Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Studieren in Zeiten von Corona
Hochschule-Ravensburg-Weingarten arbeitet an digitalen Lösungen für den Lehrbetrieb
WEINGARTEN (sz) - Der Vorlesungsbetrieb an den Universitäten und Hochschulen in Baden-Württemberg ist bis zum 19. April ausgesetzt. Ob danach das Sommersemester beginnen kann, vermag im Moment niemand mit Gewissheit zu sagen, teilt die Hochschule-Ravensburg-Weingarten (RWU) mit und berichtet über ihre Anstrengungen, den Lehrbetrieb dennoch so gut wie möglich aufrechtzuerhalten. „Wir arbeiten mit Hochdruck am Ausbau unserer digitalisierten Lehrangebote“, berichtet der Didaktikbeauftragte der RWU, Professor Jörg Wendorff.
Doch um digitale Lernangebote zur Verfügung zu stellen, brauche es nicht nur die Technik, sondern auch die Bereitschaft, diese anzuwenden. „Wir bieten aktuell Webinare an, um die Lehrenden und die Studierenden für diese neuen Methoden zu qualifizieren“, sagt Jochen Weißenrieder vom Didaktikteam. Allein die ersten drei Webinaren hätten insgesamt mehr als 250 Teilnehmer virtuell besucht.
Bereits in den vergangenen Jahren habe die Hochschuleinrichtung das Thema E-Learning vorangetrieben und die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen. Hinzu komme, dass ein Didaktikteam aufgebaut wurde, das nun die Professoren unterstütze und zusätzliche digitale Anwendungen ins Angebot integriere. „Auch wenn normalerweise die Präsenzlehre durch digitale Angebote sinnvoll ergänzt, aber nicht ersetzt werden kann, führen die momentanen Rahmenbedingungen dazu, dass versucht wird, für eine gewisse Zeit die Lehre komplett online durchzuführen“, sagt RUW-Mitarbeiterin Franziska Preiß.
So kämen an der RWU verschiedene Programme zum Einsatz: Die Lernplattform Moodle biete Unterstützung kooperativer Lehrund Lernmethoden. Es werden Arbeitsmaterialen zur Verfügung gestellt und digitale Lernaktivitäten gefördert. Für persönliche E-Portfolios dient die Software Mahara. In dem lernzentrierten System können eigene Lernziele und -pläne verwaltet, Dateien gesammelt und Lerntagebücher angefertigt werden.
Ein neues Tool an der RWU heißt „Bigbluebutton. Die Konferenz-Software dient als „virtueller Hörsaal“und wird bereits auch für Besprechungen in der Hochschulverwaltung eingesetzt, teilt die RWU mit. Um die Leistungsfähigkeit dieses neuen Systems besser einschätzen zu können, wurde zu einem hochschulweiten „Stresstest“aufgerufen. Mehr als 800 Studierende traten gleichzeitig mehreren digitalen Konferenzen bei. Dabei sei das System kurzzeitig fast in die Knie gegangen.
„Der Stresstest hat uns bestehende Probleme aufgezeigt. Nun können wir weiter ausbauen, um die digitalen Vorlesungen zu ermöglichen“, berichtet Paul Spieß, der den Test als studentische Hilfskraft im Rechenzentrum begleitete. Der Studiengang Angewandte Psychologie führt bereits seit dem 23. März sein Vorlesungsangebot online durch. Studiengangsleiterin und Professorin Silvia Queri hat mit ihren drei Kollegen hierfür ein Konzept entwickelt.
Doch mit jeder neuen Lösung, teilt die RWU mit, kommen auch neue Fragen. So müssen für E-Prüfungen erst die technischen und administrativen Rahmenbedingungen geschaffen sowie die juristischen Aspekte geklärt werden. Eine weitere Aufgabe bestehe darin, für die zahlreichen internationalen Studierenden der RWU die Inhalte dementsprechend mehrsprachig aufzuarbeiten. Und auch für Labor- und Praxisveranstaltungen gebe es noch kein ausgereiftes Konzept, informiert Martin Preußentanz vom Didaktik-Team.
Digitale Lehr- und Lern-Szenarien werden die Präsenzlehre auf Dauer wohl kaum ersetzen. Aber in der aktuellen Situation seien sie eine wertvolle Alternative und werden sicherlich auch in einer Zeit nach der Corona-Krise ihre Anwendung finden.