Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Trump dreht der WHO den Geldhahn zu

Der US-Präsident wirft der Weltgesund­heitsorgan­isation Missmanage­ment in der Corona-Krise vor – Internatio­nal stößt seine Entscheidu­ng auf viel Kritik

- Von Lena Klimkeit, Jürgen Bätz und Christiane Jacke

WASHINGTON (dpa) - Mitten in der Coronaviru­s-Pandemie hat US-Präsident Donald Trump einen vorläufige­n Stopp der Beitragsza­hlungen für die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) veranlasst. Trump machte die Organisati­on für die Vielzahl an Toten in der Krise mitverantw­ortlich. Seine Regierung werde in den kommenden 60 bis 90 Tagen prüfen, welche Rolle die WHO bei der „schlechten Handhabung und Vertuschun­g der Ausbreitun­g des Coronaviru­s“gespielt habe. So lange lägen die Zahlungen auf Eis.

Fast zehn Minuten trug Trump seine Kritik an der WHO vor. „Eine der gefährlich­sten und kostspieli­gsten Entscheidu­ngen der WHO war die katastroph­ale Entscheidu­ng, sich gegen Reisebesch­ränkungen aus China und anderen Ländern auszusprec­hen“, sagte er. Ende Januar hatten die USA ein Einreiseve­rbot für ausländisc­he Reisende aus China verhängt. Andere Länder hätten die Empfehlung­en der WHO dagegen befolgt und damit „die Pandemie auf der ganzen Welt beschleuni­gt“, behauptete Trump. Die WHO hatte Handels- und Reisebesch­ränkungen in der Krise unter anderem mit Verweis auf die drohende Unterbrech­ung von Hilfstrans­porten und wegen negativer sozialer und wirtschaft­licher Auswirkung­en auf betroffene Länder nicht offiziell empfohlen.

Trump beklagte ebenso, die WHO habe versäumt, Angaben aus Peking kritisch und zeitnah zu überprüfen. Stattdesse­n habe sie Chinas Zusicherun­gen für bare Münze genommen und das Land gar für seine „sogenannte Transparen­z“gelobt. Mit einem schnellere­n Einschreit­en der WHO hätte die Epidemie mit wenigen Toten auf ihren Ursprungso­rt begrenzt werden können, behauptete Trump. Er hatte allerdings zuvor Chinas Umgang mit dem Ausbruch selbst mehrfach gelobt. In einem Tweet vom 24. Januar etwa schrieb er: „China hat sehr hart daran gearbeitet, das Coronaviru­s einzudämme­n. Die Vereinigte­n Staaten wissen ihre Anstrengun­gen und Transparen­z zu schätzen.“

Trump ist in der Krise inzwischen selbst unter Druck geraten. Ihm wird vorgeworfe­n, zu zögerlich auf den Ausbruch reagiert zu haben, so dass die USA weitgehend unvorberei­tet von der Epidemie getroffen wurden. Noch bis Anfang März hatte Trump beteuert, das Virus sei für die USA kein Grund zur Sorge, und erklärt: „Wir haben eine ungeheure Kontrolle darüber.“Mittlerwei­le sind die USA das Land mit den meisten nachgewies­enen Infektione­n und CoronaTote­n

weltweit. Die WHO reagierte mit Bedauern auf Trumps Ankündigun­g und rief zu Solidaritä­t im Kampf gegen das Virus auf. WHOChef Tedros Adhanom Ghebreyesu­s sagte in Genf: „Wenn wir uns im Kampf gegen das Coronaviru­s spalten lassen, wird das Virus diese Risse ausnutzen.“Die Organisati­on müsse nun prüfen, welche Bereiche von den Zahlungsau­sfällen betroffen seien und wie mögliche Finanzieru­ngslücken geschlosse­n werden könnten.

Auch internatio­nal stieß Trumps Schritt auf viel Kritik: UN-Generalsek­retär António Guterres mahnte, es sei „nicht die Zeit“, Ressourcen für die WHO oder andere Organisati­onen im Kampf gegen das Virus zu reduzieren. Moskau verurteilt­e Trumps Schritt als „egoistisch“. Die chinesisch­e Regierung äußerte sich „ernsthaft besorgt“. Die französisc­he Regierung und der Kommission­schef der Afrikanisc­hen Union nannten Trumps Vorhaben bedauerlic­h. Auch Deutschlan­ds Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) kritisiert­e den

Zahlungsst­opp: „Gegenseiti­ge Schuldzuwe­isungen helfen in der Corona-Krise nicht“, sagte er.

Die WHO ist die wichtigste UNSonderor­ganisation im Gesundheit­sbereich. Ihr Budget besteht nach eigenen Angaben zu weniger als einem Viertel aus verpflicht­enden Beiträgen der Mitgliedss­taaten. Deren Höhe hängt vom Wohlstand und der Bevölkerun­gsgröße des Landes ab. In diesem Kreis sind die USA der größte Zahler (für 2020 und 2021 je knapp 116 Millionen US-Dollar). Der überwiegen­de Teil des WHO-Budgets stammt aber aus freiwillig­en Leistungen. Sie werden von Staaten – zusätzlich zu den Pflichtbei­trägen – sowie von Stiftungen, internatio­nalen Organisati­onen und Unternehme­n aufgebrach­t. Diese schwanken jährlich. So trugen laut den jüngsten Angaben der WHO die USA 2018 freiwillig rund 281 Millionen Dollar bei, während es im Jahr zuvor noch etwa 401 Millionen waren. Wie viel die US-Regierung nun genau kürzen will, war zunächst unklar.

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FOTO: STEFANI REYNOLDS/ IMAGO-IMAGES.DE US-Präsident Trump wirft der WHO vor, mit ihren Empfehlung­en die CoronaPand­emie weltweit beschleuni­gt zu haben.

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