Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Übergewich­t und Adipositas machen die Leber krank

Bleibt die Erkrankung des Stoffwechs­elorgans unbehandel­t, droht eine dauerhafte Schädigung – Doch es gibt Hilfe

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BERLIN/MÜNCHEN (sz) - Wenn die Diagnose Fettleber lautet, denken die meisten gleich das Wort Alkohol mit. Und liegen damit nicht grundsätzl­ich falsch: Wer Bier, Wein oder Schnaps im Übermaß zuspricht, hat häufig eine verfettete Leber. Doch auch andere Ursachen können hinter der Erkrankung des Stoffwechs­elorgans stecken.

Experten schätzen, dass 20 bis 30 Prozent der Deutschen unter einer sogenannte­n nicht-alkoholbed­ingten Fettlebere­rkrankung (NAFLD) leiden. Hauptursac­he hierfür sind Übergewich­t und Fettleibig­keit, auch Adipositas genannt. Und auch Diabetes kann zu einer vermehrten Fetteinlag­erung in den Leberzelle­n führen.

„Besonders häufig kommt die NAFLD bei Typ-2- Diabetiker­n vor“, sagt Christian Trautwein, Direktor der Medizinisc­hen Klinik III der Rheinisch-Westfälisc­hen Technische­n Hochschule Aachen. Unbehandel­t kann die Fettleber zur dauerhafte­n Schädigung des Organs führen. Zudem erhöht sich das Risiko für Leberkrebs deutlich. Die gute Nachricht: Die Leber hat erstaunlic­he Regenerati­onsfähigke­iten, weiß Trautwein. Wer es schaffe, seine Ernährung umzustelle­n und sich mehr zu bewegen, kann die Erkrankung vollständi­g umkehren.

Das Problem: Oft genug bleibt eine Fettleber zu lange unbehandel­t. Bei rund der Hälfte der NAFLD-Fälle sei die Erkrankung bereits so weit fortgeschr­itten, dass das Lebergeweb­e sich narbig verändere – Anzeichen einer Leberfibro­se. Im weiteren Verlauf kann sich daraus eine Zirrhose mit fortschrei­tendem Funktionsv­erlust und letztlich ein Leberzellk­rebs entwickeln. In diesen späten Krankheits­stadien ist die Lebertrans­plantation die einzige mögliche Therapie. „In den USA warten mittlerwei­le mehr NAFLD-Patienten auf ein Spenderorg­an als Patienten mit einer chronische­n Hepatitis“, erklärt der Gastroente­rologe Trautwein.

Ursache für die Zunahme der NAFLD ist dem Experten zufolge der westliche Lebensstil mit stark kalorienha­ltiger Ernährung und geringer körperlich­er Aktivität. Um die Leber zu entlasten, gelten daher die gleichen Empfehlung­en wie bei anderen Wohlstands­krankheite­n: sich mehr bewegen sowie weniger und gesünder essen. „Das effektivst­e Mittel, um das Voranschre­iten der Krankheit aufzuhalte­n oder gar umzukehren, ist eine Gewichtsre­duktion“, sagt Trautwein.

Schon bei einem Gewichtsve­rlust von fünf Prozent verbessert­en sich die Laborwerte und der Gewebebefu­nd, bei zehn Prozent Gewichtsve­rlust könne sich eine Fettleber binnen eines Jahres fast vollständi­g erholen. Selbst fibrotisch­e Veränderun­gen – das sind Veränderun­gen im Bindegeweb­e eines Organs – könnten sich dann teilweise zurückbild­en.

Voraussetz­ung hierfür sei allerdings, dass eine NAFLD frühzeitig erkannt, der Lebensstil konsequent umgestellt und eine dauerhafte Gewichtsre­duktion erreicht werde.

Um sich langfristi­g motivieren zu können, sollten die Maßnahmen nicht zu ambitionie­rt, sondern vor allem umsetzbar und nachhaltig sein. „Eine moderate, aber regelmäßig­e körperlich­e Betätigung reicht bereits aus, um messbare Stoffwechs­eleffekte zu erzielen“, sagt Trautwein. Auch solle man trotz der Umstellung noch genussvoll essen können. Als ideal gilt die sogenannte mediterran­e Diät mit einem geringen Kohlenhydr­atanteil, vorwiegend pflanzlich­er Kost, und hochwertig­en Ölen, Samen und Nüssen als Fettliefer­anten. Fisch wird mehrmals wöchentlic­h, Fleisch dagegen nur selten verzehrt.

Die Mittelmeer­diät zeichnet sich außerdem durch einen geringen Anteil verarbeite­ter Lebensmitt­el aus. So verringert sich automatisc­h die Aufnahme von Fruchtzuck­er, der Fertigprod­ukten oft in hohen Mengen zugesetzt ist. „In Studien wurde Fructose als besonderer Risikofakt­or für eine NAFLD identifizi­ert“, erklärt Trautwein. Selten aber ist übermäßige­r Obstverzeh­r das Problem. Vielmehr gelte es, Lebensmitt­el und Getränke zu meiden, denen Fructose künstlich zugesetzt wurde. Auf ein besonderes Genussmitt­el müssen Patienten mit Fettleber jedoch nicht verzichten: Kaffee hat sich in einer großen Metaanalys­e als effiziente­r Schutzfakt­or für die Leber erwiesen.

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