Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Fischer melden erneut Negativrekord
Felchenertrag liegt bei nur noch 20 Prozent des langjährigen Durchschnitts
WASSERBURG - Stirbt das Felchen langsam aus? Diese Frage hat Roland Stohr, Vorsitzender der Fischereigenossenschaft der Bayerischen Bodenseeberufsfischer, bei der jüngsten Hauptversammlung, die noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie stattfand, gestellt. Denn mit 7,5 Tonnen hat der Fang des „Brotfischs“der Berufsfischer erneut einen Negativrekord erzielt. Er liegt damit nur noch bei 20 Prozent des langjährigen Durchschnitts von 35 Tonnen in den vergangenen zehn Jahren.
Anlass zur Freude gab es bei der Aufzählung der Ertragsmengen nicht wirklich. Mit insgesamt 44 Tonnen Ertragsgewicht des letztjährigen Fischfangs liege diese Menge nur noch bei 40 Prozent des vergangenen Zehn-Jahresschnitts, so Stohr in seinem Jahresbericht. Er beschreibt daher das Jahr 2019 als „ein unbefriedigendes Ergebnis mit düsteren Zukunftsaussichten und der bisherige Tiefpunkt für die Berufsfischerei am Bodensee“. Stohr bezieht sich damit auch auf die Fangquoten der Jahre 1997 bis 2006. In diesen Jahren wurden im Schnitt 120 Tonnen Bodenseefisch aus dem See geholt.
Die Bayerischen Bodenseeberufsfischer haben 2019 aufgrund der ausgefallenen Planktonproduktion im Freiwasser zudem die Schwebnetzfischerei komplett eingestellt, führt der Vorsitzende aus. Diese mehr oder weniger als schonend bezeichnende Maßnahme hätte dazu geführt, dass „nach dem Ausfall des Felchenfangs 2018 die Berufsfischer Anfang Dezember 2019 erfreulicherweise in einer Woche Laichfischfang rund 1400 Liter Laichmaterial anlanden konnten“. Diese Woche bedeutete zugleich 40 Prozent des gesamtem letztjährigen Felchenertrags, räumt Stohr ein. „Das spricht eindeutig dafür, dass hier im Ökosystem des Bodensees einiges in Unordnung geraten ist, denn neben dem Laichausfall 2018 ist dies das weithin zweitschlechteste Ergebnis, seit es darüber Aufzeichnungen gibt“, sagt Stohr.
Mit dem Ende der Schwebnetzfischerei konnten die Berufsfischer ihre Zeit für die Fischerei mit Bodennetzen auf der Halde investieren. Dadurch
wurde der Ertrag beim Kretzer um eine Tonne auf 13 Tonnen gegenüber 2018, und um drei Tonnen über dem Zehnjahresmittel, gesteigert. Aufgrund des für die Brut schlechten Frühlings 2019 erwartet Stohr aber keinen guten Ertrag für dieses Jahr. Positiv bewertet er auch den Ertrag beim Hechtfang, der mit knapp 3,8 Tonnen 600 Kilogramm über dem Vorjahr und 1,2 Tonnen über dem Durchschnitt lag. Um 3,1 Tonnen und somit 40 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr stieg der Ertrag bei der Zanderfischerei. Beim Saibling verzeichnete der Genossenschaftsvorsitzende ebenfalls eine Steigerung um 50 Prozent gegenüber 2018 auf 225 Kilogramm, allerdings liege der langjährige Schnitt bei 435 Kilogramm. Eine bayerische Rekordmarke konnte der Wels aufstellen, der mit über 800 Kilogramm 50 Prozent über dem Schnitt lag. Die Seeforelle mit 264 Kilo (Durchschnitt 406), Trüsche mit 125 (450) Kilogramm, der Aal mit 951 (940) Kilogramm als interessante Wirtschaftsfische stagnierten auf niedrigem Niveau, während hingegen die Rotaugen mit 13 Tonnen fast ein Drittel des gesamten bayerischen Fischfangs ausgemacht hätten.
Diesen Fisch gelte es in Zukunft noch bekannter zu machen, so wie 2019 bei der „Bodensee-RotaugenWoche“in einigen Gastronomiebetrieben, die regen Anklang gefunden habe, berichtet Stohr: „Vielleicht gelingt es doch, diesen schmackhaften Fisch auch am Bodensee zu etablieren. Mit verschiedenen Zubereitungsarten lassen sich doch sehr schmackhafte Gerichte auf den Tisch zaubern“, sagt er. Fische wie Karpfen, Brachsen und Schleien spielten bisher eine untergeordnete Rolle, seien aber genauso schmackhaft wie das Rotauge. Sein Ausblick auf das Jahr 2020 klingt nicht sehr hoffnungsvoll, denn „auf Grund der ersten zwei Fangmonate und weiterer ungünstiger Vorzeichen wird das Fangjahr 2020 vermutlich weitere Einbrüche bringen“.
Die noch wenigen aktiven Berufsfischer müssten schon gesunden Zweckoptimismus aufbringen, um „wegen einer Handvoll Fische noch weiter dem täglichen Geschäft auf dem See nachzugehen“.