Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Aulendorfer stellt aus Gin ein Desinfektionsmittel her
Sebastian Engel hat aus seinem „Droge15“-Gin ein hochprozentiges Konzentrat entwickelt – Teil wird gespendet
AULENDORF - Für die Herstellung von Desinfektionsmitteln wird Ethanol benötigt, daher haben viele Brennereien und Spirituosenhersteller in den vergangenen Wochen die Produktion von Desinfektionsmitteln unterstützt und reinen Alkohol zur Verfügung gestellt. Der Aulendorfer Barkeeper und Brenner Sebastian Engel hatte diesbezüglich ebenfalls viele Anfragen. Also habe er sich „Gedanken gemacht“und aus seinem Droge15-Gin ein Konzentrat mit 70 Volumenprozent Alkohol hergestellt, mit dem sich Hände, Flächen sowie Mund- und Rachenraum desinfizieren lassen. Etwa die Hälfte der Desinfektionsmittel-Produktion soll an gemeinnützige Einrichtungen gespendet werden. Zudem eignet sich das trinkbare Konzentrat mit dem Namen „Droge15 High Proof Gin“für die Veredelung von Cocktails und anderen Getränken.
Abstand zueinander halten und Handhygiene gelten als wichtige Maßnahmen, um sich vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen. Wie beispielsweise die Deutsche Apothekerzeitung mitteilt, reiche es im privaten Bereich meist aus, die Hände gründlich zu waschen. Unter bestimmten Voraussetzungen könne es auch empfehlenswert sein, Flächen zu desinfizieren. Doch welche Mittel sind überhaupt wirksam gegen das Coronavirus? Die Deutsche Apothekerzeitung erläutert dazu, dass das Virus „wie viele andere humanpathogene Viren, zum Beispiel Influenza, Ebola, Mumps und Masern, zu den behüllten Viren“gehöre. Diese seien „durch Desinfektionsmittel einfacher zu inaktivieren als unbehüllte Viren“. Und weiter: „Daher sind zur Händedesinfektion Ethanolbasierte Mittel mit einem Gehalt ab 62 Prozent Ethanol wirksam.“Zur Gewährleistung einer sicheren Wirkung müsste jedoch die gesamte Oberfläche der Hand ausreichend benetzt werden. „Hierfür werden mindestens 3 ml benötigt. Danach müssen die Hände an der Luft trocknen.“
Den Umstand, dass hochprozentiger Alkohol wirksam ist, hat sich Engel zu eigen gemacht und ein neues Produkt kreiert. Das Konzentrat ist vergleichbar mit dem Gin „Droge15“, den Engel schon seit fast zwei Jahren brennt. Der Unterschied ist der Alkoholgehalt: Anstatt 50 Volumenprozent Alkohol wie das bisherige Produkt hat das Konzentrat 70 Volumenprozent und wird daher in einer separaten Produktionslinie extra hergestellt. Der „Droge15 High Proof Gin“ist streng genommen kein ausgewiesenes Desinfektionsmittel, aber eignet sich laut Engel durch den ausgesprochen hohen Alkoholanteil „hervorragend“, um Hände oder Flächen zu desinfizieren, zumal es in den handlichen 100-ml-Flaschen gut in jede Hosentasche passe.
Durch die Sprühfunktion mittels Pumpflasche sei das Konzentrat auch gut für den Mund- und Rachenraum geeignet. „Es schmeckt wahnsinnig gut und riecht richtig fein“, schwärmt Engel. Allerdings weist der Brenner darauf hin, dass es aufgrund des hohen Alkoholgehalts bei übermäßiger Nutzung zu Reizungen der Schleimhäute kommen kann, was wiederum zu erhöhter Virenanfälligkeit führe. Daher: „Man sollte es nicht den ganzen Tag mehrmals für den Mundraum benutzen, halt eben sparsam nach Bedarf. Bei der Handdesinfektion ist das alles unproblematisch.“
Weil Engel bei dem großen Bedarf an Desinfektionsmitteln behilflich sein will, spendet er rund die Hälfte seiner Produktion an soziale Einrichtungen in Aulendorf, Bad Waldsee und Umgebung. „Wer Interesse hat, soll sich gerne melden, das würde uns freuen.“Am Freitag hat er sein Gin-Desinfektionsmittel an eine Aulendorfer Behinderteneinrichtung der Zieglerschen geliefert. Soziale Einrichtungen erhalten das Konzentrat in 250-ml-Pumpflaschen (bisher hat er bereits knapp 50 solcher Flaschen abgefüllt), für den privaten Gebrauch für unterwegs gibt es den „Droge15 High Proof Gin“in den kleineren Fläschchen, die laut Engel sehr ergiebig seien. Kaufen kann man das Produkt bisher bei einigen lokalen Händlern in Aulendorf, Sigmaringen und Ulm oder online. Da es sich um hochprozentigen Alkohol handelt, wird das Konzentrat nicht an unter 18-Jährige verkauft.
Wer Gin gerne mag, hat sogar noch einen extra Nutzen, wie Engel erläutert: „Man kann an der Bar coole Sachen damit machen und Drinks die besondere Note geben.“Auch könne man mit dem starken Droge15-Konzentrat beispielsweise Orangenzesten anzünden und karamellisieren und Getränken beigeben. „Die Einsatzmöglichkeiten sind wirklich vielfältig.“
Auf die Frage, ob man von der oralen Anwendung des „Droge15 High Proof Gin“beschwipst werden könne, lächelt der Barkeeper. „Durch den feinen Zerstäuber kommt nicht so viel Alkohol in den Mund. Aber man sollte es eben nicht grenzenlos anwenden, auch wegen der Schleimhäute.“Engel weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Konzentrat nicht von Kindern im Mundraum angewendet werden sollte. Für Erwachsene gilt: Ein Sprühstoß in den Mund reicht, für die Hände empfiehlt Engel drei Sprühstöße, anschließend gut verreiben und etwa 30 Sekunden lang trocken lassen.
Soziale Einrichtungen, die Bedarf an den Desinfektionsmitteln haben, können sich an Sebastian Engel wenden per E-Mail an info@droge15.de