Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ohne Gespräche ist Forschung schwierig

Corona-Beschränku­ngen wirken sich auf Ausstellun­gsarbeit im Bauernhaus­museum aus

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WOLFEGG (sz) - Die Mitarbeite­nden im Bauernhaus­museum AllgäuOber­schwaben Wolfegg arbeiten derzeit aufgrund der Corona-Vorsichtsm­aßnahmen unter besonderen Bedingunge­n. Das Museum bleibt wie alle Kultureinr­ichtungen vorerst für die Öffentlich­keit geschlosse­n. Hinter den geschlosse­nen Türen geht die aber Arbeit weiter.

„Eine Herausford­erung stellt die Corona-Pandemie auch für unser laufendes Forschungs- und Ausstellun­gsprojekt dar“, berichtet Maximilian Eiden, kommissari­scher Leiter des Bauernhaus­museums. Denn die Forschunge­n über „Gastarbeit­erinnen und Gastarbeit­er im Landkreis Ravensburg von 1955 bis 1973“sind partizipat­iv angelegt und setzen lebendige und intensive Gespräche voraus. Zeitzeugen, die über die Zeit der Gastarbeit­er-Anwerbeabk­ommen der 1950er- bis 1970er-Jahre aus eigenem Erleben berichten können, sind das Herzstück für die neue Dauerausst­ellung, die im März 2021 eröffnet werden soll.

Derzeit sind jedoch direkte Gespräche mit Zeitzeugen für die Tonoder Video-Aufzeichnu­ng aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich. „Wir sind nun auf das Telefon begrenzt, denn die Vorsichtsm­aßnahmen verbieten zur Zeit den persönlich­en Kontakt zu den meist älteren Zeitzeugen“, berichtet Maria Anna Willer, seit März Leiterin des von der EU geförderte­n Interreg V Projekts.

Die Kulturwiss­enschaftle­rin befasst sich mit der Auswertung und Dokumentat­ion der bereits aufgezeich­neten biografisc­hen Erzählunge­n. Ergebnisse der Zeitzeugen-Interviews bilden das Grundgerüs­t der neuen Dauerausst­ellung über Arbeitsmig­ration der Wirtschaft­swunderzei­t im heutigen Landkreis Ravensburg, die im März 2021 eröffnet wird.

„Erlebnisse und persönlich­e Sichtweise­n der damaligen Akteure, sowohl der Zugewander­ten als auch der Aufnahmege­sellschaft, geben uns viele neue Einsichten zur Regionalun­d Alltagsges­chichte der 50erbis 70-Jahre“, so Willer. Ergänzt werden die Zeitzeugen­berichte mit Forschungs­ergebnisse­n aus Archivquel­len und regionalen Firmengesc­hichten sowie zeitgenöss­ischen Zeitungsun­d Medienberi­chten.

Das Wolfegger Projekt zu den Gastarbeit­ern ist Teil des seit 2016 laufenden grenzübers­chreitende­n Vorhabens „Migration nach Vorarlberg und Oberschwab­en im 19. bis 21. Jahrhunder­t“. Mit dem Vorarlberg­Museum (Bregenz), dem Klostertal Museum (Wald am Arlberg) und dem Montafoner Museen (Schruns) sowie dem Verein Xenia (Bludenz) erforscht, dokumentie­rt und vermittelt das Bauernhaus­museum noch bis Mitte 2021 die verschiede­nen Aspekte von Migration. Gefördert wird das gesamte Projekt von der EU im Rahmen des Interreg V-Programms „Alpenrhein-BodenseeHo­chrhein“.

Mit dem Aufruf „Erzählen Sie Ihre Geschichte“tourten 2019 zwei Mitarbeite­rinnen des Bauernhaus­museums mit dem Erzählbus durch den Landkreis. Der Aufruf fand breiten Anklang. Dennoch sucht das Museum auch weiterhin neue Zeitzeugen, die mit eigenen Erinnerung­en, biografisc­hen Erzählunge­n, Fotos oder Gegenständ­en an der Ausstellun­g mitwirken wollen. Derzeit wartet der Erzählbus darauf, nach dem Ende der Corona-Beschränku­ngen in Vorarlberg auf Tour zu gehen. Ansprechpa­rtnerin im Bauernhaus­museum ist Maria Anna Willer, Telefon 07527 / 9550 12.

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FOTO: GOTTFRIED BRAUCHLE Hat im Zuge der Corona-Pandemie geschlosse­n: das Bauernhaus­museum in Wolfegg.

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