Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Vom Normalzustand sind wir noch weit entfernt“
HGV-Vorstand Robert Lippmann spricht über die Öffnung der Innenstadt-Geschäfte am Montag
BAD WALDSEE - Die Lockerungen der Corona-Regelungen erlauben den Bad Waldseer Innenstadthändlern ab Montag wieder zu öffnen. Wolfgang Heyer hat mit Robert Lippmann, Vorstand des Handelsund Gewerbevereins, über die neue Situation gesprochen.
Herr Lippmann, was bedeutet der Beschluss für die Bad Waldseer Händler?
Das ist definitiv eine große Erleichterung. Es gibt eine Perspektive. Viele Waldseer Händler haben sich in den vergangenen Wochen bemüht, ihr Geschäft aufrechtzuerhalten, und sich in den sozialen Netzwerken präsentiert. Mein Respekt gilt all denen, die trotz Corona Gas gegeben haben.
Ab Montag beginnt also der Alltag wieder?
Vom Normalzustand sind wir noch weit entfernt. Es werden sicherlich noch viele Mitarbeiter in Kurzarbeit bleiben müssen und die Geschäftsführer müssen abwarten, wie sich alles entwickelt. Aber so wie es aussieht, werden alle Innenstadt-Geschäfte am Montag wieder öffnen.
Wie schwer wiegen die Verluste, die in den vergangenen Wochen hingenommen werden mussten?
Das sind schon schwerwiegende Verluste – vor allem für Geschäfte, die frisch eröffnet oder erweitert haben. Aber alle Waldseer Händler sind Fachmänner, können mit Zahlen umgehen und werden die Krise überstehen. Viele haben Soforthilfen beantragt. Das ist eine kleine Unterstützung, wird aber sich nicht überall ausreichen. So mancher Händler wird auch Privatvermögen investieren müssen.
Ist es jetzt ein Vorteil, dass einige Waldseer Händler ihre Verkaufsräume im eigenen Haus haben und folglich keine Pacht zahlen müssen?
Buchhalterisch ist das trotzdem eine Kostenposition. Aber ja, mancher Händler konnte sicher Kosten einsparen und musste nicht erst beim Vermieter um Aufschub oder Erlass der Miete fragen.
Die Abstandsregelungen und Schutzmaßnahmen müssen in den Geschäften gewahrt sein. Wie behelfen sich die Händler da?
Wie genau diese Regelungen aussehen werden, wird das Land noch bestimmen. Grundsätzlich sind die Kunden sensibilisiert und achten selbst auf die Einhaltung des Mindestabstands. Ich gehe davon aus, dass jeder Händler einen Zettel an die Türe hängen wird, auf dem steht, wie viele Personen gleichzeitig im Laden sein dürfen.
Mit welchen Gefühlen blicken die Händler auf den Verkaufsstart am Montag?
Am Montag wird es spannend werden, wie viele Menschen auf die Straße und zum Einkaufen gehen. Da wird der Dienstag ein anderer Gradmesser werden, wenn die Menschen auf den Markt in der Innenstadt gehen. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Gesamtmenschenaufkommen in der Innenstadt in den nächsten Tagen und Wochen entwickelt.
Welche Herausforderung sehen Sie auf den Handel zukommen?
Die Frage lautet: Wie bekommt man die KunSERvom Online-Handel wieder zuVICE & TERschäft?
Wie lautet Ihre Antwort auf diese Frage?
Man bekommt es aus den Medien ja mit, dass der Online-Handel der Gewinner der Corona-Krise ist, und merkt wahrscheinlich auch selbst, dass der Postbote nun öfter klingelt als zuvor. Da müssen wir als Innenstadt-Handel attraktiv bleiben und Gas geben. Auch die Stadtverwaltung kann uns dabei unterstützen und die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Innenstadt-Handel schaffen. Die Besucher müssen bereit sein, in die Stadt zu gehen. Eine Möglichkeit wäre, für eine bestimmte Zeit kostenlose Parkplätze anzubieten.
Welche Erwartungen haben Sie noch an die Stadt?
„Altstadt für Alle“muss genau im Auge behalten werden: Beeinträchtigen die Bauphasen das Einkaufserlebnis? Da hoffen wir, dass die innerstädtischen Hauptstraßen in diesem Jahr frei bleiben. Wir treffen uns nächste Woche mit der Verwaltung und werden uns konstruktiv miteinander austauschen.
Welchen Wunsch haben Sie für die nächsten Tage und Wochen?
Dass sich alle Händler und Kunden an die vorgegeben Regeln halten. Denn wenn am Montag sofort alle Geschäfte gestürmt werden, könnte es sein, dass die Beschränkungen wieder angezogen werden.