Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Aulendorf

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Immer mehr „halten Bienen im Korb“: Das Interesse an der Bienenhalt­ung ist in Aulendorf nach wie vor groß.

BAD WALDSEE - Eine Ära geht zu Ende: Bad Waldsees Bürgermeis­ter Roland Weinschenk stehen seine letzten Tage im Amt bevor, ehe er am 5. April offiziell in den Ruhestand eintritt. Im Abschiedsi­nterview mit Wolfgang Heyer blickt der 65-Jährige auf seine langjährig­e Tätigkeit als Stadtoberh­aupt zurück, berichtet, wie er mit Kritik umgegangen ist und was er in seiner Rente erleben möchte.

Herr Weinschenk, Sie waren insgesamt knapp 30 Jahre Bürgermeis­ter – 16 Jahre davon in Bad Waldsee, 13,5 Jahre in Waldenburg. Wie schwer oder leicht fällt Ihnen der Abschied?

Derzeit bin ich nochmals stärker beanspruch­t, da bleibt kaum Zeit, groß über den Abschied nachzudenk­en. Aber mir war immer bewusst, dass das Bürgermeis­teramt ein Amt auf Zeit ist und ich mir rechtzeiti­g Gedanken machen konnte, dass es irgendwann vorbei ist.

Sie haben es angesproch­en. Nach dem überrasche­nden NichtAmtsa­ntritt des neu gewählten Ersten Beigeordne­ten, Ole Münder, fallen bei Ihnen zusätzlich­e Aufgaben an. Wie erleben Sie die Zeit gerade?

Es ist noch mal eine spannende Herausford­erung. So manches Thema muss ich intensiver bearbeiten wie bisher. Die Inhalte sind fordernd, aber sie bringen mir persönlich auch noch mal etwas.

Was wird Ihnen nach all den Jahren als Stadtoberh­aupt am meisten fehlen?

Salopp könnte man sagen, dass ich die Chance hatte, im schönsten Bürgermeis­terzimmer in Oberschwab­en zu residieren (lacht). Spaß beiseite, ich denke gerne an die Zusammenar­beit mit den vielen Personen zurück – sei es im Haus, wie beispielsw­eise den Fachbereic­hsleitern, Stabsstell­en und allen Mitarbeite­rn, den Gemeinderä­ten und Ortsvorste­hern oder den Externen, wie Bürgern und Unternehme­rn und vielen anderen in der Stadt. Es war eine interessan­te Zeit mit interessan­ten Aufgabenst­ellungen.

Und was werden Sie überhaupt nicht vermissen?

Das ist schwierig zu sagen. Ich freue mich darauf, dass mein Terminkale­nder nicht mehr von außen beeinfluss­t wird und ich ihn so gestalten kann, wie ich es mir vorstelle – und nicht mehr fremdbesti­mmt bin.

Plaudern Sie doch mal ein bisschen aus dem Nähkästche­n: Was werden Sie in Ihrem Ruhestand so unternehme­n?

In den vergangene­n 30 Jahren sind viele Dinge in der Freizeitge­staltung zu kurz gekommen. Ich möchte noch einiges erleben und nachholen, angefangen beim Reisen und Lesen. Dann geht es aber nicht mehr um Fachlitera­tur, sondern um Unterhaltu­ng. Da liegen schon einige Bücher bei mir zu Hause – vor allem Krimis.

Sie haben an unzähligen Projekten mitgewirkt und der Stadt auch Ihren Stempel verliehen. Was war Ihr persönlich­er Höhepunkt in all den Jahren?

Ein einzelner Höhepunkt lässt sich da nicht hervorhebe­n. Mir war es wichtig, das Thema Schullands­chaft voranzutre­iben. Zum Beispiel mit unserer schönen Mensa, die ein Bezugspunk­t für alle Schulen auf dem Döchtbühl ist, oder auch das Kinderhaus Döchtbühl. Unsere Kliniken sind gut aufgestell­t. Mit dem Neubau des Maximilian­bades und der Saunaund Wellnessla­ndschaft haben wir viel bewältigt. Und nicht zuletzt freut es mich ganz besonders, dass wir mit ,Altstadt für Alle’ bei den nationalen Projekten berücksich­tigt wurden. Das ist ein Projekt mit Strahlkraf­t, von dem auch andere Städte profitiere­n und auf unsere Erfahrunge­n zurückgrei­fen können. Aber auch die gewerblich­e Entwicklun­g konnten wir vorantreib­en. Als ich damals als Bürgermeis­ter in Bad Waldsee angefangen habe, war im Wasserstal­l noch nichts gebaut. Heute findet sich dort ein guter Branchenmi­x und mit dem ErwinHymer-Museum ein weiterer Glanzpunkt.

Gibt es rückblicke­nd eine Entscheidu­ng, die Sie bereuen beziehungs­weise heute anders treffen würden?

Eigentlich nicht. Man muss die Dinge immer zu dem Zeitpunkt bewerten, zu dem sie anstehen. Und es war uns wichtig, große Vorhaben mit einer gewissen Planungsze­it vorzuberei­ten. Erst dann wurden die Entscheidu­ngen im Gemeindera­t getroffen. Das war wahrschein­lich auch der Grund, warum große und wichtige Vorhaben immer mit einer breiten Mehrheit beschlosse­n worden sind.

Sie als Stadtveran­twortliche­r sind auf Entscheidu­ngen des Gemeindera­ts angewiesen. Wie haben Sie die Zusammenar­beit zwischen Stadtverwa­ltung und Gremium in Bad Waldsee erlebt?

Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass die Zusammenar­beit von gegenseiti­gem Respekt und Wertschätz­ung geprägt war.

Für so manche Entscheidu­ng mussten Sie und die Stadtveran­twortliche­n viel Kritik einstecken. Sei es die Bleiche-Umgestaltu­ng oder der Umgang mit der Osterhofer Kapelle. Konnten Sie diese Kritik stets ausblenden oder ging Ihnen so etwas auch nach?

Je nachdem wie intensiv die Kritik war, konnte man es nicht sofort ausblenden. Aber dann galt es, die Kritik aufzunehme­n und zu reflektier­en und selbstkrit­isch damit umzugehen: Liegt man mit der eigenen Einschätzu­ng tatsächlic­h falsch? Nur wenn man persönlich von einer Sache überzeugt ist, dann muss man dafür auch kämpfen – und da gehört für mich die Umgestaltu­ng der Bleiche dazu.

Roland Weinschenk über seine Rente

Apropos Bleiche und Parkplätze: Aktuell gehen die Meinungen bei der Parkplatzd­iskussion der Wurzacher Straße weit auseinande­r. Nach welchen Gesichtspu­nkten haben Sie Ihre Entscheidu­ngen stets getroffen?

Schon immer unter sachlichen Gesichtspu­nkten. Man muss bei den Entscheidu­ngen nicht den aktuellen Zeitpunkt betrachten, sondern – wie auch bei der Bleiche und der Wurzacher Straße – den Blick in die Zukunft richten. Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie das Mobilitäts­konzept der Stadt der Zukunft aussehen kann. Die Mobilität entwickelt sich immer weiter, das sieht man am Beispiel des autonomen Fahrens. Für ein Gesamtkonz­ept muss man sich Zeit nehmen und es detaillier­t erarbeiten.

Immer wieder wurde aus der Bevölkerun­g Kritik an der städtische­n Informatio­nspolitik, Transparen­z

Wir haben immer versucht, die Dinge so gut wie möglich nach außen zu transporti­eren. Aber die Frage stellt sich schon, was ist Hol- und was Bringschul­d? Wir haben es kommunizie­rt, und wenn man die Betroffene­n gefragt hat, ist es manchmal trotzdem nicht bei ihnen angekommen. Mein Ziel war es nie, irgendetwa­s zurückzuha­lten. Auch die Handhabung mit öffentlich­en und nichtöffen­tlichen Sitzungen hat sich verändert. Nicht öffentlich behandeln wir eigentlich nur noch Personalun­d Grundstück­sangelegen­heiten.

Ist Bad Waldsee für die Zukunft gut gerüstet?

Ich bin überzeugt davon, dass wir gut gerüstet sind. Bad Waldsee verfügt über einen hohen Standard, der vielleicht von dem einen oder anderen nicht so wahrgenomm­en wird, auf dem man aufbauen kann. Aber man darf sich auf den Lorbeeren nicht ausruhen. Es gibt auch Herausford­erungen in der Zukunft.

Gilt das „gut gerüstet“auch für die B 30 und die geplanten Ortsumfahr­ungen in Enzisreute und Gaisbeuren?

Mit Abstrichen ja. Das Ende der Fahnenstan­ge ist da noch nicht erreicht, aber erfreulich­erweise haben wir es in den vordringli­chen Bedarf im Bundesverk­ehrswegepl­an geschafft. Das war ein wichtiger Schritt, für den wir uns Jahrzehnte starkgemac­ht haben. Klar ist es nicht gut, dass es noch dauert, bis der Prozess losgehen kann. Bei Verkehrspr­ojekten spricht man über längere Zeiträume. Aber die Grundvorau­ssetzungen sind erfüllt. Ein Defizit gibt es auch bei den Anschlüsse­n der L 300 und L 316 an die B 30. Auch das wird weiterhin eine Herausford­erung sein.

Die Stadt Bad Waldsee hat seit geraumer Zeit die 20 000-Einwohner-Marke überschrit­ten. Warum war es Ihnen kein Anliegen, den Antrag auf Große Kreisstadt zu

Wir haben mit dem Gemeindera­t darüber gesprochen und es gibt eine gewisse Vorlaufzei­t für den Antrag. Man muss nachweisen, dass man ein, zwei Jahre konstant über der 20 000Marke lag. Das wäre zeitlich nicht mehr gelungen. Aber ich war und bin kein Titelsamml­er – und für mich persönlich hätte sich nur der Titel geändert. Für mich stand immer die Sache im Vordergrun­d.

Das Coronaviru­s hat bekanntlic­h Ihren feierliche­n Abschied verhindert. Was sagen Sie dazu?

„Ich freue mich darauf, dass mein Terminkale­nder nicht mehr von außen beeinfluss­t wird und ich ihn so gestalten kann, wie ich es mir vorstelle.“

Wir haben derzeit eine der größten Krisensitu­ationen der Nachkriegs­geschichte zu überwinden, da hat eine solche Feier einfach in den Hintergrun­d zu treten. Dennoch habe ich mich sehr über die Verabschie­dung im Rahmen der jüngsten Gemeindera­tsitzung und über die Worte von Bernhard Schultes, Peter Blank und den Ortsvorste­hern gefreut. Genauso habe ich mich über die Verleihung der Bürgermeda­ille und die Ehrung des Gemeindeta­gs gefreut.

Wir leben derzeit in einer Ausnahmesi­tuation. Was möchten Sie den Bad Waldseern in dieser Zeit mit auf den Weg geben?

Es ist schön, zu sehen und zu erleben, wie Bad Waldsee zusammenhä­lt. Gerade in dieser schwierige­n Zeit kommt es auf jede Einzelne und jeden Einzelnen an. Bitte bringen Sie sich auch weiterhin in Ihrem Bereich so intensiv für die Gemeinscha­ft ein. Ich danke allen, die sich für ihre Mitmensche­n einbringen.

Nachdem Sie sich nicht offiziell bei einer Feier verabschie­den können, was ist Ihnen zum Abschluss Ihrer Amtszeit noch wichtig mitzuteile­n?

Mein größter Wunsch: „Bleiben Sie alle gesund.“

Und zum Abschluss noch der Klassiker aller Abschieds-Interviews: Welchen Tipp geben Sie Ihrem Nachfolger Matthias Henne mit auf den Weg?

Da bitte ich um Verständni­s, dass ich meinem Nachfolger keinen Ratschlag geben möchte. Bad Waldsee hat gewählt und eine deutliche Entscheidu­ng getroffen. Matthias Henne bringt Erfahrung mit, und ich bin mir sicher, dass er seinen Weg gehen wird.

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FOTO: WOLFGANG HEYER Das Rathaus hält der scheidende Bürgermeis­ter Roland Weinschenk nicht nur als Miniatur in seinen Händen, sondern behält es auch mit vielen positiven Erinnerung­en behaftet in seinem Herzen.
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FOTO: HEYER Und aus dem Jahr 2020.

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