Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Buchmann für Geistertour
Der Radprofi aus Ravensburg will in Frankreich fahren
RAVENSBURG (dpa/SID) - RadsportHoffnungsträger Emanuel Buchmann spricht sich trotz der CoronavirusPandemie für eine Durchführung der Tour de France aus – allerdings ohne Zuschauer. „Natürlich wäre die Tour nicht dieselbe. Unser Sport lebt von Emotionen und den Fans. Aber man muss auch sagen, dass enorm viel dranhängt: wir Fahrer, die Teams, die TV-Stationen“, sagte der letztjährige Tour-Vierte vom Team Bora-hansgrohe der „Sport Bild“. „Wir alle sind für die Tour motiviert, egal ob mit oder ohne Zuschauer. So gesehen wäre das eindeutig besser als nichts“, meinte der 27-jährige Ravensburger.
Auch Bora-Teamchef Ralph Denk ist für eine Austragung der Frankreich-Rundfahrt: „Im Fußball werden ja auch Geisterspiele diskutiert. Warum soll das als Notlösung nicht auch bei der Tour möglich sein?“Denk kann sich hohe Geldstrafen vorstellen, um die Fans davon abzuhalten, doch zur Strecke zu kommen. „Wenn der Besuch der Tour zum Beispiel 20 000 Euro kostet, dann überlegt sich jeder zweimal, ob er hingeht oder das Rennen lieber im Fernsehen schaut.“
Während das Internationale Olympische Komitee und die Europäische Fußball-Union entschieden, die Olympischen Spiele in Tokio und die EM aufgrund der Corona-Krise ins Jahr 2021 zu verschieben, blieben die Tour-Veranstalter bislang hart. Sie halten noch an der Austragung vom 27. Juni bis 19. Juli fest.
Laut Medien überlegen der Veranstalter ASO um Rennchef Christian Prudhomme und Frankreichs Sportministerin Roxana Maracineanu, die
Rundfahrt mit erheblichen Einschränkungen für die Öffentlichkeit durchzuziehen anstatt sie zu verschieben. Der deutsche Radstar John Degenkolb aber ist skeptisch: „Prudhomme meinte, dass nur ein Weltkrieg die Tour de France stoppen kann. Der Meinung bin ich ehrlich gesagt nicht. Ein sicheres Gefühl zu haben, dass wir Ende Juni in Nizza am Start stehen, davon kann ich nicht sprechen.“
Angesichts der enormen Totenzahlen in Frankreich – Präsident Emmanuel Macron erklärte dem Coronavirus verbal den Krieg – ist kaum vorstellbar, dass in drei Monaten ein Radsportfest gefeiert wird. Und doch: „Die Regierung will das Rennen erhalten, weil es ein großes Zeichen der Hoffnung im Juli sein kann, wenn wir die Krise hoffentlich überstanden haben“, sagte der „Le Monde“-Radexperte Clément Guillou: „Die Tour ist wie Notre-Dame, wie der Louvre. Es ist Teil des französischen Erbes.“