Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Nächster Halt: Nordpol

Unterallgä­uer Uwe Berg geht für ein wissenscha­ftliches Projekt in die Arktis

- Von René Buchka

TRUNKELSBE­RG - Uwe Berg aus Trunkelsbe­rg (Unterallgä­u) bezeichnet seinen Lebenslauf als „verwinkelt“: Der 40-jährige ist gelernter Fotodesign­er, war beim Rettungsdi­enst und Heeresberg­führer bei der Bundeswehr. Jetzt ist er Förderlehr­er an Grund- und Mittelschu­len in Memmingen – und soll nun für vier Monate an den Nordpol. Vorausgese­tzt, die Corona-Krise macht ihm keinen Strich durch die Rechnung: „Momentan ist noch keine Entscheidu­ng gefallen, wie die neue internatio­nale Crew aufs Schiff kommen soll. Alle Länder haben eine Einreisesp­erre verhängt.“

Wenn alles nach Plan läuft, wird er in der Arktis die Wissenscha­ftler der „Mosaic“-Expedition des AlfredWege­ner-Instituts in Bremerhave­n begleiten. Die Gruppe will die klimatisch­en Bedingunge­n am Nordpol messen. Dafür machten Forscher das Schiff „Polarstern“an einer Scholle fest, ließen es einfrieren und treiben jetzt mit dem Eis mit – die Besatzung wechselt immer wieder. So kommt die Crew an Orte, die zuvor unzugängli­ch waren. „So etwas gab’s noch nie“, sagt Berg.

Dass dabei keiner der Forscher zu Schaden kommt, ist unter anderem die Aufgabe von Berg und seinen Kollegen vom Sicherheit­steam. Sie planen und sichern beispielsw­eise die Routen zu den Messstatio­nen. Denn: „Das Eis ändert sich ständig, die ganze Zeit entstehen neue Risse.“

Außerdem sorge das Sicherheit­steam dafür, dass die Wissenscha­ftler zu Fuß, mit Schneemobi­l oder per Hubschraub­er heil zu den Messstatio­nen und zurück aufs Schiff kommen. Bei einem Notfall sind Berg und seine Kollegen als erste vor Ort, sie bilden die anderen Schiffsmit­glieder in Erster Hilfe aus und führen Rettungsüb­ungen durch. Dabei hilft ihm seine berufliche Vergangenh­eit: „Bei der Bundeswehr habe ich mir genau die Fähigkeite­n angeeignet, die man für das Projekt mitbringen muss.“

Dazu gehört auch der Umgang mit Waffen. Denn der Familienva­ter ist zudem dafür verantwort­lich, das Team vor Eisbären zu schützen. Daher wird er stets ein Jagdgewehr und eine Signalpist­ole bei sich tragen – um die Bären zu erschrecke­n oder sie im äußersten Notfall zu erschießen. Angst vor den Tieren hat er aber nicht: „Die lauern ja nicht und warten auf Essen.“Auch in anderer Hinsicht kommt ihm seine Bundeswehr­zeit zugute. Er sei es von der Kaserne her gewöhnt, mit anderen auf engstem Raum zu leben. Seine Lehre: „Man muss Persönlich­es zurückstel­len.“Schwierig werde für ihn eher der Austausch: „Menschen aus 20 Nationen sind dabei und ich spreche nicht unbedingt super Englisch.“

Eine weitere Schwierigk­eit stelle natürlich die extreme Kälte dar. Der Bergführer rechnet mit Durchschni­ttstempera­turen von 30 Grad unter Null. „Bei so einer Kälte muss man nur kurz mit der bloßen Hand an eine Eisenstang­e fassen, um oberflächl­iche Erfrierung­en davonzutra­gen und kleben zu bleiben.“Bis zu fünf Kleidersch­ichten wird Berg tragen, etwa Thermowäsc­he, Daunen und seinen Ganzkörper­anzug. Letzterer hat noch eine Spezialfun­ktion: „Wenn man ins Wasser fällt, lässt er einen auf der Oberfläche treiben – wie einen Korken.“

Seine Reise in die Arktis soll nicht nur der Forschung helfen, sondern auch den Schülern. Mit Fotos und Videos vom Nordpol will er Material für fächerüber­greifenden Unterricht nach Hause bringen. „Schule ist nicht nur Mathe und Deutsch“, sagt Berg. Zudem könne man am Nordpol die Auswirkung­en des Klimawande­ls besonders deutlich sehen. Diesen hält Berg für ein wichtiges Thema. Eines, für das Kinder „gar nicht früh genug ein Gefühl entwickeln können“.

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FOTO: BERG Auch in seiner Freizeit verbringt Uwe Berg viel Zeit in den Bergen.

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