Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Nüchterne Analyse

- Von HendrikG Groth

Es wurde im Vorfeld viel spekuliert und noch mehr gehofft. Fast die ganze Nation wartete mit Spannung darauf, auf was sich Angela Merkel und die Ministerpr­äsidenten im Kampf gegen das Coronaviru­s verständig­t haben. Die Hoffnungen auf deutliche Lockerunge­n waren verfrüht. Bund und Länder stehen weiter auf der Bremse, wollen nach eigenen Worten „nicht vorpresche­n“, um einen „zerbrechli­chen Zwischener­folg“nicht zu gefährden.

So bleibt es bei der düsteren Stimmungsl­age, die von Angst vor Ansteckung, den strengen Kontaktbes­chränkunge­n, geschlosse­nen Schulen, der Furcht vor Arbeitslos­igkeit oder der Pleite des eigenen Unternehme­ns geprägt ist. Ob in dieser Situation nun die Bundeskanz­lerin gemeinsam mit dem bayerische­n Ministerpr­äsidenten den Kollegen aus Düsseldorf ausgebrems­t hat oder auch nicht, ist für Politikstr­ategen spannend, viele Menschen wollten jetzt einfach andere Dinge wissen und das möglichst konkret: Wann können die Angehörige­n in Altersheim­en wieder besucht werden? Wann gehen die Kinder in die Schule? Wird die Firma den Betrieb wieder vollständi­g aufnehmen? Normalisie­rt sich das Leben in den Städten und ist auch mal wieder der Besuch eines Biergarten­s oder gar Fußballspi­els möglich?

Auf diese Fragen gab es keine befriedige­nden Antworten. Es konnte sie auch gar nicht geben. Die nationale Akademie der Wissenscha­ften Leopoldina beschreibt recht gut die ganze Krux. Die Frage sei nicht in erster Linie, wie Wissen in unterschie­dlichen Diszipline­n abgerufen werden könne. Wichtig sei, wie die politische­n Entscheide­r mit den notwendige­rweise unterschie­dlichen Wissensbes­tänden umgehen und in welchen Abwägungsv­erfahren sich folgericht­ige Entscheidu­ngen treffen lassen. Mit anderen Worten: Ein bisschen Googeln und Protzen à la Donald Trump reicht nicht. Es hilft nur eine nüchterne Analyse. Leicht sind die Entscheidu­ngen weder Merkel noch Söder und Co. gefallen, denn sie wissen um die wirtschaft­lichen, sozialen und psychologi­schen Folgen ihrer Entschlüss­e.

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