc­hen.

„Optimalerw­eise sollten es alle Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r gemeinsam von der neuen Führungskr­aft erfahren, der übergeordn­ete Chef sollte dabei Rückhalt von oben demonstrie­ren.“Als zweiter Schritt folgen idealerwei­se Einzelgesp­räche, um Erwartunge­n von beiden Seiten abzustimme­n.

Die Beförderun­g in persönlich­en Gesprächen mitzuteile­n, ist nicht zu empfehlen. Selbst dann nicht, wenn es sich um enge Freunde handelt, die bislang Kollegen waren. Denn dann besteht immer die Gefahr, dass sich die Neuigkeit herumspric­ht. „Das Schlimmste ist es, wenn es Mitarbeite­r durch jemand anderen erfahren. Das ist wie bei einer Jacke, bei der man den ersten Knopf falsch zuknöpft – das zieht sich immer weiter durch. Der erste Auftritt muss sitzen“, sagt Strobel.

Was nach dieser ersten Ankündigun­g besonders wichtig ist: Gespräche mit Personen führen, die sich ebenfalls auf die Führungspo­sition beworben, diese aber nicht bekommen haben. „Dieses Thema sollte man so schnell wie möglich unter vier Augen ansprechen“, rät Strobel. „Das ist eine unangenehm­e Situation für beide Seiten, aber man sollte sie thematisie­ren und gemeinsam daran arbeiten. Die Hauptsache ist, dass es hier keine unausgespr­ochenen Tabus gibt.“

Kann man als neue Führungskr­aft weiterhin mit den Mitarbeite­rn die Mittagspau­se verbringen oder in eine Kaffee-Runde platzen? Das muss jeder für sich beantworte­n und vom Einzelfall abhängig machen: „Es hängt davon ab, wie das Verhältnis vorher war“, sagt Business Coach Renate Freisler (Foto: Jurga Graf/photo-graf.de) aus Nürnberg. „Wenn es sehr eng und freundscha­ftlich war und die Führungskr­aft auf einmal total distanzier­t ist, kann das die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r irritieren.“

Grundsätzl­ich gilt der Expertin zufolge: „Weil Sie Führungskr­aft sind, sind Sie ja kein anderer Mensch, sondern Sie haben eine neue Rolle und andere Aufgaben.“Wichtig ist es, die neue Position und das veränderte Aufgabenge­biet klar zu kommunizie­ren und sich Zeit dafür zu nehmen: „Strategisc­he Arbeit und Führungsau­fgaben haben Priorität vor operativer Hektik im Tagesgesch­äft.“Wer das nicht ernst nimmt, kann die Folgen in der neuen Rolle noch lange spüren. Auch Strobel empfiehlt, viel Wert auf die richtige Kommunikat­ion zu legen. Vor allem im Umgang mit Mitarbeite­rn, die gleichzeit­ig Freunde sind: „Ich sollte immer artikulier­en, aus welcher Rolle ich gerade spreche.“Am besten ist es, das tatsächlic­h ganz klar zu machen: „Als deine ehemalige Kollegin würde ich dir diesen Rat geben“oder „Als deine Führungskr­aft sage ich …“

Wenn immer offensicht­lich ist, aus welcher Position heraus eine Aussage getroffen wird, sei das die Grundlage für ein funktionie­rendes Miteinande­r – auch in schwierige­n Situatione­n im Berufsallt­ag. „Man kann das Dilemma offen ansprechen“, rät Strobel. „Als Führungskr­aft sollte man ruhig sagen: Ich bin zwar deine Freundin, aber als Chefin kann ich mit dir nicht über dieses Thema reden, so schwer es mir fällt.“

Ob eine Freundscha­ft unter Kollegen trotz Beförderun­g zur Führungskr­aft anhält, hängt der Expertin zufolge davon ab, worauf diese Beziehung fußt: „Wenn ein zentraler Aspekt der Freundscha­ft war, dass man gemeinsam über den Chef oder die Arbeit lästert, dann können Beziehunge­n zerbrechen“, sagt sie. Das könne genauso passieren, wenn jemand in den Betriebsra­t oder Personalra­t wechselt und dadurch plötzlich in einer anderen Rolle handelt.

Unabhängig von engen Freundscha­ften ist es möglich, nach dem Wechsel in den Chefsessel die Mittagspau­se mit den Mitarbeite­rn zu verbringen: „Wenn Sie vorher mit Ihren Kolleginne­n und Kollegen zum Essen gegangen sind, dann sollten Sie das auch weiterhin tun“, rät Freisler. „Es wäre kontraprod­uktiv, sich in den Elfenbeint­urm zurückzuzi­ehen,

Teamentwic­klerin Sabine Strobel nur weil Sie Führungskr­aft sind.“Es könne allerdings passieren, dass sich die Anwesenden anders verhalten als früher – wer befördert wird, muss das aushalten können.

Ob es leichter ist, eine neue Führungsro­lle im gleichen Unternehme­n oder einem komplett unbekannte­n Umfeld zu übernehmen, hängt von der eigenen Persönlich­keit ab. „Analytisch­e Typen können meist gut vom Kollegen zum Vorgesetzt­en wechseln, da ihnen die Abgrenzung leichter fällt“, sagt Strobel. Wer stark auf der Beziehungs­ebene handele, für den könne es einfacher sein, eine neue Rolle in einem anderen Unternehme­n zu übernehmen: „In diesem Fall kann es für die neue Führungskr­aft leichter – und für das Unternehme­n besser – sein, wenn man von außen kommt“, so die Expertin. „Für Beziehungs­typen ist es schwierig, beispielsw­eise einen Mitarbeite­r zu versetzen, von dem man weiß, dass er drei Kinder hat und gerade erst ein Haus gebaut hat. Auch wenn das die beste Entscheidu­ng wäre.“

„Ich sollte immer artikulier­en, aus welcher Rolle ich gerade spreche.“

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Im Arbeitsrec­ht gibt es keinen vorgeschri­ebenen Zeitpunkt, zu dem eine Arbeitnehm­erin ihrem Arbeitgebe­r von einer Schwangers­chaft berichten muss.
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Renate Freisler

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