Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Varta immun gegen die Corona-Krise
Ellwanger Batteriehersteller steigert Umsatz und Gewinn und will weiter wachsen – Land fördert Pilotlinie für große Lithium-Ionen-Zellen
ELLWANGEN - Der Ellwanger Batteriehersteller Varta gehört zu den ganz wenigen Unternehmen, die trotz der Corona-Krise fast ausschließlich optimistisch in die Zukunft blicken. „Wir sehen derzeit keine Beeinträchtigungen unseres Geschäfts infolge des Coronavirus. Durch die hohe Nachfrage nach unseren Lithium-Ionen-Batterien werden wir unsere Produktionskapazitäten weiter massiv ausbauen und das dynamische Wachstum fortsetzen“, sagte Varta-Chef Herbert Schein bei der Vorstellung der Geschäftszahlen für das Jahr 2019. „Die starken Zahlen unterstreichen die Wachstumsdynamik des Varta-Konzerns.“
Die selbstbewussten Worte Scheins gründen sich auf die Ergebnisse aus den vergangenen zwölf Monaten, die bei dem Traditionsunternehmen auf der Ostalb für große Freude sorgen. So wuchs der Umsatz von Varta 2019 um 33,5 Prozent auf 362,7 Millionen Euro, wie Varta am Dienstagmorgen mitteilte. Der operative Gewinn sei sogar noch auffallender gestiegen: Er verbesserte sich um 94,1 Prozent auf 97,5 Millionen Euro. Daraus ergibt sich eine operative Umsatzrendite von 26,9 Prozent (plus 8,4 Prozentpunkte). Unterm Strich verdiente Varta 50,5 Millionen Euro – das war fast doppelt so viel wie im Jahr zuvor.
„Wir sehen dem Jahr 2020 zuversichtlich entgegen“, sagte auch Finanzchef Steffen Munz. „Unsere gesunde Bilanz mit hoher Eigenkapitalquote und geringer Verschuldung, kombiniert mit einem weiterhin erwarteten soliden operativen Cashflow aus der Gruppe, ermöglichen die Finanzierung von weiteren Investitionen in den Ausbau der Produktionskapazitäten.“
Für 2020 rechnet Varta mit einem Konzernumsatz zwischen 780 und 800 Millionen Euro. Den operativen Gewinn erwartet die im M-Dax gelistete Aktiengesellschaft zwischen 175 und 185 Millionen Euro. Bereits am vergangenen Freitag hatte Varta mitgeteilt, seinen Gewinn aus dem Jahr 2019 für weitere Investitionen einzubehalten.
Varta stellt vor allem wiederaufladbare Lithium-Ionen-Zellen für Kopfhörer her. In diesem Bereich sei die Nachfrage in einem dynamisch wachsenden Markt weiterhin ungebrochen hoch. Zudem habe das Unternehmen seine weltweite Marktposition im Bereich der HörgeräteBatterien weiter ausgebaut. Varta profitiere derzeit vom Trend zu wiederaufladbaren Hörgeräten. Auch im Segment Powerpacks stieg der Umsatz des Ellwanger Unternehmens, in diesem Bereich produziert Varta Batteriepacks für Kunden, die Elektrogeräte herstellen.
Zu den Investitionen, denen Herbert Schein und Steffen Munz mit großer Spannung entgegenblicken, gehört der Aufbau einer Pilotproduktion für größere Lithium-Ionen-Zellen, die perspektivisch auch für Autobatterien genutzt werden können. Das Projekt wird gefördert im Rahmen der europäischen Initiative zum Aufbau einer Batteriezellfertigung (IPCEI). Bereits im Dezember hatte die Kommission der Europäischen Union bekannt gegeben, dass die Varta-Produktion zu den förderungswürdigen Projekten gehört. Insgesamt
wollen Bund und Länder rund 1,7 Milliarden Euro in den Aufbau einer Batteriezellenproduktion stecken, um die europäische Autoindustrie, deren Modelle in den kommenden Jahren zunehmend elektrifiziert werden, unabhängiger von Batterieherstellern aus Asien zu machen.
Den größten Anteil der 1,7 Milliarden Euro Fördergelder in Höhe von 518,1 Millionen Euro erhalten nach Angaben von CDU-Landtagsabgeordnetem Winfried Mack Unternehmen aus Baden-Württemberg. Davon übernimmt der Südwesten selbst 30 Prozent, also 155 Millionen Euro, wie Südwest-Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut am Dienstag bestätigte. „Das Land steht bereit, die beteiligten Unternehmen auf dem Weg zu einer international wettbewerbsfähigen Batterieproduktion zu unterstützen“, sagte CDU-Politikerin.
Der Varta-Chef freute sich über die Zusage des Landes. „Wir begrüßen es, dass das Land Baden-Württemberg uns auch bei diesem wichtigen Vorhaben unterstützen wird“, sagte Schein der „Schwäbischen Zeitung“. Insgesamt kann Varta für die Pilotproduktion auf 198 Millionen Euro bauen, damit ist die Anlage das größte der im Südwesten geförderten Projekte.