Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Gemeinschaftsschule Waldburg-Vogt ist gerettet
Kuriose Entwicklung in der Region: Erst brechen Schülerzahlen ein – jetzt gibt es sogar Aufnahmestopps
KREIS RAVENSBURG - Die Gemeinschaftsschule Waldburg-Vogt ist gerettet. Als im vergangenen Jahr die Anmeldezahlen drastisch einbrachen, stand eine drohende Schließung der Schule im Raum. Doch nun gibt es diesen Herbst wieder eine fünfte Klasse. Die Baienfurter Gemeinschaftsschule hat nach einem kurzen Einbruch inzwischen sogar wieder mehr Anmeldungen als Plätze. Warum es diese Achterbahnfahrt gab, dazu existieren unterschiedliche Erklärungsansätze.
„Wir haben 22 Anmeldungen“: Als er diese Nachricht vor Kurzem verkündete, strahlte Peter Smigoc über das ganze Gesicht. Kein Wunder – die Anmeldezahlen im Vorjahr hatten dem Vogter Bürgermeister gar keine Freude gemacht. Nur fünf
Interessenten gab es damals für die Gemeinschaftsschule WaldburgVogt, die an zwei Standorten angesiedelt ist – es kam keine fünfte Klasse zustande. Smigoc und sein Waldburger Kollege Michael Röger zeigten sich angesichts dieser Zahl alarmiert. Liegen nämlich an einer Schule in zwei aufeinanderfolgenden Jahren weniger als 16 Anmeldungen für die fünfte Klasse vor, droht die Schließung der Sekundarstufe. Diese Gefahr ist nun zumindest vorläufig abgewendet.
Im vergangenen Frühjahr war die Situation für Waldburg und Vogt noch eine „blanke Katastrophe“, wie Michael Röger es formulierte. Hatte man sich doch sechs Jahre zuvor für dieses neue Schulmodell entschieden, um die Gemeinden als Standorte für weiterführende Schulen zu sichern. In Vogt war sogar das Schulgebäude
komplett saniert und modernisiert worden. Und dann auf einmal nur noch fünf interessierte Fünftklässler.
Im Sommer kündigten Vogt und Waldburg dann an, man habe sich aus der „Schockstarre“befreit und wolle in die Offensive gehen. Bürgermeister und Schulleitung führten Gespräche mit Eltern und Lehrern, hängten im Einzugsgebiet der Schule Banner auf, berichteten in den Mitteilungsblättern verstärkt über Schulaktivitäten und weiteten die Patenschaften von älteren für jüngere Schüler aus. Außerdem konnten Eltern und Kinder als Gäste in den Unterricht hineinschnuppern. „Einige Eltern wissen wohl gar nicht, dass man an der Gemeinschaftsschule den klassischen Realschulabschluss machen kann“, stellte Peter Smigoc damals fest.
Was genau die Ursache für den Rückgang der Anmeldezahlen war und ob es an der verstärkten Öffentlichkeitsarbeit lag, dass die Zahlen sich nun wieder normalisiert haben – das weiß keiner so genau. Fest steht, dass der Schulbetrieb in Waldburg und Vogt ab Herbst wieder seinen gewohnten Gang geht. Lediglich die sechste Klasse wird dann fehlen – logische Folge daraus, dass es dieses Jahr keine fünfte Klasse gibt.
Auch in Baienfurt sorgte die örtliche Gemeinschaftsschule vergangenes Jahr kurzfristig für Kummer: Hatte die Schule bis dahin jährlich mehr als 30 Fünftklässler, gab es im Frühjahr 2019 nur noch 22 Anmeldungen. Eine Anzahl, die nur für eine fünfte Klasse reicht und nicht, wie sonst, für zwei. „Das kommt sehr unerwartet für uns“, sagte Baienfurts Bürgermeister Günter A. Binder damals.
Auch in Baienfurt rätselte man über die Ursachen, sah sich im Gemeinderat aber gezwungen, einen „historischen Beschluss“zu treffen: Der geplante Umbau inklusive Erweiterung der Gemeinschaftsschule wurde gestoppt. Das Projekt war mit 18 Millionen Euro veranschlagt.
Die Situation änderte sich jedoch schnell wieder. Denn inzwischen sind so viele weitere Anmeldungen eingegangen, dass die einzügig gestartete fünfte Klasse zum neuen Schuljahr – dann als sechste Klasse – zweizügig wird, wie Schulleiter Andreas Lehle im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“sagt. Und mehr noch: Der Trend hat sich sogar ins Gegenteil verkehrt. Für die neuen fünften Klassen ab diesem Herbst habe es mehr Anmeldungen als Plätze gegeben. „Wir sind maximal ausgelastet und mussten einen Aufnahmestopp verhängen“, sagt der Schulleiter. Wie es vor diesem Hintergrund mit dem Thema Umbau weitergeht, ist Sache von Verwaltung und Gemeinderat.
Von derlei Turbulenzen verschont geblieben sind die Gemeinschaftsschulen in Bergatreute und Horgenzell. Beide Schulleiter vermelden stabile Anmeldezahlen aus den vergangenen Jahren. Mit insgesamt 47 Schülern starten in Horgenzell im Herbst zwei fünfte Klassen „eine perfekte Zahl“, wie Schulleiter Markus Bichler sagt.
In Bergatreute sind die Jahrgangsstufen mal einzügig und mal zweizügig. Aktuell gibt es auch dort einen positiven Trend: „In den vergangenen drei Jahren hatten wir jeweils 22 Anmeldungen für die fünfte Klasse“, sagt Rektor Andreas Reichle. „Fürs neue Schuljahr sind es 32, das heißt, die fünfte Klasse wird wieder zweizügig.“